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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Schlangenhaupt herum, murrend und Klage führend, daß hier sein Anteil am Besitz verschleudert werde. Ganz besonders hatte er sich dagegen gewehrt, daß Nachtsonne Trauertaube freilassen wollte. Eisenholz konnte sich noch gut an den Tag erinnern. Schlangenhaupt war ein Junge gewesen, elf oder zwölf Jahre alt. Er hatte einen solchen Wutanfall bekommen, daß er auf der Plaza bewußtlos zusammengebrochen war. Der Vorfall hatte Nachtsonne erschüttert, und sie hatte ihrem Sohn Trauertaube als persönliche Sklavin geschenkt.
    Eisenholz hatte sich immer wieder darüber gewundert, daß Trauertaube Schlangenhaupt nicht im Schlaf erdrosselte.
    Dünes kratzige Stimme im fackelerleuchteten Zimmer wurde laut. »Wie war das, Junge?« Eisenholz beugte sich ins Zimmer vor und sah Düne mit drohend erhobenem Wanderstab durch den Raum humpeln. Schlangenhaupt wich vor ihm zurück, die Hände schützend vorgestreckt. Sein langes purpurn gefärbtes Hemd schimmerte im orangefarbenen Schein. Auf dem Boden lag Krähenbart unter seinen Decken. Die zurückgewichenen Lippen hatten seinen Mund zu einem angestrengten Grinsen verzogen, das ein paar übriggebliebene stummelige Schneidezähne freilegte.
    »Ich habe ja nur gemeint«, sagte Schlangenhaupt zu seiner Verteidigung, »daß du alt bist. Das Alter schwächt die Erinnerung.«
    »Nicht bei mir!« Düne drängte Schlangenhaupt an die Wand und schlug ihm mit seinem Wanderstock auf den Ellbogen. Schlangenhaupt schrie auf, und Düne sagte: »Ich weiß noch sehr gut, was dein Vater von mir verlangt hat. Und ich habe vor, genau das zu tun, ob es dir gefällt oder nicht.« Schlangenhaupts große dunkle Augen verengten sich; er biß sich auf die vollen Lippen. Er hatte sein schwarzes Haar zu einem Knoten gebunden. »Wenn du deinen Schlagstein meinem Vater ins Gesicht schmetterst, hier in diesem Zimmer, dann wird seine Seele befreit wegfliegen, bevor sie dazu bereit ist. Wir müssen ihn zur heiligen Buckelkuppe und zur Leiter in die Himmelswelten tragen. Ganz sicher hat dir mein Vater nicht gesagt, daß er seine Seele um Krallenstadt herumfliegen lassen will, statt die Leiter hochzuklettern, um einer der Thlatsinas zu werden.«
    »Ganz sicher hat er mir das gesagt«, grollte Düne drohend.
    Es war eine seltsame Szene. Der hochgewachsene, gutaussehende Schlangenhaupt in seinem prachtvollen Purpurgewand, und vor ihm der kleine weißhaarige Düne in einem verschlissenen braunen Hemd, der ihm den Weg versperrte. Im fahlen Fackelschein sahen Dünes tiefe Falten aus wie Abgründe.
    »Düne«, sagte Schlangenhaupt. »Ich bin der neue Häuptling. Als Gesegnete Sonne befehle ich dir, meine Wünsche auszuführen, nicht die meines «
    »Was hast du vor, Junge? Hmm?«
    Das hübsche Gesicht von Schlangenhaupt wurde starr. »Ich wünsche, daß der Leichnam meines Vaters unbeschädigt zur Buckelkuppe gebracht wird. Verstehst du denn nicht, daß da Hunderte, vielleicht Tausende an der Straße warten werden, um ihn noch einmal zu sehen ? Andächtige Verehrer, die noch einmal das strahlende Gesicht der Gesegneten Sonne zu sehen wünschen? Aber nicht, wenn er kein Gesicht mehr hat, Düne!«
    »Du Nichtsnutz!« Düne stach seinen Stab in den Bauch von Schlangenhaupt. »Ich bin nicht hergekommen, damit mich ein Bube lächerlich macht, der gerade erst hinter das Geheimnis seiner Geschlechtsteile gekommen ist!«
    Schlangenhaupt blieb der Mund offenstehen; Wut blitzte in seinen Augen auf.
    Eisenholz erhob sich und betrat den Raum.
    Schlangenhaupt sah ihn furchtsam an. »Ich hatte nicht die Absicht, dich zu ärgern, heiliger Heimatloser. Ich wollte dir nur den Irrtum klarmachen -«
    »Irrtum!«
    »Das war… vielleicht das falsche Wort.« Schlangenhaupt wand sich an der Mauer. Die Thlatsinas hinter ihm schienen die Szene mit großer Neugier zu betrachten. »Ich will versuchen, es auf andere Weise zu sagen.«
    Dünes zuckende weiße Brauen zogen sich über den Augen zusammen, und er hob seinen Wanderstab, als wolle er zuschlagen. »Auf welche Weise?«
    »Ich frage mich, ob es nicht möglich ist, daß du den Schädel meines Vaters erst dann einschlägst, wenn wir die heilige Buckelkuppe erreicht haben. So kann dann jeder, der es wünscht, sein Gesicht noch einmal sehen.«
    Düne legte den Kopf schräg und schaute ihn wachsam an. »Warum willst du, daß die Seele deines Vaters noch in seinem Leib ist, wenn wir über die Straße ziehen? Warum ist dir das so wichtig?«
    »Weil«, sagte Schlangenhaupt durch zusammengebissene

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