Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
er seine Mutter so sah, litt er Qualen. Wie konnte es mit einer Frau, die mit Schwester Mond in der funkelnden Sprache eines Meteors gesprochen hatte, so weit kommen? Spannerraupe hätte alles hingegeben, hätte er in der Zeit zurückgehen können bis zu dem Augenblick, als die Feuerhunde sie aus dem Hinterhalt überfallen hatten. Er hätte jeden einzelnen mit seinen bloßen Händen getötet - obwohl das bedeutet hätte, daß er nie zur Welt gekommen wäre. »Wie lange ist sie schon so?« fragte er.
    Kriecher sagte: »Seit zwei oder drei Zeithänden.«
    »Und wodurch ist es gekommen?«
    »Wer weiß das? Wir haben über Hexen und Hexerei gesprochen. Federstein hat mir von den Hexen und Zauberern erzählt, die Eichelhäher tötete, als sie Sklavin bei seinem Volk war.« Er machte eine hilflose Geste mit dem Löffel. Der rote Schein überzog sein feistes Gesicht und tanzte über sein kinnlanges schwarzes Haar. Er trug einen Bison-Umhang um die Schultern. Rote Glitzerpunkte huschten über das verfilzte Fell, wenn er sich bewegte. »Sie ist einfach … weggetrieben.« Spannerraupe sank zu Boden, neben die Wärmeschale, und deutete auf das Essen. »Ist das für mich?« »Ja, ich habe Essen gemacht, als ich Federstein heimgebracht habe. Ich hoffe, die Maiskuchen sind noch warm.«
    »Ist nicht so wichtig. Vielen Dank, Kriecher.« Spannerraupe nahm die Schüssel und den Löffel und schaufelte sich die köstlich schmeckenden Bohnen in den Mund. Das Gesicht von Wolkenspiel erschien in seiner Seele; sie versuchte, sich von ihm zu lösen, und tauchte ihn in ein Meer von Qualen. Nein, noch nicht, halte es etwas länger fest. Sein leerer Bauch empfand eine beschwerliche Erleichterung, während er gefüllt wurde.
    Kriecher führte wieder einen Löffel Bohnen in den offenen Mund von Federstein. Nach einer Weile kaute sie auch und schluckte, obwohl ihre leeren Augen sich nicht bewegten. Als ihr Mund sich erneut öffnete und Bohnensaft herauslief, nahm Kriecher ein Stück Stoff aus seinem Schoß und wischte ihr übers Kinn. Er sagte: »Das war gut, Federstein. Und nun noch einen Bissen.« Wieder hob er den Löffel zu ihrem Mund.
    Spannerraupe hatte die Bohnen aufgegessen und nahm sich einen Maiskuchen. Er war kalt, aber gut, gewürzt mit getrockneten Stückchen von Feigenkaktus. Er lehnte sich an die Wand und streckte seine muskulösen Beine auf den weichen Hirschfellen aus. Hunderte von Malen hatte er zugesehen, wie Kriecher Federstein fütterte. Aber es störte ihn immer wieder von neuem.
    »Du hast mit Schlangenhaupt gesprochen?« fragte Kriecher, als er Federstein abermals einen Löffel in den Mund führte und daraufwartete, daß sie kaute.
    »So könnte man es auch nennen.« Spannerraupe nahm sich einen neuen Maiskuchen. Er kaute langsam, schluckte und ergänzte: »Er hatte nicht viel zu sagen. Ich habe ihm den Kopf des Jungen gegeben, und er… er hat gelacht, Kriecher.« Spannerraupe ließ den Kopf an die Wand zurückfallen und starrte auf die Sterne, die er durch die Dachluke sehen konnte. Er legte sich den Kuchen in den Schoß. Er mußte sich noch umziehen, das geronnene Blut machte das Gewebe seines roten Hemdes steif. Er fühlte sich beschmutzt - in vieler Hinsicht.
    »Du kannst nichts dafür.« Kriecher warf ihm einen teilnahmsvollen Blick zu. »Du bist der neue Kriegshäuptling. Du hattest keine Wahl.«
    Spannerraupe kniff die Augen zusammen. »Vielleicht«, murmelte er. »Aber da bin ich nicht mehr so sicher. Ich glaube, Eisenholz hätte mehr Beweise verlangt, bevor er losgezogen wäre, um ein ganzes Dorf abzuschlachten. Ich - ich habe nicht mal daran gedacht, den Befehl in Frage zu stellen.«
    Und wäre ich hier gewesen, wäre Wolkenspiel vielleicht noch am Leben. Er suchte mit aller Kraft, die Gedanken an ihren zerrissenen Körper zu verbannen. Er sollte zu ihr gehen, für den Rest der Nacht bei ihr sein. Er machte die Augen fest zu, aus Angst, die Tränen würden seinen Kampf um Fassung verraten.
    Kriecher tupfte wieder den Saft auf Federsteins Kinn fort. »Wenn der große Priester Nordlicht Leuten erzählt, daß etwas wahr ist - wer würde es wagen, daran zu zweifeln?«
    »Ich!« sagte Spannerraupe scharf, befriedigt, endlich loslegen zu können. »Er ist ein Lügner, Kriecher. Das weißt du! Warum haben wir ihm geglaubt? Mein Vetter ist niederträchtig. Er hat in seinem Leben noch nie die Wahrheit gesagt. Er braucht nur zu sagen, das Kind von Nachtsonne lebt in Lanzenblattdorf, und schon gehen Krieger hin, um den

Weitere Kostenlose Bücher