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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Neuigkeit gehört?« »Ja«, antwortete sie niedergedrückt. »Wie ist es geschehen? Weiß jemand Genaueres?« »Nein. Spannerraupe hat sie unten in der Senke gefunden.« Kriecher schaute in diese Richtung, und auf seinem Gesicht zeigte sich Angst. »Hast du auch von dem Leichenpulver gehört?« »Ja, der Junge von Laubkatze hat's mir erzählt.« »Da waren auch rätselhafte Spuren, Federstein. Der Mann -« »Spuren?« Federstein machte einen Schritt auf ihn zu. »Was für Spuren?«
    Kriecher seufzte und erklärte: »Der Mörder tanzte, als er hinter Wolkenspiel herlief.«
    »Tanzte?« Die Farbe wich aus Federsteins runzligen Wangen. Sie packte den Krückstock mit beiden Händen. Der Mörder hatte vorsätzlich den heiligen Tanz entweiht. »O heilige Ahnen, das hat uns noch gefehlt. Ein Zauberer in Krallenstadt. Ich habe das immer nur für Gerede gehalten.« Ein anschwellender Schmerz erfüllte ihre Brust. »Und der Pfeil, Kriecher? Wessen Pfeil war es?« »Ohne Kennzeichen, unverziert. Auch die Pfeilspitze - völlig neutral. Nur ein dreieckiger Obsidianspan. Der Pfeil könnte jedem gehört haben.«
    Ein Bruchstück der Legende stieg aus den dunklen Tiefen der Erinnerung hoch, aber als sie es packen wollte, löste es sich auf. Der Schmerz in der Brust füllte sie ganz aus und drohte sie zu ersticken; sie schwankte.
    Kriecher legte ihr zärtlich eine Hand auf den Arm. Sein pausbäckiges Gesicht drückte Sorge aus. »Geht es dir nicht gut, Gesegnete Federstein? Soll ich dich vielleicht nach Hause begleiten?« »Nein, vielen Dank.« Sie hatte sich wieder gefaßt und tätschelte seine Hand. »Mir fehlt nichts.« »Vielleicht sollte ich dich zu deinem Sohn bringen, er ist auf der anderen Seite der Menge.« »Das wäre mir sehr lieb, Kriecher. Ich bin nicht mehr so sicher auf den Beinen wie früher. Wenn ein Hund an mir vorbeiläuft, wirft mich der Luftzug schon um.«
    Kriecher nahm ihren Arm und führte sie um den Kreis der glotzenden Kinder herum. Er ging langsam und ganz gleichmäßig, um es ihr leichtzumachen, und sie hielt sich an ihm fest. Es tat ihr wohl, ihn so nahe zu haben, seine harten Muskeln unter ihrer Hand und seine Wärme zu spüren, die sich auf sie übertrug; Kriecher konnte so tröstlich sein.
    Nordlicht kam durch das vordere Tor; sein weißes Hemd leuchtete. Langes schwarzes Haar fiel ihm über die breiten Schultern. Die Leute benahmen sich, als wäre der Hexenmeister persönlich vom Himmel herabgeflogen. Sie verstummten und wichen zurück, und durch die so entstandene breite Schneise eilte er nach vorn und fiel auf die Knie, was ihn Federsteins Blicken entzog. Nordlicht sagte etwas, aber so leise, daß es niemand verstand. Düne entgegnete mit seiner unverkennbar barschen Stimme: »Was? Sie verbrennen? Unnötig! Ich werde für jeden, der von dieser Sache betroffen worden ist, ein Reinigungsritual vollziehen. Legt sie nur in die Kiva, neben ihren Vater. Wir werden mit Schlangenhaupt und Nachtsonne sprechen und danach entscheiden, was zu tun ist.«
    Drei Hunde sprangen heran und beschnüffelten Federsteins frischgewaschenes Kleid; sie liebten den Duft der Yucca-Seife. »Geht weg!« schrie sie und schlug mit ihrem Krückstock nach ihnen. »Fort mit euch!« brüllte Kriecher und trat nach den Kötern.
    Der Leithund wich dem mokassinbekleideten Fuß geschickt aus, und die Hunde formierten sich neu, schlichen mit eingezogenem Schwanz hinter Federstein her und schnupperten den Duft der Yucca-Seife aus größerer Entfernung.
    Federstein schaute auf den goldenen Abhang, der hinter Krallenstadt aufragte. Zwar war das Wetter schon frühlingshaft, aber in den dunklen Spalten hing noch Eis und versah den Sandstein mit einem Netz weiß glitzernder Adern. Felsentauben saßen auf der Kante, gurrten und stolzierten im Sonnenlicht umher. Die Paarungszeit hatte begonnen, und mit den süßesten Lauten knüpften sie neue Bekanntschaften an. Die Aufrechte Säule schien sich gefährlich zur Stadt zu neigen. Eines Tages würde sie zu Boden krachen und Dutzende von Zimmern zerschlagen. Federstein hoffte nur, daß sie das nicht mehr erlebte. Man hatte eine Mauer um das Postament errichtet, um der Säule Halt zu geben, und die Clan-Führer legten jeden Morgen und jeden Abend Gebetsstäbe auf die Mauer, um so, wie sie hofften, den bedrohlichen Geist der Säule zu besänftigen.
    Plötzlich teilte sich die Menge. Die Leute wichen murmelnd zurück und rempelten sich an. Hunde hetzten jaulend herum, um der zurückrollenden

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