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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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beruflich.»
    «Tatsächlich? Ich hatte keine Ahnung, dass Sie in dieser Branche tätig sind. Ich habe einen Antiquitätenladen in Hampstead,
     deswegen bin ich heute Abend hier. Normalerweise komme ich nicht zu Auktionen in die Stadt. Meiner Meinung nach kann man in
     der Provinz viel bessere Schnäppchen machen, aber diese Auktion wollte ich mir nicht entgehen lassen, und wenn nur, um
     zu sehen, welche Dinge versteigert werden. Und später kommt ein ziemlich hübsches kleines Puppenhaus dran, auf das ich bieten
     will. Bestimmt habe ich keine Chance, es zu kriegen, auf jeden Fall nicht bei den Preisen, die die Sachen bisher erzielt
     haben, aber man weiß ja nie. Sind Sie wegen etwas Speziellem hergekommen?»
    Sie hatte die beunruhigende Angewohnheit, mich beim Reden direkt anzustarren. Außerdem rückte sie mir viel zu sehr auf die
     Pelle. Es kostete mich Mühe, nicht zurückzuweichen. «Ein Ölgemälde.»
    «Haben Sie es bekommen?»
    «Nein.»
    «Ach je. Aber ärgern Sie sich nicht. Sind Gemälde zufällig Ihr Spezialgebiet?»
    «Ich bin Kunsthändler.»
    Sie schaute erstaunt. «Tatsächlich? Herrje, und da plappere ich über Antiquitäten. Sie müssen mir verzeihen, ich hatte einfach
     angenommen, wir wären in der gleichen Branche.» Sie lachte. «Typisch, ich ziehe wieder voreilige Schlüsse. Haben Sie eine
     Galerie? Wahrscheinlich ja, oder?»
    «Sie ist nicht weit vom West End.»
    «West End   … lassen Sie mich überlegen. Ist sie vielleicht |64| in der Nähe dieser edlen, teuren, die einfach nur ‹Die Galerie› heißt? Das ist die einzige, die ich dort kenne.»
    «Genau die ist es.»
    Sie starrte mich an. «Ach, wirklich? Mir war nicht klar, dass Sie etwas damit zu tun haben.» Ich erinnerte mich, dass ich
     meinen Namen und meine Adresse auf einen Zettel geschrieben hatte, anstatt ihr eine Visitenkarte zu geben. «Eine Freundin
     von mir hat vor ungefähr zwei Jahren ein Aquarell bei Ihnen gekauft. Holländisch, glaube ich. Neunzehntes Jahrhundert. Der
     Name ist mir entfallen.»
    «Leider   …»
    «Nein, natürlich werden Sie sich nicht mehr daran erinnern. Aber das zeigt mal wieder, wie klein die Welt ist, oder?»
    Offenbar zu klein. Ich schaute auf meine Uhr. «Entschuldigen Sie, aber ich muss   …»
    «Tut mir leid, ich wollte Sie nicht aufhalten. Ich gehe lieber wieder rein. Ich will ja das Puppenhaus nicht verpassen.»
    «Richtig», stimmte ich zu und begann mich zu entfernen.
    Sie streckte ihre Hand aus. «Also, ich freue mich, dass ich Sie getroffen habe, Mr.   Ramsey. Hoffen wir, dass die Versicherungen nicht zu lange brauchen, um alles zu klären. Und wenn ich das nächste Mal in
     der Nähe bin, schaue ich in Ihrer Galerie vorbei.»
    «Ja, tun Sie das.» Nachdem ich mich verabschiedet hatte, eilte ich davon, ehe sie noch etwas sagen konnte.
    Ich war so froh, ihr entkommen zu sein, dass es mir nicht in den Sinn kam, sie könnte tatsächlich meinen, was sie gesagt
     hatte.
     
    *
     
    |65| Es war eine Woche der Überraschungen. Zeppo hatte angerufen, dieses Mal in etwas ruhigerer Stimmung, und gesagt, er würde
     Donnerstag in der Galerie vorbeikommen. Aber Anna kam unseren Plänen zuvor. Sie war die ganze Woche ziemlich still gewesen.
     Eigentlich seit meiner Party. Ich fühlte mich nicht selbstsicher genug, um sie nach dem Grund zu fragen. Am Mittwochmorgen
     erzählte sie es mir dann.
    Sie wirkte verlegen, als sie mich fragte, ob sie kurz mit mir sprechen könne. «Selbstverständlich», sagte ich. «Ist es
     etwas Wichtiges?»
    «Äh, ja, ich glaube schon.» Eine Röte hatte sich von ihrem Gesicht bis zum Hals ausgebreitet. Ich versuchte, nicht auf
     die Stelle zu starren, wo sie unter der Bluse verschwand. «Ich werde hier aufhören.»
    Die Worte trafen mich wie ein Schlag. Da ich gedacht hatte, dass sie es mir erst in einigen Wochen sagen würde, war mein
     erster Gedanke, dass sie noch früher gehen wollte, als ich erwartet hatte.
    «Oh. Und wann?»
    Anna wirkte unsicher. «Das hängt im Grunde von Ihnen ab. Ich werde mit Marty nach Amerika gehen. Nach New York. Es ist noch
     zwei Monate hin, aber ich dachte, ich sollte es Ihnen gleich sagen, damit Sie Zeit haben, einen Ersatz zu finden. Ich
     würde gern so lange bleiben, wie ich kann», fügte sie schnell hinzu, «aber wenn Sie wollen, dass ich sofort aufhöre,
     kann ich das auch verstehen.»
    Durch die Erleichterung wirkte meine Reaktion ungezwungen. «Meine liebe Anna, das ist doch wunderbar! Für einen schrecklichen
    

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