Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
auch ganz sicher ins Jenseits gelangten, benutzten sorgende Familien einen »Seelentopf«, in dem der letzte Atem des Sterbenden aufgefangen und bewahrt worden war. Bei größeren zeremoniellen Feiern brachten sie den Topf zum Mittelplatz und bezahlten die Priester in dem Bewußtsein, daß die heiligen Leute dort bald den Topf zerschlagen würden, wodurch die Seele ihres Verwandten befreit wurde und die Straße zum Jenseits beschreiten konnte.
    Eisenholz schaute sich um und betrachtete jeden Schatten, sah aber keine Geister, nur schwankende gelbe Grashalme und ausgewaschenes Gestein.
    Heilige Straßen zweigten in alle Richtungen ab, kreuzten sich wieder, liefen manchmal nebeneinander her, aber alle führten ins Zentrum der Stadt.
    Plötzlich blieb Düne stehen. »Warte mal! Hörst du das?«
    Eisenholz drehte sein rechtes Ohr zum Windjungen. »Ja. Klingt wie… Gebrüll… hergewirbelt vom Wind. Was -«
    »Lauf! Beeil dich!« Düne schwenkte seinen Wanderstab. »Ich komme nach.«
    Eisenholz' Sandalen klatschten auf den Boden auf, als er die Straße am Großen Platz vorbei zum Canyon-Rand rannte.
    Eine Weile hörte er nichts als seine eigenen Schritte und ein gedämpftes Getöse wie ein fernes Gewitter, aber als er zum Canyon-Rand kam, übertönten Drohungen und Schreie das Getümmel. Eine Frau schrie: »Laß sie gehen! Krähenbart… ein Zauberer! Wissen wir alle! Wie viele Unschuldige… im letzten Sonnenkreis ermordet?«
    Ein Aufruhr wilder Stimmen war die Antwort.
    Eisenholz spähte über den Rand. Zweihundert Hände tiefer quoll Krallenstadts Plaza vor Menschen über, die brüllten und sich gegenseitig stießen. Mitten darin liefen Sklaven umher, deren zerschlissene braune Gewänder sich scharf von der feinen roten, blauen und gelben Bekleidung der Elite abhoben. Merkwürdig. Aber sie wären nicht dort, wenn ihre Herren es ihnen nicht erlaubt hätten. Eisenholz ballte die Fäuste. Was könnte diesen Aufruhr ausgelöst … ? Krähenbart ist tot. Ja, das mußte es sein. Nach dem Tod eines Häuptlings verlor das Volk immer den Verstand. Wenn man da nicht schnell eingriff, führten die aufgewühlten Gefühle unter Umständen zur Hysterie, zu Gewalttätigkeit und Totschlag.
    Besorgt sah Eisenholz zurück. Düne schien sich sehr zu beeilen.
    Eisenholz wartete.
    Düne keuchte, als er bei Eisenholz anhielt und über den Rand spähte. Der Wind blies ihm das weiße Haar um die Ohren. »Also …«, sagte Düne ruhig, »jetzt ist er endlich tot.«
    »Das ist die einzige Erklärung.«
    »Was sagen sie? Ich kann die Wörter nicht verstehen.«
    »Sie brüllen, daß Krähenbart gottlos und böse war.«
    »Na, da haben sie ja recht.« Düne hob eine buschige weiße Braue. »Ich würde selbst eine Steinplatte auf ihn werfen, wenn …« Plötzlich war da ein wildes Glühen in Dünes glanzlosen Augen. »Wenn was?«
    »Hmm?«
    »Du hast gesagt, du würdest selbst eine Steinplatte auf ihn werfen, wenn … wenn was?« Düne führte Eisenholz am Arm am Rand entlang bis zu den Stufen, die oberhalb von Kesselstadt in die Canyon-Wand eingeschnitten waren.
    »Wenn ich nicht versprochen hätte, es nicht zu tun.«
    »Dabei verdient er es, Düne. Warum hilfst du einem schlechten Menschen, in die Himmelswelten aufzusteigen und ein Gott zu werden? Ich kann mir nicht vorstellen, daß du willst -« »Darum.« Düne schaute hinab auf Kesselstadt, östlich von Krallenstadt gelegen und fast genauso groß. Die Menschen saßen gedrängt auf den Dächern, arbeitend und redend. Einige waren aufgestanden und blickten besorgt auf das Getümmel in Krallenstadt. »An seinem achtzehnten Geburtstag habe ich Krähenbart gesagt, ich würde nach seinem Tod seine Seele befreien. Damals war er ein guter Mensch, und mein Versprechen war gerechtfertigt. Obwohl er sich zu einem Ungeheuer entwickelt hat, muß ich mein Wort halten.«
    Eisenholz ging am Canyon-Rand entlang voraus bis zu der Treppe, die in den Abhang oberhalb von Kesselstadt eingeschnitten war.
    Düne blieb an den Stufen stehen und holte tief Atem. »Ich bin bereit. Gehen wir runter.« »Ich gehe vor«, sagte Eisenholz. Er kletterte über den Rand hinunter, so schnell er konnte. Düne folgte ihm langsam und trat sorgsam von Stufe zu Stufe. Als die Felswand zu steil für Stufen wurde, stieg Eisenholz eine Leiter mit Handgriffen hinab auf die Plattform des Rundturms, auf dem die Leiter stand.
    Nun drangen Stimmen zu ihnen. Die Leute von Kesselstadt schirmten ihre Augen ab, um besser sehen zu können.
    »Seht

Weitere Kostenlose Bücher