Voyager 008 - Cybersong
wünscht sich meine Rückkehr. Er ist das einzige
Geschöpf, das sich jemals über meine Präsenz freute.«
Janeway musterte die jüngere Frau und nickte. Welch eine
Verschwendung, dachte sie. Mandel war so begabt. Doch vor Jahren hatte irgend etwas ihre Persönlichkeit so verändert, daß
sie kaum mehr Kontakte zu anderen Personen knüpfen konnte.
Janeway empfand echte, aufrichtige Anteilnahme. Jemand mit
den Fähigkeiten von Daphne Mandel verdiente es nicht, so
isoliert zu sein.
Doch sie war keine Counselor, sondern Captain eines
Raumschiffs. Und sie zweifelte jetzt nicht länger daran, die
richtige Lösung für das Problem zu haben.
Sie sprach ganz langsam und wählte ihre Worte mit großer
Sorgfalt. »Fähnrich Daphne Mandel, möchten Sie der
künstlichen Intelligenz bei ihrer Weiterentwicklung helfen,
damit sie lernt, anderes intelligentes Leben zu respektieren?«
Mandel blinzelte überrascht. »Natürlich. Das ist doch ganz
klar. Derzeit weiß er es einfach nicht besser, aber ich kann ihn lehren. Er hat Sie nicht noch einmal angegriffen, hat nicht noch einmal versucht, das Betriebssystem des Voyager -Computers zu modifizieren – weil ich ihn gebeten habe, das zu unterlassen. Ich versprach ihm meine Rückkehr, und deshalb verzichtete er
darauf, irgend etwas gegen Sie zu unternehmen.«
Janeway lächelte. »Wußten Sie, daß eine Kontamination des
Mehls Ihnen die telepathische Kommunikation mit der KI
ermöglichte?«
Daphne nickte voller Nachdruck. »Ja. Ich brachte den Doktor
dazu, mir von seinen Nachforschungen zu erzählen. Er ist ja so
enthusiastisch – und ähnelte sehr der künstlichen Intelligenz.
Eine Entität, die intelligent, fähig und daran interessiert ist, Beiträge für das Gemeinwohl zu leisten.
Das Mehl im Shuttlehangar kam einem Geschenk für mich
gleich. Als ich es sah, entstand die Idee in mir, zum Wrack
zurückzufliegen. Das Mehl war bereits vorhanden, und ich
wußte, daß es Energie für den Replikator gab – mir würde es
also nicht an Lebensmitteln fehlen. Außerdem funktionieren die
Lebenserhaltungssysteme in bestimmten Bereichen des Schiffes;
dort brauche ich keinen Schutzanzug zu tragen. Sie sehen also:
Ich kann unbegrenzt lange an Bord des Wracks überleben.«
Mandel erklärte ihren Plan wie eine Schülerin, die stolz darauf
ist, an alles gedacht zu haben.
Ja, dachte Janeway, als sie stumm zuhörte. Dies war die beste Lösung für sie alle. Außerdem bestand dadurch keine Gefahr
mehr für andere Reisende. Niemand brauchte mehr zu
befürchten, hier in die heimtückische Falle einer einsamen
künstlichen Intelligenz zu geraten. Und vielleicht reifte die KI eines Tages wirklich zu einem verantwortungsbewußten Wesen
heran.
Kathryn Janeway straffte die Gestalt, was ihr in dem kleinen
Shuttle nicht ganz leicht fiel. »Fähnrich Daphne Mandel, hiermit befreie ich Sie von Ihren Pflichten an Bord der Voyager und ernenne Sie zum Föderationsbotschafter bei der hiesigen Entität.
Sie erhalten diesen ehrenvollen Auftrag, um weitere Angriffe
auf Raumschiffe zu verhindern, die diesen Sektor passieren –
und um irgendwann eine Kooperation zwischen der KI und den
anderen Völkern der Galaxis zu ermöglichen. Herzlichen
Glückwunsch, Botschafter.«
Captain Janeway trat vor und schüttelte Mandel die Hand.
Tom Paris salutierte und nannte sie ›Botschafter Mandel‹.
»Mr. Paris, beamen Sie die Botschafterin und ihre gesamte
Ausrüstung in ihr neues Quartier. Anschließend kehren wir zur
Voyager zurück.«
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