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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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vergangen.
    Turmfalke blickte auf den mit Nadeln bedeckten Pfad, auf dem Tautropfen wie Diamanten funkelten.
    »Danke, Sonnenjäger«, flüsterte sie. »Vielen, vielen Dank.«

37. KAPITEL
    In den Bäumen sangen die Vögel und begrüßten die ersten Angehörigen des Sternenvolks, die funkelnd am östlichen Horizont erschienen. Melisse zog die Halsbänder seines Hemdes enger zusammen, um sich vor der herannahenden Nachtkälte zu schützen. Er saß auf einem Hirschfell zwischen Sumach und Schwindlige Robbe.
    Berufkraut und Balsam hockten auf der gegenüberliegenden Seite des Feuers und starrten unverwandt in die flackernden Flammen, die an einem Eichenkloben hochleckten. Beide hatten ihre Atlatls und Köcher griffbereit liegen, als spürten sie, daß an diesem Abend eine Gefahr drohte.
    Melisse rieb die Zähne gegeneinander. Auch er fühlte die in der Luft liegende Drohung. Das Gefühl war so stark geworden, daß die Haare auf seinem Arm senkrecht nach oben standen. Seit den Tagen, als der alte Kaktus-Eidechse in der Gestalt von Löwe und Bär in der Dunkelheit auf Beutejagd gegangen war, hatte er das Böse nie wieder so deutlich empfunden. Melisses Magen verkrampfte sich und wurde steinhart. Sogar das Feuer schien nur vorsichtig zu lodern.
    Die meisten Dorfbewohner hatten sich schon in die Zelte zurückgezogen, um das Abendessen zuzubereiten und ihren Kindern Geschichten zu erzählen. Die paar Menschen, die draußen geblieben waren, hockten dicht bei den Feuern und unterhielten sich leise, als ahnten auch sie, wie im verborgenen etwas Entsetzliches wuchs.
    Ein Hexer war am Werk. Selbst die, die nichts davon wußten, spürten, daß etwas Böses in der Luft lag. Wie ein Winternebel durchdrang es alles und erfüllte die Seelen der Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen mit Kälte.
    Ein Dreibein mit einem Beutel voll Phloxblüten-Tee stand links vom Feuer neben Schwindlige Robbe.
    Der alte Mann trommelte nervös mit den Fingern auf dem warmen Beutel herum. Sein eingefallenes Gesicht unter dem das graue Haar bedeckenden Biberpelzhut war ernst. Ein Stapel Eichenholzscheite lag rechts von Melisse neben Sumach. Das Holz würde für drei oder vier Tage ausreichen.
    Seit einer ganzen Weile hatte keiner von ihnen gesprochen. Sie hatten beobachtet, wie der Sonnenuntergang mit seinen Strahlen die durchsichtigen Wolkenreste am Himmel anzuzünden schien … und Klebkraut heimlich im Auge behalten.
    Er hatte sich unten am Hang direkt neben dem Pfad eine Schwitzhütte gebaut. Das kleine, mit Fellen bedeckte Gebilde war in den Schatten des Hügels geschmiegt, wo die Dunkelheit viel früher als bei den nach Westen geneigten Hängen einfiel. Die Hütte stand da wie eine sich duckende schwarze Bestie.
    Schwindlige Robbe schob die Unterlippe vor. »Die meisten Träumer würden ihre Schwitzhütte weit weg von den Menschen bauen und nicht an einem belebten Pfad.«
    »Er möchte gesehen werden«, meinte Sumach. Auf ihrer Nase schimmerten Schweißtröpfchen. Sie hatte die Zöpfe gelöst, und das graue Haar hing an ihrem mit dichten Fransen besetzten hirschledernen Hemd vorne herab. Sie befeuchtete die Lippen und senkte die Stimme zu einem Flüstern, damit Klebkraut sie nicht hören konnte. »Seine neue Macht hat ihn arrogant und prahlerisch werden lassen.
    Noch nie habe ich einen so überheblichen Träumer gesehen.«
    »Klebkraut ist kein Träumer«, erinnerte Melisse sie. »Er macht immer das Gegenteil von dem, was ein Träumer tun würde. Es ist, als ob er absichtlich die heiligen Wege des Mitgefühls und der Güte verspottete.«
    »Der alte Narr.« Schwindlige Robbe legte die runzlige Stirn in tief eingegrabene Falten. Sie wurden zur Hälfte von seinem nach unten gerutschten Biberpelzhut verdeckt. »Er bewegt sich auf einer dünnen Eiskruste.«
    Klebkraut schaute zur Hügelkuppe empor, und Berufkraut zischte: »Pst!« Alle verstummten. Melisse tauchte seine Holztasse in den Phloxblüten-Tee und schlürfte das warme, würzige Getränk.
    Klebkraut hob die Hakennase und sog den Wind ein, dann beugte er sich über die mit Glut gefüllte Feuerstelle vor seiner Schwitzhütte und stieß mit einem Stock gegen die Steine, die zum Erhitzen auf der Glut lagen. Er war bis auf den Lendenschurz nackt. Ein wunderschöner Kamm aus Schildkrötenschale hielt das mit grauen Strähnen durchzogene Haar auf seinem Kopf zusammen.
    Er schien Melisse magerer und blasser zu sein als sonst, fast so, als würde der Atem des Lebens aus ihm herausgesogen. Das war das

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