Voyager 012 - Der Garten
Kraftfelder
stießen organische Moleküle ab. Der Arzt griff nach einem
speziellen Instrument, hielt es über den Schnitt und folgte dann
langsam dem Verlauf der Wunde. Zurück blieb eine dünne
Narbe, gesäumt von wie verbrannt wirkender roter Haut. Der
Doktor nickte zufrieden, nahm einen Injektor und verabreichte
DeShay eine Injektion. Er richtete noch einige Worte an den
jungen Mann und drehte sich dann in Richtung Büro um.
»Ich bin gleich soweit, Captain.«
Janeway nickte, und auch diesmal wußte sie nicht recht, wie
sie auf das Gebaren des Holo-Arztes reagieren sollte. Welche
Disziplinarmaßnahmen sollte man – wenn überhaupt – gegen
jemanden ergreifen, dem eine echte körperliche Existenz fehlte?
Diesmal hatte der Doktor nicht zuviel versprochen. Schon
nach wenigen Sekunden erschien er vor dem Interkom.
»Sie wollten mich sprechen, Captain?«
»Ich habe Ihren Bericht gelesen«, sagte Janeway und sah, wie
sich die beiden Männer hinter dem Arzt anschickten, die
Krankenstation zu verlassen. DeShay schnitt eine Grimasse,
während er den zerrissenen Ärmel vorsichtig herunterrollte. Der
andere Mann hörte Kes zu, die ihm einen Injektor reichte.
»Er enthält keine guten Neuigkeiten«, sagte der Arzt. »Ich
hoffe, die Bedingungen auf dem Planeten sind nur halb so gut,
wie ich hörte.«
»Die Situation ist vielversprechend«, erwiderte Janeway.
»Nach den ersten Analysen zu urteilen, haben die Kirse alle
Nahrungsmittel, die wir brauchen. Doch ob wir in der Lage sind,
eine Handelsvereinbarung zu treffen, steht auf einem anderen
Blatt. Nun, Doktor, aus Ihrem Bericht geht hervor, daß sich die
Lage verschlimmert hat. Ich möchte den Grund dafür erfahren.«
Der holographische Arzt schnaubte leise. »Mangelkrankheiten
haben einen progressiven Verlauf – das ist der Grund. Hinzu
kommt, daß die Crew ungewöhnlich hohen Belastungen
ausgesetzt ist, was bedeutet: Ihr bleiben keine Reserven, wenn
die Situation noch kritischer wird.«
»Was bedeutet das für uns?« fragte Janeway, obgleich sie die
Antwort bereits ahnte.
»Es bedeutet, daß wir erhebliche Probleme haben«, entgegnete
der Doktor. »Entweder wir nehmen hier geeignete
Nahrungsmittel an Bord, oder wir schaffen es nicht bis zum
nächsten Planeten, auf dem wir unsere Vorräte erneuern
könnten.«
Die Kommandantin seufzte und nickte. »Danke, Doktor.
Janeway Ende.«
Einige Sekunden lang starrte sie auf den leeren Kom-Schirm,
wandte sich dann wieder dem Terminal zu, um erneut im
Bericht des Arztes zu lesen. Doch sie konnte sich nicht richtig
auf den Text konzentrieren, auf Buchstaben und Zahlen, die den
drohenden Tod mit mathematischen Formeln und statistischen
Angaben zum Ausdruck brachten. Sie hatte sich nicht für eine
berufliche Laufbahn bei Starfleet entschieden, um unter solchen
Umständen die Unvermeidlichkeit des Todes zu akzeptieren.
Dieser Gedanke ging ihr nicht zum erstenmal durch den Kopf,
seit die Voyager dem Beschützer begegnet war, und er
wiederholte sich jetzt, schuf neue Entschlossenheit. Früher oder
später würde sie eine Lösung finden, eine Antwort, die das
Überleben ermöglichte. Wobei das Überleben in diesem Fall
bedeutete, daß ihre Kinder dadurch die Möglichkeit bekamen,
die Voyager eines Tages in den Alpha-Quadranten
zurückzubringen.
»Captain.« Die kühle, sachliche Stimme des Computers
weckte Janeways Aufmerksamkeit. »Die gewünschten
Informationen sind in Ihr Terminal transferiert worden.«
»Danke«, sagte Janeway und war dankbar für die Ablenkung.
Erneut sah sie auf den Schirm und begann zu lesen. Die
korrelierten Daten enthielten kaum mehr Informationen über
Thilo Revek, als sie bereits von Chakotay bekommen hatte, aber
sie las trotzdem und versuchte, die Fakten über Reveks
Werdegang zu einem Bild zusammenzufassen. Es gab nur wenig
Konkretes, doch nach der Lektüre zweifelte Janeway kaum
daran, daß zumindest einige der Autoren Revek nicht gemocht
hatten – ein Umstand, der Chakotays Schilderungen bestätigte.
Sie lehnte sich zurück, trank den Rest des inzwischen kalten
Kaffees und dachte an ihre eigene Begegnung mit dem
Techniker. Er hatte recht freundlich gewirkt, sogar hilfsbereit,
aber sie mußte sich eingestehen, daß sie ihm nicht ganz traute.
Was vielleicht nicht fair war. Es mochte sich um das instinktive
Mißtrauen eines Starfleet-Offiziers handeln, der es mit einer
Person zu tun bekam, die sich Autorität widersetzte. Aber
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt