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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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du daheim, dann würde jetzt eine Feier stattfinden. Deine Großmutter und Tanten und Cousinen würden dir das Haar waschen und kämmen, würden dir herrliche neue Gewänder weben und ein Festessen bereiten …«Er hielt inne, als er sah, wie ihre Augen sich weiteten; sie hatte ihn verstanden.
    Sie wandte sich ab und bedeckte ihr Gesicht mit den Fäusten, in denen sie noch die Rohrkolbenwolle hielt. Schluchzer schüttelten sie, aber ganz lautlos.
    Eulenfalter trat von einem Fuß auf den andern, ballte die Fäuste, und als er es nicht länger aushielt, pfiff er auf Sitte und Anstand, ging zu ihr und warf seine Arme um sie. Ohne ein Wort vergrub Rotalge ihr Gesicht in seiner Tunika. Er spürte, wie ihre Tränen den Stoff durchdrangen und seine Haut wärmten. Am liebsten hätte er laut gelacht. Wäre seine Mutter hier gewesen, hätte sie Rotalge beiseite genommen wie viele Kriegerfrauen vor ihr, ein Freudenlied gesungen, sie fest umarmt und angewiesen, wieder ins Lager zurückzukehren, bevor sie sie leider wegen Dummheit töten müsste, aber zu solcher Schroffheit konnte sich Eulenfalter nicht durchringen.
    Er strich ihr über das lange Haar. »Pst! Ist ja schon gut, meine liebe junge Frau. Du solltest stolz sein.
    Die Sonnenmutter straft dich nicht. Sie hat dir die Fähigkeit verliehen, deinem Clan Kinder zu schenken. Ein größeres Geschenk ist gar nicht denkbar. Ich muss zugeben, sie hat nicht gerade den günstigsten Zeitpunkt gewählt, aber Götter sind nicht immer rücksichtsvoll.«
    Rotalge sagte nichts, und Eulenfalter biss sich auf die Lippen. Er wusste nicht, was er tun sollte, und so drückte er sie einfach noch fester an sich. Mit der Wange über ihr Haar streichelnd, sagte er sanft:
    »Darf ich dir beim Sammeln der Kolbenwolle helfen? Die anderen Kriegerinnen, die ich gekannt habe, die haben sich ihre Beutel damit voll gepackt, wann immer sie konnten, für den Fall, dass sie vielleicht später nicht mehr dazu kämen.«
    »Du würdest mir dabei helfen?«
    »Aber natürlich, warum denn nicht?«
    Rotalge löste sich aus seinen Armen und wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen. Sie schaute dankbar zu ihm auf. »Ich danke dir für alles«, sagte sie. »Ich weiß, ich habe mich in deinen Augen schimpflich benommen. Ich bin heute keine Kriegerin mehr, das ist mir klar, aber -«
    »Niemand kann jeden Tag Krieger oder Kriegerin sein, Rotalge. Nicht einmal die große Muschelweiß.
    Und dafür bin ich Schwester Mond dankbar.«
    Er legte ihr liebevoll einen Arm um die Schultern und führte sie in das Röhricht. Die Kolben waren alle flaumig geworden. Bei jedem kleinen Windzug lösten sich die Samen und schimmerten über dem Marschgebiet wie Funken im wabernden Feuerschein.
    Rotalge holte sich ihren Beutel von der Stelle, wo sie ihn abgelegt hatte, und stopfte Hände voller Kolbenwolle hinein. Dann zögerte sie neben ihm und hielt den Kopf gesenkt. Trotz der Dunkelheit sah er, dass sie errötet war. Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Wie sie da stand, mit rotem Kopf und den Haaren, die ihr über die Schulter wehten, sah sie so unschuldig und hinreißend aus. Sie konnte nicht ahnen, wie sehr ihr Anblick ihn rührte.
    Eulenfalter streifte zwei Hände voll Wolle vom nächsten Kolben ab und stopfte sie in ihren Beutel.
    Nach weiteren Kolben greifend, sagte er: »Hast du genügend Stoffstreifen dabei, um sie damit zu stopfen? Ich habe eine zusätzliche Tunika mitgebracht, und wenn du sie zerreißen willst -«
    »O Große Maus!« rief sie mit erstickter Stimme. »Wir wollen nicht davon sprechen.«
    Eulenfalter fuhr fort, als hätte er nichts gehört. »Vater hat mir immer gesagt, ich hätte keine Scham.
    Das stimmt sicher. Ich weiß noch, als ich klein war, wollte ich immer in die Menstruationshütte kriechen, um zu sehen, was die Frauen da machten. Natürlich haben sie mich nie gelassen, aber nachts schlich ich mich oft weg und setzte mich draußen neben die Hütte und hörte sie drinnen lachen. Das klang immer, als hätten sie viel Spaß.«
    »Spaß?«
    »Ja. Hast du das nicht auch immer gedacht?«
    »Heilige Geister, nein! Die Frauen in der Hütte dürfen kein Fleisch essen und nichts trinken außer Wasser. Sie dürfen ihre Webstühle, ja sie dürfen überhaupt keine Geräte berühren. Sie können nur drinnen sitzen und reden.«
    »Klingt mir gar nicht so übel.« Er packte weitere Wolle in ihren Beutel. »Sie müssen nicht auf schreiende Kinder aufpassen oder ihre anspruchsvollen Männer hätscheln. Sie

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