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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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daß sie ihr Dorf hätte retten können. Mit diesem Haß richtete sie sich bald zugrunde.
    Viele Jahresumläufe später humpelte ein sehr alter Mann an ihrer Höhle vorbei. Er tauchte seine Hand ins Wasser, um zu trinken. Rosenwurz rannte nach draußen und schrie ihn an:
    ,Mach daß du von meinem Wasser wegkommst! Du hast kein Recht, aus meinem Becken zu trinken.'
    Der alte Mann schaute auf, kniff die Augen zusammen und fragte überrascht: ,Bist du denn nicht Rosenwurz, die früher im Rotschlucht-Dorf gelebt hat?'
    ,Ja', antwortete sie. , Und wer bist du?'
    ,Ich bin dein Geist-Helfer', antwortete der alte Mann. ,Erkennst du mich denn nicht?'
    Rosenwurz runzelte die Stirn, betrachtete ihn noch einmal genau und sagte: ,Nein. Ich erkenne dich nicht. Und mein Geist-Helfer war überhaupt kein Helfer. Er hat mich nicht vor dem Angriff auf mein Dorf gewarnt. Und danach ist er geflohen und hat mich allein gelassen.' Sie begann bitterlich zu weinen.
    ,Hm', sagte der Geist-Helfer und seufzte tief. ,Dann wirst du wohl nie die Wege der Macht verstehen.'
    , Was meinst du damit?' fragte Rosenwurz.
    Der alte Mann breitete die Arme aus. ,Nun, blicke um dich, junge Träumerin. Was siehst du?'
    ,Nichts. Ich sehe nichts. Dies ist ein schrecklicher Ort, nur nackter Sand und nackter Stein. Ich hasse ihn!'
    ,Genau, sagte der alte Mann. ,Die Macht hat sich sehr viel Mühe gegeben, um dich hierhin zu vertreiben, wo du alles über den Haß lernen kannst, ohne von der Liebe abgelenkt zu werden. Aber offensichtlich hast du diese Gabe verschmäht.'
    Und der alte Mann verschwand, als wäre er niemals dagewesen.«
    Der Mann verstummte.
    Der Junge schaute nachdenklich blinzelnd auf das ihn umgebende dunkle Leder. Das Bündel schwankte auf Stechapfels Rücken hin und her. Der Geruch von Salbei hüllte den Jungen ein. »Ich habe deine Gabe nicht verschmäht, Mann. Ich versuche, ständig den Tod vor Augen zu haben. Aber es ist so schwer. Manchmal gelingt es mir nicht.«
    » Und dann tut es dir weh, Junge? Es tut weh, und du bist voll Haß.«
    »Ja.«
    »Du mußt dir noch mehr Mühe geben. Presse den Tod mit aller Kraft an dein Herz. Versuche es, Junge. Du mußt dir große Mühe geben.«

38. KAPITEL
    Sonnenjäger lief den Pfad entlang. Den Atlatl trug er in der einen Hand und seinen besten Speer in der anderen. Hohe Kiefern überragten den Rest des Waldes, ihre spitzen Wipfel standen als dunkle Silhouetten vor dem schiefergrauen, undurchdringlichen Abendhimmel; ihre Äste wiegten sich sanft in dem kühlen Wind. Kurz zuvor hatte Helfer begonnen, tief aus der Kehle heraus zu knurren. Der Hund suchte den Wald aufmerksam mit den Augen ab. Im lockeren Trab eines beutesuchenden Wolfes trottete er neben Sonnenjäger her. »Ich weiß, Helfer. Ich fühle es auch.«
    Irgendeine dunkle Macht umgab sie und drückte auf sie herab. Sie war so nahe und erstickend, daß man meinte, sie wie einen schmutzigen Nebel in der Luft sehen zu können.
    Die Haut prickelte in Sonnenjägers Nacken, und ein Kitzeln wie von Ameisen lief über seinen Körper.
    Gefahr … dort vor ihnen in den Bäumen. Doch er wußte nicht, wie weit voraus.
    Sonnenjäger verlangsamte seinen Schritt und legte den Kopf zur Seite. Er war darin geübt, sich von Angst und Sorgen frei zu machen und sich dem Gefühl der Macht ganz zu überlassen. Er suchte die Quelle wovon?
    Heftiger Ärger. Ungezähmte Wut.
    Es brannte wie Feuer in Sonnenjägers Seele. Und Haß. Unbändiger Haß. Haß bis zur Weißglut auf alles, was lebte.
    Das brennende Gefühl nahm mit der Dunkelheit zu, als nährte sich die Bestie von den tiefer werdenden Schatten und zöge ihre Macht daraus. Einmal, als Sonnenjäger unwissentlich einen Kurzschnauzenbären im toten Arm einer Schlucht in die Enge getrieben hatte, war es ihm ähnlich gegangen.
    Konnte es ein Bär sein? Er hob die Nase und sog den Wind ein. Kurzschnauzenbären hatten eine scharfe Ausdünstung, da sie in der Regel Aas fraßen.
    Doch sosehr er auch den Wind prüfte, er roch nichts als die aus Kiefern und Gras aufsteigende Feuchtigkeit.
    Der Fluchttrieb meldete sich. Lauf weg! Geh diesem Tier aus dem Weg! Doch Turmfalke konnte nicht allzuviel weiter vorn auf demselben Pfad laufen. Vielleicht würde sie mit dem wütenden Tier zusammentreffen. Sonnenjäger hatte sich gnadenlos vorangetrieben, um sie noch vor Anbruch der Dunkelheit einzuholen. Seine erschöpften Beine schmerzten, doch seine von Panik erfüllte Seele hörte nicht auf, ihm zuzuflüstern: Beeil dich! Du mußt

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