Voyager 018 - Seven of Nine
wieder alles in Ordnung mit mir sein.«
14
Harry Kim wusste nicht, was er sagen sollte, als er neben Seven
ging. Mitgefühl zum Ausdruck bringende Worte wie ›Es wird
bestimmt alles gut‹ und ›Ich weiß, was Sie durchmachen‹
erschienen ihm zumindest abgedroschen, wenn nicht gar
gelogen. Er wusste nicht, ob für Seven tatsächlich alles gut
wurde, und außerdem fehlten ihm klare Vorstellungen davon,
was sie durchmachte.
Eigentlich sollte sie in der Krankenstation sein, aber der
Doktor hatte alle Hände voll zu tun und darauf auch sehr
deutlich hingewiesen, als Kim mit Seven eintraf. Übertrieben
waren seine Bemerkungen gewiss nicht. Nach dem Kampf
gegen die Ku warteten viele Verletzte auf Behandlung.
Der holographische Arzt hatte Seven Regeneration und
anschießend eine gute Mahlzeit verschrieben, und deshalb
waren sie unterwegs zum Alkoven in Frachtraum Zwei. Kim
suchte vergeblich nach Worten, um Seven ein wenig Trost
zuzusprechen.
»Sie ist nicht mehr da«, sagte sie.
Kim drehte den Kopf. »Was? Wen meinen Sie?«
»Annika Hansen.« Seven hob den Blick und sah ihn kurz an,
bevor sie wieder auf den Korridorboden starrte. »Eine Zeitlang
war sie hier, um all das zu sein, was ich bin. Aber jetzt ist sie
wieder verschwunden.«
Kim zuckte unsicher mit den Schultern. »Nun… Wenn Ihre
Erinnerungen als Seven of Nine zurückkehren, so sind Sie
natürlich mehr als nur Annika Hansen.«
»Sie verstehen nicht.« Ihr Stimme klang scharf, und es gab
einen Unterton in ihr, den Kim nicht zu deuten wusste. »Die
Leute mochten sie. Mich mag niemand.«
Sofort wurde dem Fähnrich klar, was es zu sagen galt. »Das
stimmt nicht, Seven. Wir alle mögen Sie. Sie gehören zu uns.«
Wieder ein rascher, fast verstohlener, scheuer Blick. »Ich
glaube Ihnen nicht. Überall treffe ich auf Ablehnung und sogar
Furcht. Vielleicht habe ich aufgrund meiner Leistungen ein
wenig Respekt gewonnen. Oder vielleicht auch nicht. Ich bin
eine Borg, und das kann niemand vergessen. Nicht einmal ich
selbst, nicht einen einzigen Tag lang.«
»Sie waren eine Borg«, korrigierte Kim. »Aber jetzt sind Sie es nicht mehr. Sie sind Seven of Nine, eine wahrhaft
einzigartige und besondere Person.«
Seven blieb stehen und wandte sich dem Fähnrich zu. »Sie
geben keinen guten Lügner ab, und deshalb sollten Sie nicht
versuchen, auf derartigen Unwahrheiten zu beharren. Sie haben
Annika Hansen kennen gelernt. Gefalle ich Ihnen besser als
sie?«
Kim spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Die Frage
ließ sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten,
und einmal mehr suchte er nach Worten. Die Lippen formten ein
humorloses Lächeln.
»Ich habe es nicht anders erwartet. Annika übte einen größeren
Reiz auf Sie aus.«
»Sie verstehen nicht, Seven. Annika wies größere Ähnlichkeit
mit uns auf, was uns den Umgang mit ihr erleichterte. Sie
hingegen stellen eine Herausforderung für uns dar. Aber das
bedeutet nicht, dass Sie keine liebenswerte Person sind, auch
wenn Sie sich Seven of Nine und nicht Annika Hansen nennen.«
»Eine liebenswerte Person.« Sie dachte über diesen Ausdruck
nach. »Vage, und doch einschränkend. Was ist eine liebenswerte
Person, Fähnrich? Bin ich eine? Oder Sie? Oder die Skedaner?
Oder die Tuktak?«
Ihre Stimme klang noch schärfer, und Kim spürte, wie sich
Ärger in ihm regte. »Das sind Wortklaubereien, Seven.«
»Worte dienen der Kommunikation. Warum sollte ich nicht
über die Bedeutungsnuancen bestimmter Ausdrücke
nachdenken?«
Kim runzelte die Stirn. »Sie legen es auf eine verbale
Auseinandersetzung an, aber darauf lasse ich mich nicht ein.«
Vor ihnen öffnete sich die Tür des Frachtraums. »Ich bin gern
bereit, mit Ihnen über die Bedeutung von Worten zu reden,
Seven. Mir ist jedes Thema recht, denn es gefällt mir, mit Ihnen
zu sprechen. Das sollten Sie inzwischen wissen. Ich bin Ihr
Freund. Aber derzeit… sind Sie nicht ganz Sie selbst, und unter
solchen Umständen haben derartige Gespräche kaum einen
Sinn. Da ist Ihr Alkoven. In drei Stunden kehre ich zurück und
führe Sie zum Speiseraum, in Ordnung?«
Seven sah ihn an, und ihre Miene blieb dabei maskenhaft starr.
Dann nickte sie knapp, trat in den Alkoven, brachte ihren
Körper in die richtige Position und schloss die Augen.
Kim beobachtete sie einige Sekunden lang. Sie war tatsächlich
etwas Besonderes und Einzigartiges – er hatte den
entsprechenden Hinweis ernst gemeint. Was
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