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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Es war unmittelbar vor ihrem letzten Tanz. Ich dachte mir nichts dabei, schließlich hatte sie das Recht, ihren Freunden Lebewohl zu sagen.«
    »Wer war noch mit ihr befreundet? Weidenstumpf?«
    Jagender Falke zögerte. Er las anscheinend in ihren Gedanken, als hinterließen sie Spuren in feuchter Erde. »Ahnst du etwas?«
    Jaguar zuckte die Achseln, seine Miene verriet nichts. »Vielleicht und vielleicht nicht. Weroansqua, ich will dir nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten, indem ich mit dir jeden einzelnen Verdacht bespreche. Du würdest am Ende jedem im Dorf misstrauen.«
    »Das würde ich?«
    »Das würdest du, mich eingeschlossen.« Sein unvermitteltes Lächeln sandte ihr Schauer über den Rücken. »Wo warst du an jenem Morgen, Weroansqua?«
    »Ich?« Sie erstarrte. Ihre Gedanken rasten zurück zu jenem Morgen. Was hatte sie getan, bevor sie ins Haus der Toten gegangen war? »Ich war beschäftigt. Im Haus, ich habe für Ordnung gesorgt, mich um meine Gäste gekümmert. Du weißt genauso gut wie ich, es ist eine Menge zu tun in einem Dorf, das voller …«
    Sein Gesicht war ausdruckslos und rätselhaft, sein Blick so bohrend, als wollte er ihre plötzliche Verteidigungshaltung durchlöchern.
    »Ja, ich hatte viel zu tun!«, fuhr Jagender Falke hitzig fort, und sie schien zum ersten Mal fassungslos.
    »Höre! Was erlaubst du dir, hierher zu kommen und mich zu befragen! Ich bin die Weroansqua!« Sie legte eine Hand auf ihr Herz und spürte, wie es hämmerte. Ihr Puls raste, und in diesem Augenblick verlor sie das Gleichgewicht. Nur Jaguars flinke Hand verhinderte, dass sie zu Boden fiel. Das Schwindelgefühl verging ebenso schnell, wie es gekommen war.
    »Ich … es ist alles in Ordnung mit mir.« Sie schüttelte seine Hand ab und betrachtete ihn grimmig.
    »Okeus soll dich holen!«
    »Aber du siehst doch ein«, entgegnete er ruhig, »dass auch du sie getötet haben könntest.«
    »Lächerlich!«
    »Lächerlich? Die Weroansqua vereinbarte die Heirat zwischen Rote Schlinge und Kupferdonner. Aber bei genauerer Betrachtung stellte sie fest, dass ihr das Wasser bis zum Hals stand. Wie kann sie diese Verbindung rückgängig machen, ohne den Großen Tayac zu verärgern? Sie sieht keinen Ausweg; aber bei einem derart hohen Einsatz befiehlt sie, von Verzweiflung getrieben, ihre Enkeltochter an dem Morgen zu töten, an dem sie gemeinsam mit Kupferdonner abreisen soll. Wilder Fuchs wird geopfert, aber der Preis dafür ist leicht zu zahlen. Soll Schwarzer Dorn ruhig einen Mond lang wutschnaubend toben, bis dann ein Kanu nach dem anderen Tribute bringt und natürlich eine Entschuldigung.« Er legte eine Hand unter sein Kinn und schaute sinnend nach oben. »Ich würde die Entschuldigung etwa so abfassen: Hochverehrter Weroanzi, ich bitte dich um Vergebung. Der Kummer über den Tod meiner Tochter trieb mich zu unbesonnenen Handlungen. Die Erklärungen des Großen Tayac und von anderen, die mir nahe stehen, gaben mir Anlass zu glauben, dein Sohn hätte meine Enkeltochter ermordet. Bitte, nimm diese Geschenke und vergib einer alten Frau, die in einem furchtbaren Irrtum gefangen war.«
    Jagender Falke schluckte schwer. Kraft ihres starken Willens gewann sie ihre Fassung zurück. Möge Okeus seine Seele verschlingen! Woher kennt er mich so gut?
    Er betrachtete sie, immer noch ausdruckslos, als wüsste er bereits, was sie sagen würde.
    »Nun gut«, knurrte Jagender Falke angewidert. »Wenn ich sie tatsächlich hätte töten lassen, dann wäre eine solche Entschuldigung durchaus möglich gewesen.«
    »Weroansqua, angenommen, sie wäre nicht getötet worden, sondern wäre mit dem Jungen fortgelaufen … was hättest du dann getan?«
    »Ich hätte Neuntöter und jeden ausgewachsenen Mann hinterher geschickt, um sie mit Gewalt zurückbringen lassen.«
    »Und Rote Schlinge wusste dies? Dass du so handeln würdest?«
    »Natürlich, sie war meine Enkeltochter! Sie hätte gewusst, dass ich vor lauter Zorn Bäume ausreißen würde, um sie zurückzubekommen. Die Frauen in meiner Familie stellen sich ihrer Verantwortung.
    Wir tun unsere Pflicht.«
    »Aber Rote Schlinge war offenbar nicht deiner Meinung. Schließlich ist sie fortgelaufen, um sich mit Wilder Fuchs zu treffen.«
    »Oder um ihm zu sagen, dass sie nicht mit ihm ginge.« Jagender Falke ließ ein leises Knurren hören.
    »Ich kann nicht glauben, dass meine Enkeltochter so dumm gewesen wäre zu glauben, sie könnte dem Netz der Krieger entgehen, die ich auf ihre Fersen geheftet

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