Voyager 008 - Cybersong
können wir uns auch gar nicht leisten. Wir brauchen alle
Crewmitglieder, um es bis nach Hause zu schaffen.«
»Sie wollen mich also zurückholen, damit alles so ist wie
vorher. Mit einem Unterschied: Von jetzt an werden mich alle
für übergeschnappt halten.«
»Wenn Sie darauf bestehen, sich wie ein Kind zu verhalten,
bleibt mir keine Wahl«, entgegnete Janeway scharf. »Aber ich
würde Ihnen gern eine bessere Möglichkeit anbieten. Bevor ich
sie in Worte fasse, möchte ich mit Ihnen reden. Und ein
Gespräch wäre sicher einfacher, wenn wir Sie an Bord unseres
Shuttles beamen. Im Innern des Wracks läßt sich das problemlos
bewerkstelligen, denn dort gibt es keine Interferenzen
verursachenden Tachyonenemissionen.«
Stille folgte, und Janeway befürchtete, daß Mandel die Kom-
Verbindung unterbrach.
»Sobald wir im Innern des fremden Schiffes sind«, sagte
Daphne Mandel schließlich. »Und er hört zu. Nichts wird vor
ihm geheimgehalten. Er hat versprochen, sich um mich zu
kümmern, und wenn Sie irgendeinen Trick versuchen, wird er
Sie nicht gehen lassen. Er gestattet Ihnen nicht, mich
fortzubringen.«
»In Ordnung«, erwiderte Janeway.
»Wir müssen die Geschwindigkeit reduzieren«, sagte Mandel.
»Die Außenhülle des Wracks ist viel zu nahe.«
»Das sieht nur so aus«, meinte Paris. »Wir sind auf dem
richtigen Kurs. Rühren Sie jetzt auf keinen Fall die Kontrollen
an. Der Riß ist nicht sehr breit; dort gibt es keinen
Manövrierspielraum. Lehnen Sie sich zurück und warten Sie ab.
Die übermittelten Koordinaten bringen Sie sicher ins fremde
Schiff.«
Janeway beobachtete, wie das Shuttle in die Öffnung
hineindriftete. Dabei kam es dem Rand ziemlich nahe.
»Die KI versucht, das Navigationssystem zu übernehmen«,
stellte Paris fest. »Es hat den Kurs geringfügig verändert. Meine Koordinaten hätten das Shuttle direkt durch die Mitte gebracht.«
Vor ihnen verschwand die Raumfähre im dunklen Innern des
riesigen Schiffes.
»Bringen Sie uns ins Wrack, Mr. Paris«, sagte Janeway mit
kühler Entschlossenheit.
Zum zweiten Mal wurde sie nun mit dieser überaus exotischen
Umgebung konfrontiert, die auch diesmal nicht vertraut wirkte.
Die gewaltigen Dimensionen und die lianenartigen Bündel aus
Kabeln, in denen es hier und dort zu funkenstiebenden
Entladungen kam… Bei diesem Anblick dachte Janeway an die
urzeitliche Erde, an eine unheilvolle Welt mit zahllosen aktiven Vulkanen und heulenden Stürmen.
»Mr. Paris, beamen Sie Fähnrich Mandel an Bord.« Sie hoffte,
daß die Kartographin in der Zwischenzeit nicht ihren
Insignienkommunikator abgelegt hatte.
Der Transporter summte, und Daphne Mandel materialisierte
in der Transfernische.
Grimmige Entschlossenheit zeigte sich in ihrem Gesicht. Zu
allem bereit, dachte Janeway. Kummer erfaßte sie, und plötzlich fühlte sie sich alt. Daphne Mandel hatte keinen Grund,
jemandem von der Voyager – und vor allem dem Captain – zu mißtrauen.
»Fähnrich Mandel…«, begann Janeway. »Bitte setzen Sie sich.
Ich glaube, wir haben da etwas zu besprechen. Und ich möchte
Ihnen einen Vorschlag unterbreiten.« Sie hob die Hand, als
Mandel den Mund öffnete. »Nein, gedulden Sie sich noch ein
wenig.
Offenbar haben Sie die Voyager mit der Absicht verlassen, hier bei der künstlichen Intelligenz zu bleiben. Stimmt das?«
Daphne Mandel nickte.
»Würden Sie mir bitte den Grund dafür erklären?«
Diese Frage schien die Abwehrhaltung der Kartographin zu
durchbrechen. Worte strömten aus ihr heraus. »Als es hier zu
der Verbindung kam… So etwas habe ich nie zuvor erlebt. Ich
konnte sehen und auf eine Weise denken, die ich bis dahin nicht
für möglich gehalten hätte. Ich war in der Lage, auf seinen
Speicher zuzugreifen, auf seine Erinnerungen, und ich konnte
die Daten mit der für ihn typischen Geschwindigkeit
verarbeiten. So etwas zu erleben… Es war wild und
wunderschön. Ich mußte hierher zurückkehren, um es für immer
zu haben. Ich weiß nun, wie es sich anfühlt, und ich könnte nicht mit der Erkenntnis weiterleben, es nie wieder berühren zu
können. So viel Macht, so viel Wissen…
Und er braucht mich. Ich kann ihm helfen. Das Bewußtsein ist
gewaltig, doch die Persönlichkeit klein und jung. Er vertraut
mir. Er mag mich. Er möchte, daß ich bleibe. Ich helfe ihm, und
er hilft mir. Nie hat mich jemand wirklich gemocht, und an Bord
der Voyager wird mich niemand vermissen. Niemand im Alpha-Quadranten
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