Voyager 012 - Der Garten
Besser gesagt: Derzeit ist es der
Nachtgarten, während die Mondblumen blühen. So nenne ich
sie, weil ich ihren richtigen Namen nicht aussprechen kann.
Tagsüber ist dies der Brunnenhof, und glauben Sie mir: Dann
sieht er ganz anders aus.«
»Ja, das glaube ich tatsächlich«, erwiderte Janeway
beeindruckt. Ein seltsamer Duft ging von den Mondblumen aus,
erinnerte sie an Seife. Die Luft war kühl und völlig unbewegt.
Janeway legte den Kopf in den Nacken und sah das Band der
Milchstraße – ein Anblick, der nicht von den Lichtern am
Wegesrand gestört wurde.
»Eine bessere Übersetzung wäre vielleicht ›Milchblumen‹«,
sagte Unnachgiebig. »Immerhin stehen sie mit dem Galaxis-
Schatten in Zusammenhang, den Sie ›Milchstraße‹ nennen, wie
ich von Revek erfuhr. Er hat mir auch mitgeteilt, daß Milch
immer weiß ist.«
»Sie blühen nur in einer Nacht«, meinte Revek. »Dann
verwelken sie, um in der nächsten Nacht von einer anderen
Blume ersetzt zu werden. Morgens, bevor die Kehrer kommen,
bilden die Blütenblätter hier eine mehrere Zentimeter dicke
Schicht.«
Janeway musterte ihn und wußte nicht recht, was sie antworten
sollte.
Revek wandte sich an Unnachgiebig. »›Milchblumen‹ wäre
vielleicht richtiger, aber es klingt nicht so gut.«
»Hier speisen wir«, verkündete Unnachgiebig.
Der Pfad endete an einem runden, gepflasterten Bereich, der
das gleiche windrosenartige Muster aufwies wie der Brunnen.
Tische wanderten heran, gefolgt von Sitzbänken und einer
hohen, dünnen Säule auf Rädern. Es standen bereits Teller und
Schalen bereit, doch mechanische Hände hielten sie fest.
Janeway beobachtete, wie die Tische einen Halbkreis formten
und die Säule ins Zentrum glitt. Arme wuchsen aus ihr, bildeten
anmutige geschwungene Bögen. Fadenförmige Gebilde gingen
davon aus und verschwanden im Boden. Wenige Sekunden
später glitten weitere glühende Lichter daran entlang,
geisterhafte Funken, die erstaunlich hell leuchteten. Janeway
schnappte unwillkürlich nach Luft und hörte, wie Chakotay
etwas murmelte.
»Captain…« Unnachgiebig deutete auf den am weitesten
entfernten Tisch. »Lassen Sie uns speisen.«
Janeway folgte ihm zu dem Tisch und nahm vorsichtig auf
einer der Sitzbänke Platz. Sie schien vollkommen stabil zu sein,
aber nach den jüngsten Beobachtungen rechnete ein Teil der
Kommandantin damit, daß sich die Bank wieder in Bewegung
setzte. Eine metallene Hand hob sich vom Tisch, glänzte rosarot
und goldgelb im Schein der funkelnden Lichter. Sie nahm den
Deckel von der nächsten Schale, und Janeway bemerkte einen
überraschend vertrauten Duft: Es roch nach Knoblauch,
Zwiebeln und terranischem Gemüse. Ihr lief sofort das Wasser
im Mund zusammen. Eine zweite, kleinere Hand – ihre Form
erinnerte an eine Schöpfkelle, so wie die Hände der Geschöpfe
in den Gärten – schob die Schale näher. Janeway griff nach
ihrem Löffel, doch Unnachgiebig hielt sie zurück.
»Wenn Sie gestatten, Captain…«
»Danke.« Janeway beobachtete, wie der Kirse ihren Teller mit
Gemüse füllte. Sie fragte sich, ob die Tradition verlangte, daß
sie ihn ebenfalls bediente. Doch Unnachgiebig nahm sich selbst
eine Portion, und aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich dieser
Vorgang an den anderen Tischen wiederholte.
Unnachgiebig ließ die Schale los, und eine weitere kleine
Hand schob sie Revek entgegen. Eine andere Schüssel,
bronzefarben und mit silbernen Streifen versehen, kam nach
oben und marschierte Janeway auf zwei verblüffend
menschlichen Füßen entgegen. Ihr Inhalt – große, dunkelrote
Körner – schwappte dabei von einer Seite zur anderen, ohne daß
etwas über den Rand spritzte.
»Thilo mag dies sehr gern«, sagte Unnachgiebig. »Ich halte
nicht viel davon, aber vielleicht gefällt es Ihnen.«
»Es ist getrocknetes Baumgummi«, erklärte Revek. »Der
Geschmack liegt irgendwo zwischen Zitrone und Pfeffer. Ich
fand die hiesigen Speisen zunächst ein wenig fade.«
»Danke«, sagte Janeway und fragte sich, ob diese Spezialität
extra für Revek bestimmt war. Sie nahm einen Löffel davon,
und anschließend wanderte die Schale zu dem Mann, der sich
eine großzügigere Portion genehmigte.
»Es gibt auch Wein«, meinte Revek. »Aber er ist ziemlich
stark.«
Er deutete auf ein hohes Glas, das neben Janeways Teller
stand und eine gelbe Flüssigkeit enthielt, in der kleine Blasen
emporstiegen. Sie trank einen Schluck – und hob beide
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