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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Frauen und Kinder - die allerdings waren allein Krähenbarts Entscheidungen.« »Ich hoffe, ich kann die Große Ehrwürdige Mutter einmal sehen«, sagte Sängerling. »Ich habe so viel von ihrer Mildtätigkeit und ihrer Güte gehört.«
    Dünes buschige weiße Brauen zogen sich zusammen. »Du wirst sie treffen. Nachtsonne hat die Abgeschiedenheit gebraucht, nachdem sie aus dem Käfig freigekommen war. Aber bald -« Sängerlings Hand verhielt auf der Leiter. »Sie war eingesperrt? Aber wer würde es wagen …« Keiner der heiligen Männer sagte etwas, sie starrten sich nur eine Weile an, als ob sie sich auf irgendeine Weise schweigend verständigten.
    Nordlicht sagte ruhig: »Düne, ich bin hier fertig. Ich werde jetzt wohl auf mein Zimmer gehen und etwas essen. Heute morgen hatte ich keine Zeit, und jetzt ist es fast Mittag.«
    »Aber natürlich. Geh nur. Wir sind ja auch gleich fertig.« Er deutete mit einem wackeligen Finger auf die Leiter. »Vorausgesetzt, Sängerling bleibt bei der Sache und erfüllt seine heilige Pflicht, die Leiter von Wolkentanz zu weihen.«
    Sängerling zuckte zusammen und rieb hastig die letzten Sprossen mit dem roten Maismehl ein; dann griff er nach dem Topf mit dem gelben Mehl.
    Düne wandte sich an Nordlicht. »Wenn wir mit den Leitern fertig sind, rollen Sängerling und ich die Leichen auf die Leitern und legen die auf die Fußtrommeln, wo man sie morgen für den Bestattungszug abholen wird. Und dann«, er holte tief Luft und sagte müde, »dann gehen wir auch heim.«
    Nordlicht rappelte sich auf und drückte seine Hände in den Rücken, als verspürte er da Schmerzen. »Ich weiß deine Hilfe sehr zu schätzen, Düne, und deine auch, Sängerling.« Er zögerte und blickte mit seinen strahlenden Augen auf Sängerling. »Was geschieht nun mit Seide?«
    »Ich weiß nicht, Sonnenseher. Sie hat keine Verwandten hier gefunden, sie ist allein. Ich glaube, ich bin ihr einziger Freund auf der Welt.« Er schaute unsicher auf Düne. »Ich hatte gehofft… daß vielleicht,..«
    Düne zog beide Brauen hoch und knurrte: »Wir werden das besprechen.«
    Sängerling lächelte. »Vielen Dank, Düne.«
    »Aber wenn das nicht geht, Düne«, sagte Nordlicht, »können wir sicher hier etwas für sie finden.« »Ich danke dir.«
    Nordlicht verbeugte sich leicht vor Sängerling und wandte sich dann wieder an Düne: »Willst du heute mit mir zu Abend essen, Düne?«
    »Gern, wenn du möchtest.«
    »Das möchte ich. Ich würde gern ein letztes Gespräch über die Natur der Thlatsinas mit dir führen, bevor du wieder weggehst.«
    »Gerne. Ich sehe dich dann.«
    Nordlicht ging quer durch die Kiva; sein weißes Hemd leuchtete im Feuerschein, als er die Leiter zum Altarraum hinaufstieg.
    Sängerling schöpfte sich eine Handvoll blaues Maismehl aus dem Topf und fing an, die Sprossensehnen sorgfältig einzureiben. »Das ist offenbar ein sehr heiliger Mann.«
    Düne kratzte sich im Genick. »Die meisten halten ihn für einen Hexenmeister. Was siehst du, wenn du ihn anschaust?«
    Sängerling blinzelte.
    »Reib weiter«, befahl Düne.
    »O ja, tut mir leid.« Sängerling rieb weiter und überlegte dabei, wie er es ausdrücken könnte. »Ich habe Leute sagen hören, er sei ein Hexenmeister, aber ich weiß einfach, daß er ein sehr guter Mensch ist das fühle ich.«
    »Aha.« Düne lächelte mit seinem zahnlosen Mund, und sein alter Kopf wackelte beifällig. »Du siehst jetzt nicht mehr mit den Augen, du hast angefangen, mit dem Herzen zu sehen. Du besserst dich.« Er machte eine kurze, schnelle Handbewegung. »Und jetzt arbeite weiter! Du hast noch viele Sommer vor dir, um die Sehweise deines Herzens weiterzuentwickeln, aber nur einen Tag, um das hier fertigzumachen. Mach weiter, Junge, mach weiter!«
    Nordlicht ging über die Plaza. Gegen den braungelben Hintergrund der Klippe hatten Krallenstadts aufstrebende weiße Mauern einen perlartigen Glanz, der ihn blendete. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er auf seine Sandalen. Auf dem festgetretenen Erdboden glitzerten Tonscherben und Späne von Feuerstein, Obsidian und Quarzit, den Abfällen der Werkzeug-Herstellung. Ein Sklave und zwei Sklavinnen arbeiteten im Schatten der fünfgeschossigen Bauten und machten Rasseln für die bevorstehenden Sonnenwend-Feiern. Faustgroße Kürbisse aus der Ernte des vorangegangenen Sonnenkreises hatte man getrocknet und ausgehöhlt. Die Sklaven saßen in einer Reihe, jeder mit einer besonderen Aufgabe. Trauertaube füllte Kiesel in die

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