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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Nordlichts beide Schwestern von feindlichen Räubern verschleppt worden waren.
    Kriecher beugte sich vor und flüsterte: »Schlangenhaupt! Man sagt, daß er der Hexenmeister ist.« Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Federstein die fünf Stockwerke vor sich. Die Leute saßen mit untergeschlagenen Beinen auf den verschiedenen Dächern und flüsterten hinter vorgehaltenen Händen. Seit Tagen waren die Menschen wie Gespenster umhergewandelt, vor Furcht kaum atmend, damit nicht eine Hexe sich ihres Atems bemächtigte und ihnen die Seele aus dem Leibe zöge. Schlangenhaupt hatte Besuchern befohlen, fernzubleiben, aus Angst, daß sie die Gerüchte über Hexen und Hexenmeister weitertrügen und jedermann in Krallenstadt der Hexerei verdächtigten. Sie stieß ihren Krückstock auf den Boden auf. »Schlangenhaupts Anordnung könnte den Gerüchten nur neue Nahrung geben. Ich würde nicht zuviel darauf geben.«
    »Was ich selbst glaube, ist nicht so wichtig.« Aus dem Augenwinkel warf ihr Kriecher einen besorgten Blick zu. »Stell dir vor, was geschieht, wenn man in den Dörfern der Gemachten Menschen wirklich glaubte, die Gesegnete Sonne sei ein Zauberer.«
    Federstein blieb auf der Stelle stehen. Sie sah Kriechers verzerrtes Gesicht. »Das wäre zu schrecklich, das kann man sich nicht vorstellen. Die Ersten Menschen müßten die neue Gesegnete Sonne natürlich unterstützen, und dann hätten die Dörfer der Gemachten Menschen einen guten Grund, allen Ersten Menschen zu unterstellen, daß sie Zauberer wären, und dann -«
    »Die Gemachten Menschen wären zu Tode erschrocken.«
    »… und Todesangst war schon immer ein guter Grund für Mord.«
    Kriecher packte sie liebevoll am Arm. »Ich würde dich vor meinen Leuten schützen, Federstein. Du brauchst keine Angst zu haben -«
    »Dann wärst du aber völlig von Sinnen, Kriecher. In dem Fall müßtest du flitzen wie ein Hase, um deine eigene Haut zu retten.«
    »Du bist nicht geflitzt«, er lächelte sie herzlich an, »als die Feuerhunde meine Frau und meinen Sohn ergriffen. Du hast versucht, gegen sie zu kämpfen, und dabei warst du nur ein Mädchen.« Kriechers Frau hatte wie ein eingesperrter Berglöwe gekämpft, um ihren zwei Sommer alten Sohn zu retten. Federstein war hinzugerannt, um ihnen mit ihrem Bogen zu helfen, so lange, bis ihr Köcher leer war, und dann hatte sie sich mit ihrem Hirschknochendolch in den Kampf gestürzt. Zwei der verfluchten Feuerhunde waren ihrer Kampfeslust tatsächlich zum Opfer gefallen, bevor die anderen sie ergriffen und zu Boden zwangen. Den Tod vor Augen war Federstein auf alles gefaßt. Aber der hochgewachsene muskulöse Anführer der Mogollon, Krumme Lanze, war von ihrem Mut so beeindruckt gewesen, daß er sie als seine persönliche Sklavin beansprucht hatte.
    Sie lebte jetzt noch, weil sie für Kriechers Familie gekämpft hatte. Kriecher beugte sich hinab und sah ihr in die Augen. Er fragte sich wahrscheinlich, ob ihr Geist wiederum auf Wanderschaft gegangen wäre; manchmal verlor sie sich in der Vergangenheit. »Gesegnete Federstein«, rief er leise. »Bist du noch bei mir?«
    Sie strich mit der Zunge durch die Zahnlücke und seufzte. »Ja, ich habe nur nachgedacht, das ist alles. Habe ich dir gesagt, daß deine Frau, Rote Maske, wie ein Berglöwe gekämpft hat? Sie war ein tapferes Mädchen, Kriecher.«
    Er tätschelte ihre Hand sehr liebevoll. »Ja, das hast du mir gesagt. Ich habe deine Worte viele Sommer lang in meinem Herzen bewegt, Federstein. Und sie wärmen mich in kalten, einsamen Nächten.« Federstein packte seinen Arm fester und sagte: »Also dann komm mit, wir wollen zusammen diesen Tee genießen, den ich dir versprochen habe.«

    Nachtsonne wachte auf, und Schwärze umgab sie.
    Stille tönte um sie herum. Einen endlosen furchtbaren Augenblick lang wußte sie nicht, wo sie war. Allmählich kam die Einsicht zurück. Ohne Rauchloch, das Licht eingelassen hätte, wirkte das Dunkel wie ein lebendiges Ungeheuer, und sie spürte, wie es sich um sie herum bewegte, an den runden Wänden entlangglitt und sich so nahe an sie herantastete, daß es ihr, nur einen Atemzug entfernt, ins Gesicht starren konnte. Das Ungeheuer sog derart an ihren Augen und Ohren, daß sie fürchtete, es könnte alles Leben aus ihr heraussaugen.
    Sie zog sich die Decke über die Schultern, setzte sich aufrecht und lehnte sich an die kalte Wand. Die Feuchtigkeit war vergangen, es war also draußen wärmer geworden, obwohl sie hier keinen Unterschied

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