Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
gewordenen Muskeln verursachten stechende Schmerzen. Die Kälte hatte sich in ihr Knochenmark gefressen. Als die Dachbedeckung aus Pinienstangen zurückglitt, leuchteten die Sterne. Die Leiter wurde herabgelassen und traf dumpf auf dem Boden auf.
    »Nachtsonne?«
    »Eisenholz?« stieß sie hervor.
    Er kletterte hinab, ein Bündel in der Hand. »Ich kann nicht lange bleiben. Es wissen zu viele, daß ich hier bin.«
    »Ich verstehe.« Sie schluckte, um den Schmerz in ihrer Kehle zu lindern. »Wie bist du an den Wachen vorbeigekommen?«
    »Viele unserer Krieger sind mir immer noch ergeben. Im Falle von Blaumais, der heute nacht Wache steht - den habe ich einmal bei einem Überfall der Feuerhunde gerettet.«
    Das Licht der Sterne machte das Zimmer nach der nächtlichen Finsternis taghell. Eisenholz hatte das geflochtene Haar zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengesteckt. Der silberne Schein fiel über die hohen Backenknochen, die flache Nase und die schrägen Augenbrauen und hob sein flächiges, ovales Gesicht hervor. Das leuchtendrote Hemd, der Türkis-Anhänger und die blauen Leggings schimmerten fahl. Mit Ingrimm bemerkte sie, daß er Bogen und Köcher über der Schulter hatte und daß seine Keule am Gürtel hing.
    »Ich habe dir zwei Decken mitgebracht«, sagte er. Er kniete neben ihr und öffnete sein Bündel. »Außerdem etwas zu essen und Wasser.«
    »Und Schlangenhaupt hat es zugelassen?«
    »Nein. Er ist weggegangen. Ich weiß nicht, wohin.
    Sie griff nach einer Decke und warf sie sich um die Schultern. »Oh, das tut gut. Hast du sie vorher angewärmt?«
    »Ja, ich wußte, daß du frierst«, sagte er und legte ihr auch die zweite Decke um. »Ich habe sie neben meinem Feuer aufgehängt, als ich mit Düne und Nordlicht sprach. Dann habe ich sie zusammengefaltet und bin gleich hergekommen.«
    Nachtsonne zog sie sich fest am Hals zusammen und genoß die prickelnde Wärme, die sich über ihren Körper ausbreitete. »Düne ist hier? In Krallenstadt?«
    »Er ist mit mir gekommen.« Eisenholz ließ sich neben ihr nieder und seufzte. Er sah sehr müde aus. Tiefe Falten durchfurchten seine Augenpartie.
    »Ich weiß, daß es dir nicht gutgeht«, meinte er. »Bist du stark genug, um zu sprechen?« Nachtsonne fuhr sich mit schlanken Fingern durch die Haare. »Glaubst du ihm? Daß das Kind noch lebt?«
    Eisenholz senkte den Kopf. »Ich wußte, daß das Kind noch lebt, Nachtsonne.«
    »Du…?«
    »Ja.«
    Das Herz klopfte ihr dumpf in der Brust; ihr Magen zog sich zusammen. In all diesen Jahren war ihr Kind am Leben geblieben. »Nordlicht … Er hat dir geholfen, das Kind zu verstecken?« Er nickte. »Er ist der beste Freund, den ich je hatte. Er hat gewußt, wie sehr du gefürchtet hast, daß Krähenbart dahinterkommt und sich an dir rächt. Nordlicht hat dafür gesorgt, daß er als einziger bei der Geburt anwesend war. So konnte er das Kind heimlich entführen und Sorge tragen, daß niemand erfährt, nicht einmal du, ob das Kind noch lebt oder nicht.«
    Sie stützte die Ellbogen auf die Knie und griff sich mit beiden Händen in ihr dichtes, angegrautes schwarzes Haar. Ihre Gedanken überstürzten sich.
    »Ich habe für die Pflege und Erziehung des Kindes bezahlt«, sagte Eisenholz sanft. »Die Familie hat gut für sie gesorgt.«
    Nachtsonne starrte ihn benommen an. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie die Bedeutung seiner Worte erfaßt hatte.
    »Für sie?« Sie erhob sich auf die Knie und sah ihm ins Gesicht.
    »Aber Nordlicht hat mir erzählt -«
    »Ich weiß. Aber es war ein Mädchen.«
    Heilige Geister, habe ich sie gesehen? Haben meine Augen sie erblickt, als wäre sie eine Fremde? »Ist das Mädchen hier, Eisenholz? Im -«
    »Nein. Ich habe sie weggeschickt. Es war das beste, um sie in Sicherheit zu bringen.« Sie suchte krampfhaft nach Worten, als ihr die schreckliche Wahrheit bewußt wurde. »Dann … o nein. Heilige Götter, nein! Dann wird also ein unschuldiger Junge sterben! Willst du mir das mitteilen? Nordlicht hat also gelogen, um unsere Tochter zu schützen und einen Jungen zum Tod -« »Eben das will ich dir mitteilen.« Er erwiderte ihren fragenden Blick. »Laß mir etwas Zeit, um es dir zu erklären. Du verstehst nicht, ich -«
    »Ich verstehe sehr gut! Du und Nordlicht -«
    »Nein.« Er hob die Hand, und langsam ballte sie sich zur Faust.
    »Bitte!« Qual verzerrte sein gutaussehendes Gesicht. »Nach all diesen Sommern ist das eine schreckliche -«
    »Ja, Eisenholz, für dich… und für mich.« Sie ließ

Weitere Kostenlose Bücher