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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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herzumachen.
    Schote lebte jetzt allein. Seine Frau war vor zwei Sommern gestorben, und danach hatte er die Hütte widerwillig nach seinen Bedürfnissen eingerichtet. Geflochtene Matten aus Fächerpalmenwedeln schützten ihn vor der Bodenkälte, die sonst in seine alten Knochen gekrochen wäre. Quer an der Nordseite kennzeichnete ein Stapel gefalteter Decken und sauberer Gewänder den Standort seines Lagers, und dort, wo sein Kopf nachts ruhte, hing ein kleines Kürbisgefäß an der Stange, das mit einer Mischung aus Fett und Flohkraut gefüllt war. Damit rieb er sich ein, um bissige Insekten abzuwehren.
    In der Mitte des Raums befand sich eine kleine Feuergrube, und an der Südseite stapelte sich alles, was er sonst noch besaß. In einer großen Holzschale neben der südöstlichen Stange bewahrte er seine Küchengeräte auf: einen Eichenholzmörser, einen flachen Rührlöffel und verschiedene Schaber und Messer aus Feuerstein. Daneben standen zwei Körbe mit Deckeln. Einer enthielt Knochenahlen zum Nähen sowie ein Spinnwirtel und eine Gehörnstanze zum durchlöchern von Leder. Vor diesem Korb lag ein Korallenbrocken, den er als Hammerkopf benutzte. In dem anderen Korb bewahrte er seinen Schmuck auf: Haarnadeln aus den Fußknochen von Hund und Hirsch, Halsketten aus durchbohrten Haifischzähnen und verschiedene Muschelanhänger. Dann war da noch ein Webstuhl, der eigentlich nur aus zwei Holzstöcken bestand, der an der südwestlichen Stange lehnte. Knäuel von feinem Palmenfaden füllten die größten der kreisrunden Säcke und warteten nur darauf, zu hellen Hauben, Decken oder Gewändern verwoben zu werden.
    Sein wertvollster Besitz, drei bunt bemalte Kraftsäckchen, hingen an der nordwestlichen Stange.
    Lange Zeit hatten sie nichts gesagt, doch Schote wusste, dass sie Leben enthielten. Mit seinem Herzen hörte er sie atmen. Als er jung und voller Leben gewesen war, hatten ihn die Geister in diesen Säckchen in seinen Träumen geleitet und ihn Geheimnisse gelehrt, die kein anderer Mensch kannte. Der Geist des Meeressäckchen hatte ihm einst erlaubt, auf dem Wolkenrücken des Sturmmädchens zurückzufliegen … Aber die Geister schliefen jetzt.
    Der Regen prasselte nun auf Schotes Dach. Er schaute hinaus zum Dorf. Weitere acht Schutzhütten waren über die Plaza verstreut. Die Leute saßen um ihre Feuer und besprachen sich leise. Viele hatten ihre Kapuzen hochgezogen, um sich vor den Windgepeitschten Regentropfen zu schützen, aber bei den starken Windstößen, die über den Strand fegten, nützte ihnen das wenig. Windeck-Dorf war auf drei Seiten von Wald umgeben, offen nur nach Osten, zum unermesslichen Meer.
    »Jetzt ist er sicher kühl genug«, sagte Stacheljunge. Mit seinen dicklichen Händchen griff er in die Schale nach dem kleinen Katzenfisch, hielt aber dann inne. »Großvater, meinst du nicht, ich sollte rauslaufen und Mutter sagen, dass das Essen fertig ist?«
    »Ich glaube nicht, dass sie Hunger hat, Enkel. Lass uns ohne sie anfangen. Sie wird bestimmt bald kommen.«
    Stacheljunge sah Schote beunruhigt an, als er seinem Fisch die Haut abzog und ihn aß.
    Muschelweiß war seit Sonnenaufgang draußen. Sie hatte den langen Speer vor sich in den Boden gerammt und hielt das Gesicht in den Wind. So spähte sie den Pfad hinauf, der nach Norden führte.
    Wie alle andern trug sie eine lose Tunika mit Kapuze, am Hals weit ausgeschnitten und mit einer Schnur um die Hüften. Schwarzes Haar wippte unter dem Kapuzenrand hervor. Im Himmel hinter ihr flogen die Donnervögel auf den Sturmwinden. Ihre zerzausten Schwanzfedern peitschten über den Himmel, als sie sich von ihren Ansitzen in den Wolken in die Tiefe stürzten und auf der Suche nach Walfischen und Delphinen übers Meer jagten.
    Stacheljunge fuhr sich über die Lippen. »Großvater«, fragte er, »hat dir Mutter von ihren bösen Träumen in der letzten Nacht erzählt?«
    Schote runzelte die Stirn. »Nein, hat sie nicht. Was für Träume?«
    Stacheljunge schluckte einen Bissen herunter. »Sie hat gestöhnt, so laut, das ich aufgewacht bin. Sie hat gesagt, dass sie meinen Vater rufen hört. Immer wieder. Als ob er sie brauche. Einmal«, fügte er leise hinzu, »hat sie sogar den Namen von Kupferkopf geflüstert.«
    Die Falten auf Schotes Stirn glätteten sich wieder. Er fühlte das Netzwerk seiner Runzeln rings um seine scharfe Nase und spürte die tief eingeschnittenen Falten in den Mundwinkeln. Das ganze Dorf hatte in dieser Nacht wach gelegen. Gegen Abend hatte

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