Voyager 018 - Seven of Nine
präsentierten ein kaltes Grau.
»Ist er tot?«, fragte Janeway.
Tamaak Vriis, begleitet von Shemaak, trat in ihr Blickfeld.
»Nein«, erwiderte er, und Erschöpfung ließ seine Stimme
vibrieren. »Aber er ist übergeschnappt. In einigen Jahren erholt
er sich vielleicht, doch derzeit stellt er für niemanden eine
Gefahr dar. Sie haben den Tod meines Volkes gehört, Captain.
Er erlebte ihn direkt.«
Eine alte Redensart fiel Janeway ein: Die Strafe soll dem
Verbrechen angemessen sein. Sie hatte Tamaak Unrecht getan, als sie ihn bereit glaubte, Tausende von Unschuldigen zu töten.
Die Waffe, an die jetzt nur noch einige Glassplitter erinnerten,
war für eine Person bestimmt gewesen: Beytek hatte das von
ihm selbst verursachte Leid zahlloser Skedaner fühlen sollen.
Selbst wenn Janeway vorher Bescheid gewusst hätte: Sie wäre
trotzdem nicht bereit gewesen, Tamaak die Benutzung der
Waffe zu erlauben. Ihrer Meinung nach musste Gerechtigkeit
auf Gesetzen basieren und durfte sich nicht allein auf
Vergeltung berufen.
Dennoch fühlte auch sie eine tiefe Zufriedenheit.
Tamaak hob die Hände zur universellen Geste der Kapitulation
und wandte sich an Xanarit. »Ich finde mich mit jeder Strafe ab,
die Sie beschließen. Das gilt für alle Angehörigen meiner
Gruppe. Unser Lebenszweck hat sich gerade erfüllt.«
Xanarit wirkte sehr mitgenommen. Seine Augenbeutel
verfärbten sich grün, als er den Kopf schüttelte.
»Nein. Wir haben Ihrem Volk Unrecht getan, Tamaak Vriis.
Mir ging es darum, Ihnen in aller Öffentlichkeit eine Begegnung
mit dem Imperator zu ermöglichen, aber ich wusste nicht… «
Seine Stimme verklang, und sein Blick wanderte zu Beytek.
»Sie steckten dahinter«, hauchte Janeway, als sie Xanarit
musterte und plötzlich verstand. »Sie haben uns vor den Ku
gerettet und zu einer Audienz beim Imperator verholfen. Sie
meinten, wir… wir hätten Freunde auf Lhiaari.«
Xanarit nickte. »Ja, Captain Janeway. Ich wusste, wer Sie sind
und wer sich an Bord Ihres Schiffes befand. Bitte entschuldigen
Sie die List, aber innerhalb so kurzer Zeit sah ich keine andere
Möglichkeit, Gerechtigkeit walten zu lassen. In dem Raum unter
der Bühne fand keineswegs eine private Audienz statt. Ich habe
dafür gesorgt, dass alle Bürger des Reiches sehen und hören
konnten, was während Ihrer Begegnung mit dem Imperator
geschah. Ich wusste, dass Sie Beytek auf den Verrat am
skedanischen Volk ansprechen wollten, und ich wusste auch,
dass er sein Verbrechen gestehen würde. Es ging mir darum, ihn
bloßzustellen, ihn letztendlich zur Verantwortung zu ziehen…
Nun, was geschehen ist, ist geschehen. Beytek kann die
Regierungsgeschäfte nicht mehr wahrnehmen, und als
Oberhaupt der Iora muss ich an seine Stelle treten.«
Er wandte sich der jetzt stillen Menge zu. Die Aufzeichnungsund Übertragungsgeräte liefen noch immer – Milliarden von Personen beobachteten Xanarit und hörten ihn.
»Imperator Beytek lebt noch«, sagte er mit klarer, fester
Stimme. Er stand gerade, in eine Aura der Aufrichtigkeit
gehüllt. »Was wir eben erlebt haben, geht auf die telepathischen
Projektionen des Skedaners Tamaak Vriis zurück. Wir alle
wurden Zeugen des Todes von Abermillionen Personen.
Imperator Beytek, der für all das Leid die Verantwortung trägt,
hat jenes Entsetzen unmittelbar erfahren, und es brachte ihn um
den Verstand.
Den Skedanern geschah ungeheuerliches Unrecht. Zwar bin
ich nicht mit der Methode einverstanden, mit der sie Vergeltung
übten, aber meine erste Amtshandlung als vorläufiger Imperator
besteht darin, die Iora um eine Begnadigung zu bitten.«
Wie beschwörend streckte Xanarit der Menge die Arme
entgegen. Die Stille wich ersten Geräuschen. Es ertönte nicht
das Knurren von Unzufriedenheit, sondern das Murmeln von
Zustimmung. Janeway beobachtete, wie die Anspannung aus
Xanarits Schultern wich. Er teilte die Wünsche seines Volkes,
eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, ein guter
Regierungschef zu sein.
»Es gibt einige wenige Skedaner, die Beyteks Verrat
überlebten. Ich spreche sicher für alle Lhiaari, wenn ich sage:
Wir heißen sie mit blauen Augenbeuteln auf unserer Heimatwelt
willkommen. Und wir werden alles tun, um das Überleben Ihres
Volkes zu gewährleisten, Tamaak. Beytek traf seine
Entscheidung, die Skedaner im Stich zu lassen, ohne das Wissen
der Iora, und damit brachte er Schande übers ganze Reich. Wir
stehen tief in ihrer Schuld und werden
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