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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Himmel hinauf. Riesige Wälder wachsen nicht mit dem Atemzug einer Maus zu erhabenen Höhen. Das Wirken einer Macht und die Unterweisung eines Träumers folgen ihrem eigenen Rhythmus.«
    »Wo ist Kranker Bauch?« erkundigte sie sich argwöhnisch. Hatte Kranker Bauch sie verlassen? Er durfte sie doch nicht bei diesem alten Geisterheiler zurücklassen und einfach fortgehen.
    Singende Steine lachte, er wußte, was sie dachte. »Stilles Wasser ist am frühen Morgen gegangen.«
    »Wohin?« Sie stand auf und duckte sich sprungbereit. »Welchen Weg hat er genommen? Wie lange ist er schon weg?«
    Während Singende Steine sie unverwandt ansah, schienen seine alten Augen immer tiefer in den Höhlen zu versinken. »Hast du Angst?« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Ja… ich sehe es.
    Du bist gestorben, hast alle verloren, die du geliebt hast. Die frühere Weiße Esche ist im Fluß ertrunken und gleitet schweigend unter dem Wasser, strömt in der kühlen Finsternis vorbei an Felsen und Moos.«
    »Wo ist Kranker Bauch?« Sie bückte sich und packte ihn an den Schultern. »Wo ist Kranker Bauch?
    Hat er mich allein zurückgelassen?«
    Unter Singende Steines hypnotischem Blick verstummte sie. Die überwältigende Verzweiflung ihres Geistes entfernte sich. Sie schien das Gleichgewicht zu verlieren und merkte kaum, wie ihre Hände von seinen Schultern glitten. Ihr Seele zerfloß, trieb willenlos in eine neue Richtung, verlor ihr Ziel.
    »Setz dich und iß.« Die freundlich befehlende Stimme löste den letzten Rest ihres Widerstands in nichts auf. »Dein Körper braucht Nahrung. Stilles Wasser ist bald zurück. Er ist oben auf dem Grat und sieht sich ein Sternenrad an, das ich gebaut habe. Er hat dich nicht verlassen und wird es auch nicht tun.«
    Sein Lächeln hüllte sie in einen weichen Schleier, durchdrang ihre Seele und wiegte sie in wohltuender Wärme.
    Sie blinzelte und schüttelte verwirrt den Kopf. Nur langsam erlangte sie wieder die Kontrolle über ihren Geist. Als sie ihren Blick von seinem löste, begann sich die Höhle zu drehen, alles schien aus dem Gleichgewicht zu geraten. Sie senkte den Kopf und drückte mit Daumen und Zeigefinger gegen ihren Nasenrücken, um ihren verschwimmenden Blick zu festigen.
    »Wie machst du das? Daß sich ein Mensch so verliert?«
    »Das beruht auf einer einfachen Verlagerung der Macht«, gab er offen zu. »Wie man das macht, wirst du eines Tages lernen. Ich tat es eben nur, damit du dich entspannst. Iß jetzt, bevor das Fleisch kalt wird. Es ist von einem Büffeljährling und wird dir schmecken. Ich benutze für die Zubereitung ein besonderes Gewürz aus den Samen einer Pfefferpflanze, die viele Monatsmärsche weit im Süden wächst.«
    Sie biß in das saftige Fleisch. Genießerisch ließ sie den fremdartigen, aber wunderbaren Geschmack auf der Zunge zergehen.
    Er fischte ein paar Selleriewurzeln aus dem dampfenden Kochsack und reichte sie ihr in einer Hornschüssel. Gedankenverloren nahm sie die Schüssel entgegen. »Singende Steine, das Gerüst meines Lebens ist zerstört worden. Alle, die ich liebte, sind tot. Von dem Augenblick an, als wir den Fat Beaver River verlassen haben, begann meine Welt auseinanderzubrechen. Mir ist nichts geblieben.
    Nicht einmal ich selbst.« Krampfhaft schloß sie die Augen. »Was geschieht mit mir?«
    Er legte seine Hand auf ihre Schulter. »Ein neuer Weg liegt vor dir, Kind. Ruhe in Frieden. Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Die frühere Weiße Esche liegt tot auf dem Grund des Flusses. Um der Macht zu folgen, mußtest du sterben und wiedergeboren werden. Wasser ist der Lebensspender, der Samen von Vater Sonne, der auf Erdenmutter fällt. Du bist durch das Wasser gegangen und für ein neues Leben wiedergeboren worden. Nichts ist von der früheren Weißen Esche geblieben; du kannst nicht zurück.«
    Sie schauderte, furchterregende Gedanken schössen ihr durch den Kopf. »Du glaubst, alle diese Menschen mußten meinetwegen sterben? Ich war der wahre Grund für die Vernichtung des Weißlehm-Stammes?«
    Singende Steine bewegte die schmalen braunen Lippen. »Nicht du allein. Das Ende des Weißlehm-Stammes diente vielen Zwecken. Völker, gleich welchen Stammes, leben auch auf der Spirale, jedes Volk an seinem Platz. Manche, wie das Erdvolk oder das Wolfsvolk, sind uralt. Andere Völker entstehen und verschwinden wieder innerhalb einer Generation. Das Sonnenvolk ähnelt ängstlichen, unruhigen jungen Männern, die eben erst ihre Männlichkeit entdeckt

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