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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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einzugliedern.
    Glückte ihm das nicht, zwangen seine Krieger unter der Führung des Specht-Stammes die aufsässigen Häuptlinge, sich ihm zu unterwerfen. Häufig nötigte er sie zu für ihn vorteilhaften Ehen. So wurden verwandtschaftliche Bande mit allen damit verbundenen Verpflichtungen geknüpft.
    Seit zwei Generationen regierten die Sonnengeborenen das Häuptlingtum und verheirateten ihre jungen Männer mit den Töchtern der anderen Führer der Hügeldörfer, um die Stammes- und Familienbande zu festigen. Und seit zwei Generationen berühren die schweren Kanus der Händler die Gewässer vom einen Ende des Landes bis zum anderen und brachten die verschiedensten Reichtümer mit: Muschelschalen und Haifischzähne aus dem Meer im Süden; Bisonhäute aus den fernen Ebenen im Westen und Obsidian aus den weit hinter den Ebenen liegenden Bergen. Die Händler schafften sogar riesige Schneckenhäuser aus den Meeren im Südosten herbei. Schwer beladene Kanus transportierten Mais in Gegenden, in denen die Ernte schlecht ausgefallen war. Roter Tonstein und Steatit wurden von den Nadelwäldern heruntergebracht, Kupfer von den Westufern der Großen Seen im Norden herbeibefördert. Die tributpflichtigen Dörfer im Süden lieferten Glimmer, ebenso Flußspat, Schwerspat und Salz. Aus den fernen Gegenden der Mondwasser kamen Granit, Gneis und Schiefer für Schlegelköpfe, Faustkeile, Keulen und Axtköpfe. Aus dem Land im Westen hinter den Pretty Mounds stammten Ocker, Hämatit und Galenit. Von den eine Mondreise entfernt im Südwesten liegenden Bergen brachte man große Quarzkristalle.
    Die Handwerker von Cahokia bearbeiteten die Rohmaterialien und fertigten daraus phantastische Muschelperlen und Netze, webten Stoffe aus Linden- und Pappelrinde. Aus Wildkräuterhalmen schufen sie seidenweiche Tuche und färbten sie in den leuchtenden Farben des Regenbogens. Pfeifen, deren Steinköpfe zu schönen Figuren geformt waren, und feinste Keramikgefäße wurden hergestellt.
    Über den Tauschhandel kamen auch die Häuptlingtümer in der Umgebung in den Genuß dieser hochwertigen Luxusgüter.
    Durch Kerans visionäre Weitsicht hatten sie so viel gewonnen. Soll das alles zu Ende gehen? Konnte Dachsschwanz einfach davonlaufen und den Enkel des großen Keran in diesen schrecklichen Zeiten voller Mißernten im Stich lassen?
    Die Paddel schlugen im Takt mit dem klagenden Lied einer Flöte klatschend ins Wasser. Die Töne steigerten sich gespenstisch über dem breiten See. Ein paar Krieger sangen, ihre Stimmen hoben und senkten sich in einer betörenden, von den steilen Ufern widerhallenden Melodie.
    Wir beten um den Sieg, Donnervogel. Laß uns siegen, siegen, siegen. Laß uns sterben und wiedergeboren werden, laß uns sein wie der Blitz. Wir durchbrechen die große Dunkelheit, stürzen uns mitten in sie hinein. Laß unsere Pfeile den Weg in die Herzen unserer Feinde finden, so wie du den Blitz in die Brust von Mutter Erde treibst. Laß uns siegen, Donnervogel, siegen, siegen …
    Die Worte hafteten wie Harz in Dachsschwanz' Bewußtsein. Siegen? Über was? Über wen? Sein Gesicht verfinsterte sich. Vor ihnen, noch außer Sicht, lagen die strohgedeckten Häuser der Fluß- Hügel. Die Dorfbewohner würden bald erwachen, Mahlzeiten zubereiten und ihre Gebete zum Morgengesicht von Vater Sonne sprechen.
    Rotluchs hat recht. Wie kannst du gegen deine Überzeugung in diesen Kampf ziehen? Du weißt, daß es falsch ist. Das sind keine Feinde! Was ist mit uns geschehen, daß wir unsere eigenen Leute angreifen?
    Dachsschwanz und Rotluchs hatten Verwandte, Angehörige des Kürbisblüten-Stammes, in den Fluß- Hügeln. Ihre Urgroßmutter stammte aus diesem Dorf.
    Als sich Dachsschwanz nach den Rudernden hinter ihm umdrehte, fing er Heuschreckes harten, unversöhnlichen Blick auf. Sie war vierunddreißig Sommer alt, und ihr schmales, spitzes Gesicht mit den schwarz funkelnden Augen erinnerte an das einer Feldmaus. Ihr schwarzes Haar war kurz geschnitten und reichte fast auf die Schultern ihres Kriegshemdes. Sie waren zusammen aufgewachsen, gemeinsam Zeugen der Ermordung ihrer Familien geworden; sie hatten mit ansehen müssen, wie ihr Zuhause verwüstet wurde, noch bevor sich Kerans Vision vom Frieden endlich erfüllte. Heuschrecke kannte Dachsschwanz besser als er sich selbst. Vor langer Zeit, als sie beide noch jung und unbesonnen gewesen waren, hatte er sie heiraten wollen. Doch sie waren eng verwandt, und daher war eine Heirat undenkbar.
    Inzwischen hatte

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