Voyager 008 - Cybersong
allein. Immer leistete ihr jemand
Gesellschaft: Neelix, der Doktor, ein Patient oder jemand, der
ihre Hilfe brauchte. Sie freute sich darüber, helfen zu können,
Teil der Crew zu sein.
Kes stellte fest, diesmal länger als sonst geschlafen zu haben.
Am vergangenen Abend war sie nicht zur üblichen Zeit zu Bett
gegangen, sondern hatte sich mit Atmungssystemen befaßt. Die
Unterschiede zwischen Menschen, Vulkaniern und Talaxianern
erwiesen sich als so faszinierend, daß Kes überhaupt nicht
merkte, wie spät es wurde. Das begriff sie erst, als Neelix auf
der Suche nach ihr in die Krankenstation kam.
»Derzeit beschäftigen wir uns nur mit Sauerstoffatmern«,
erklärte der Doktor und deutete auf mehrere Hologramme, die
verschiedene Lungenarten und strukturelle Diagramme von
Sauerstoff-Metabolismen zeigten. »Im Alpha-Quadranten gibt
es auch Spezies, die Methan und Chlor atmen. Allerdings
kommen Sauerstoffatmer häufiger vor.«
»Ich habe von Geschöpfen gehört, die giftige Luft atmen«,
erwiderte Kes. »Haben Sie auch Diagramme solcher
Lungensysteme?«
»Natürlich«, sagte der Doktor. »Allerdings haben wir es dabei
mit einer völlig anderen Biochemie zu tun. Meiner Ansicht nach
ist es besser, sie zunächst auf der chemischen Basis zu
untersuchen, um sich anschließend der allgemeinen Anatomie
zuzuwenden.«
»Aber für solche Untersuchungen sollte man ausgeschlafen
sein«, ließ sich Neelix vernehmen, der mit Kes zu ihrer
gemeinsamen Unterkunft zurückkehren wollte. »Weißt du
eigentlich, wie spät es ist? Ich habe überall an Bord nach dir
gesucht und dachte schon, dir sei etwas zugestoßen.«
Kes stand auf und lächelte. »Ja, es ist wirklich spät. Und ich
bin müde. Können wir unsere Studien morgen fortsetzen,
Doktor?«
»Wenn uns das neue Holodeck-Abenteuer keine weiteren
verstauchten Füße und Handgelenke beschert«, entgegnete der
holographische Arzt.
Kes lachte leise, als Neelix sie in den Korridor führte.
»Was meinte er damit?« fragte Neelix scharf. »Wollte dich
jemand zu einem Ausflug in die Holo-Kammer überreden?«
Kes schüttelte den Kopf. »Angesichts der vielen Verletzungen,
die der Doktor und ich behandeln mußten, habe ich überhaupt
kein Interesse an dem neuen Programm – ganz gleich, wie sehr
es den anderen gefällt. Allerdings… Als mir Tom Paris vom
Skilaufen erzählte, klang es wundervoll. Kein Wunder, daß es
alle einmal versuchen wollen.«
»Wann hat dir Mr. Paris vom neuen Holodeck-Programm
erzählt?« fragte Neelix. Mißtrauen erklang nun in seiner
Stimme.
»Als ihm der Doktor den Fuß verband«, antwortete Kes ruhig.
»Er gehörte zu den ersten Verletzten. Und er klagte die ganze
Zeit darüber, daß wir keine moderne Behandlungsmethode
verwendeten. Der Doktor vertritt folgenden Standpunkt: Wer
den Schmerz eine Zeitlang spürt, ist demnächst vorsichtiger.«
Neelix schnaubte nur leise. Kes seufzte und setzte den Weg in
Richtung Quartier fort. »Ich bin wirklich müde. Den ganzen Tag
über habe ich Verstauchungen behandelt, und den Abend
verbrachten wir mit dem Studium von Atmungssystemen. Ich
kann mich nicht einmal daran erinnern, etwas gegessen zu
haben.« Sie sprach sanft, und Neelix folgte ihr zum Turbolift.
In der Unterkunft kroch Kes sofort unter die Decke – um dann
zu träumen. Der Traum wirkte realer als das Gespräch übers
Ski-Programm, realer als alles, was sie jemals in einer Holo-
Kammer erlebt hatte.
In gewisser Weise kam auch die Voyager einem Traum gleich.
Es hätte schon genügt, vor den Kazon gerettet zu werden. Doch
zwischen den Sternen leben zu dürfen, mit dem Luxus und den
Freundschaften an Bord der Voyager… Es war mehr, als Kes zu hoffen gewagt hatte.
An all diese Dinge dachte die Ocampa, als sie sich wusch. Sie
dachte an die guten Freunde, die sie gefunden hatte, an
Dutzende von offenherzigen Personen, die jetzt eine Art Familie
für sie bildeten.
Trotzdem hafteten Furcht und Einsamkeit aus dem Traum an
ihrem Empfinden fest. Wie sehr sie auch versuchte, sich davon
zu befreien: Einige besonders hartnäckige Reste aus Unbehagen
und Beklommenheit verharrten in ihr.
Kes streifte eine rostbraune Hemdjacke über und beschloß,
den Doktor darauf anzusprechen. Er war auch mit der
sämtlichen Erkenntnissen über psychische Erkrankungen und
Verletzungen programmiert. Außerdem standen ihm die
Aufzeichnungen von betazoidischen Heilern zur Verfügung, die
sich mit empathischen Talenten
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