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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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plötzlich still wird, bevor sie in Stampede gerät und die Prärie zu Staub zerstampft. Niemand bewegte sich. Nur der unaufhörlich herabströmende Regen und das Zischen des Feuers waren noch zu hören.
    Eiskraut atmete tief ein. Lauter sagte er: »Ja, das Kind ist meines.«
    Die Frauen in der Menge brachen in lautes Jammergeschrei aus.
    Stechapfel hieb mit der Faust in Eiskrauts Magen, und als er sich krümmte, stieß er ihm brutal das Knie in die Leistengegend. Eiskraut sank japsend zu Boden.
    Stechapfel höhnte: »Hast du nicht daran gedacht, daß ich es irgendwann herausfinden würde? Hältst du mich für blöd? Du Trottel! Hättest du mir nicht die Wahrheit gesagt, wärest du schon längst tot. Ich hätte niemals zustimmen sollen, daß Turmfalke hier in ihrem Geburtsdorf bleibt. Dem Recht nach hätten wir im Dorf meines Vaters leben müssen. Es war meine Güte ihr gegenüber - ich wußte, daß ich die Hälfte eines Jahresumlaufes oder länger nicht zu Hause sein würde. Ich ließ sie hierbleiben, in der Nähe ihrer Familie, und jetzt seht ihr, was das Ergebnis meiner Großmut ist.«
    »Du darfst Turmfalke nichts antun!« Eiskraut blickte mit gequältem Gesicht durch den Nieselregen zu Stechapfel auf. »Du hast es versprochen. Du hast gesagt, du würdest nicht…«
    »Es ist mein Recht!« schrie Stechapfel. Er breitete die Arme aus und drehte sich langsam um, wobei er jedem in der Menge genau in die Augen sah. »Es ist mein Recht als ihr Ehemann, über ihr Schicksal zu entscheiden. Ist es nicht so, Altes Stachelschwein?«
    »Du hast es versprochen«, wiederholte Eiskraut. »Du hast versprochen, daß du uns beide ausstoßen würdest.«
    Eiskraut sah mit seiner ganzen gequälten Seele in den Augen zu Turmfalke empor, und plötzlich verstand sie, was er geplant hatte. Er dachte, es wäre eine Möglichkeit für uns, zusammenzusein. Wie eine Wildblume, die unter dem heißen Sommerwind ihre Blätter einrollt, verwelkte Turmfalkes Seele.
    Stechapfel lächelte. »Dein Geständnis hat dein Schicksal entschieden, Eiskraut.« Er drehte sich wieder zu Altes Stachelschwein um. »Ist es nicht so, Ältester? Ich habe das Recht, Eiskrauts Strafe zu wählen, genauso wie ihre.«
    Stachelschweins faltiges Gesicht verzog sich leidvoll. Er rückte das Hirschleder auf seinem Kopf zurecht, vielleicht, um den eiskalten Wind besser abzuhalten, und antwortete: »Es ist dein Recht.«
    »Und du, Eulenfrau?« wandte sich Stechapfel an Turmfalkes Mutter. »Was denkst du? Deine Tochter ist der Blutschande schuldig. Sie hat bei dem Neffen deines verstorbenen Mannes gelegen. Was, meinst du, sollte ihr Schicksal sein?«
    Turmfalke schaute für Sekunden ihrer Mutter in die Augen, und ein Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus wie ein Schrei, der von der Seele aufsteigt und sich den Lippen entreißt. Ein Stöhnen drang aus Eulenfraus Mund, als sie ihre zitternde Hand auf Weidenstamms Schulter legte und ihrer Tochter den Rücken kehrte.
    Ein Lied erhob sich auf den Flügeln der Dunkelheit, es stieg und fiel in klagenden Tönen, als Eulenfrau Turmfalkes Sterbelied sang. Noch jemand setzte ein - ein Mann, tief in der Menge. Mehr und mehr Menschen erhoben ihre Stimme. Singend hoben sie ihre Gesichter dem Regen entgegen.
    Heya heya ayo ho yo ho yaha.
    Hört uns, Donnerwesen!
    In Schönheit ist es vollendet.
    In Schönheit ist es vollendet.
    Unsere geliebte Tochter hat ihr Leben erfüllt.
    Heya heya ayo ho yo ho yaha.
    Mit eurem Kopfschmuck aus flammenden Blitzen,
    fliegt zu uns! Mit euren Bäuchen voll Regen, kommt zu uns!
    Wir bitten euch, unsere geliebte Tochter mitzunehmen,
    heya heya ayo ho yo ho yaha.
    Nehmt sie mit zum Land der Toten,
    Tragt sie auf euren Flügeln.
    Heya heya a yo ho yo ho yaha.
    Unsere geliebte Tochter hat ihr Leben erfüllt.
    In Schönheit ist es beendet.
    In Schönheit ist es beendet…
    Blitze zuckten durch die Wolken, Donner rollte über die Hügel. Die Menschen blinzelten, um den Regen aus den Augen zu bekommen, und spähten nach den glänzenden Flügeln der Donnerwesen. Sie erwarteten, daß sie sich jeden Moment vom Himmel herabstürzen würden.
    Turmfalke flüsterte: »Großmutter … Mutter! Bitte!«
    Stechapfel gab Tannin und Waldkaninchen einen Wink: »Schafft Eiskraut aus dem Weg!«
    Turmfalke zerrte ihr zerrissenes Kleid hoch, um sich vor den Blicken der Menge und vor dem Regen zu schützen, während sie beobachtete, wie Waldkaninchen und Tannin Eiskraut hochrissen und ihn bei den flackernden Flammen

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