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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Jahreszeit ist die Große Truthahnhmutter sehr knauserig mit ihrer Brut.«
    Als Sperling aufstand, fing der goldene Fellkragen seiner Elchjacke das diffuse Zwielicht der Dämmerung ein und schimmerte wie ein Netz aus Sternschnuppen. Sperling schob die Hände in die Jackentaschen und deutete mit dem Kinn in Blauer Rabes Richtung. »Er hat sich seit unserem letzten Zusammentreffen ziemlich verändert.«
    »Ach, inwiefern?«
    »Er wirkt ruhiger, selbstbewusster. Nachdenklicher.«
    »Hmmm«, machte Aschenmond, während sie sich bückte, um trockenes Gras als Anzündmaterial zu sammeln. Die Halme quietschten leise, als sie sie abriss. »Er war früher also ängstlich, unsicher und gedankenlos?«
    »Er war damals noch jung«, entgegnete Sperling schlicht.
    »Du aber auch. Wie kannst du ihn also beurteilen.«
    »Ich bin nie so jung gewesen wie Blauer Rabe, Aschenmond. Eine Ehefrau und Kinder verändern die Situation eines Mannes, machen ihn …«
    »Alt, meinst du?«
    »Nun… ja. Kann man so einem Mann vertrauen?«
    Aschenmond riss ein letztes Grasbüschel ab, legte es zu den anderen und rieb sich die Hände an ihrem Umhang trocken. Die Arme voll Feuerholz kam Blauer Rabe über die Wiese auf sie zu. Die Höfe der Nachtwanderer erhellten den Himmel über ihm.
    »Über diese Frage denke ich schon den ganzen Tag nach«, sagte Aschenmond.
    Glitzerndes Sternenlicht vergoldete den gebogenen Rücken seiner Nase, als Sperling den Kopf hob. »Ach, wirklich?«
    »Ja. Wenn ich seine Mokassins trüge, befände ich mich in einem argen Gewissenskonflikt. Er muss Polterer zurück ins Wandererdorf bringen. Als Gegengabe, um das Leben seiner Nichte zu retten.« Sperling stieg die Röte in die Wangen. Mit Hereinbrechen der Nacht nahm sein weißes Haar die Farbe der Flügel einer Trauertaube an. »Ach, liebe Ahnen in den Himmeln über der Welt. Wie konnte ich nur so blind sein! Natürlich muss er Polterer zurück in sein Dorf bringen. Den Mächten sei Dank, dass du hier bist, Aschenmond«, seufzte Sperling und griff spontan nach ihrer Hand.
    Keiner der beiden sprach ein Wort. Für die Dauer einiger weniger Herzschläge ließen sie ihre Hände verschränkt ineinander liegen, dann schien Sperling plötzlich bewusst zu werden, was er da tat, und er ließ Aschenmonds Hand los.
    Ihre Fingerspitzen prickelten. Zum ersten Mal seit zwei Wintern hatten sie sich ganz arglos berührt, ohne Angst, ohne Vorbehalte oder Forderungen; hatten sich einfach berührt wie alte, vertraute Freunde.
    »Sperling, ich …«
    »Nein, Aschenmond«, murmelte Sperling, eine Hand erhoben. »Um unserer ehrwürdigen Ahnen willen, sag jetzt bitte nichts. Stoß mir keinen Speer in die Brust.«
    »Ich hatte nicht vor, dir …«
    »Oh, doch. Du wolltest sagen: ›Siehst du, Sperling, wir können Freunde sein, aber kein Liebespaar‹, und ich möchte diese Worte nicht noch einmal hören.«
    Verletzter Stolz veränderte ihre Stimme, als sie erwiderte: »Ich wünschte, du würdest nicht vorgeben, meine Gedanken lesen zu können.«
    »Heißt das, dass du etwas ganz anderes sagen wolltest?«
    »Ja, das heißt es«, log sie. Doch die Wahrheit war, dass sie nichts so sehr vermisste wie seine Freundschaft, die Nächte, in denen sie flüsternd Geheimnisse ausgetauscht, zusammen gelacht und eng aneinander geschmiegt die tanzenden Schatten des Feuers beobachtet hatten. Aber sie konnte das Risiko nicht eingehen, noch einmal ihr Herz zu verlieren. Auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte. Wenn sie ihm noch einmal rückhaltloses Vertrauen schenkte, ihr Herz und ihren Körper mit ihm teilte und er dieses Vertrauen dann zerstören würde, indem er dem Ruf seines Geisterhelfers folgte…«
    »Also«, drängte Sperling sanft. »Ich höre.«
    Windmutter spielte schon seit dem Nachmittag mit Aschenmonds silbernen Zöpfen und hatte einzelne Strähnen herausgezupft, die sie sich immer wieder hinter die Ohren schieben musste. »Ich habe mir nur überlegt, wie er uns umzubringen gedenkt.«
    Schnaubend stemmte Sperling die Hände in die Hüften. »Du hast wirklich eine seltene Gabe, einem das Abendessen zu vermiesen.«
    »Im Augenblick scheint er uns zu brauchen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wozu.« Blauer Rabe war nur noch zehn Schritte von ihnen entfernt, deshalb senkte Sperling seine Stimme. »Weil er Polterers Macht fürchtet. In unserer Gesellschaft fühlt er sich offenbar sicherer.« »Vielleicht wartet er auch auf die Hilfe seines Vetters. Ich kann mir vorstellen, dass Springender

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