Voyeur
habe einen tieferen Beweggrund.»
«Das klingt faszinierend.»
«Nichts weiter Spektakuläres. Gestern haben mich ein paar Freunde angerufen und sich fürs nächste Wochenende angemeldet. Deshalb
dachte ich, ich könnte noch ein paar Leute zum Abendessen einladen, die mir für eine Weile die Last abnehmen, sie zu unterhalten.
Hätten Sie vielleicht Lust zu kommen?»
Ich wollte mich gerade herausreden, als Anna mit meinem Kaffee zurückkam. Bevor ich antworten konnte, sagte |75| Miriam: «Ich wollte auch Anna und ihren Freund fragen – Zeppo, richtig?»
Für einen Moment trat Stille ein. Miriam hatte die beiden offensichtlich zusammen auf der Party gesehen und die falschen Schlüsse
gezogen. Zeppo lächelte.
«Der Name stimmt, aber leider bin ich nicht Annas Freund.»
«Ach so, entschuldigen Sie, ich dachte …» Miriam wurde rot. Anna und Zeppo lächelten sich an.
«Schon in Ordnung. Sie haben auch meinen Freund kennengelernt, aber nur kurz. Er heißt Marty.» Auch Annas Wangen hatten etwas
Farbe bekommen, eine Röte, die ihren Hals hinabwanderte.
«Ach ja, natürlich, wie dumm von mir», sagte Miriam affektiert. «Also, wenn Sie und Marty kommen möchten, dann sind Sie
herzlich eingeladen. Und Sie natürlich auch, Zeppo.»
Zeppo sah amüsiert aus. «Danke, ich komme gern.»
Ich folgte seinem Beispiel. «Ich auch. Miriam ist eine ausgezeichnete Köchin.» In Wirklichkeit war sie alles andere als das,
aber Anna und Zeppo erneut zusammenzubringen war es mir wert, eine Magenverstimmung zu riskieren.
Miriam lachte. «Das ist sehr nett von Donald, aber ich werde mich tatsächlich bemühen, Sie nicht zu vergiften. Werden Sie
und Marty kommen können, oder haben Sie schon etwas anderes vor?»
Ich hoffte, dass Anna die Einladung annahm. «Nein, ich glaube nicht», sagte sie. «Vielen Dank.»
Ich schaute Zeppo an. Er hielt meinem Blick einen Moment stand, ehe er wegschaute.
Anscheinend war das Schicksal auf unserer Seite.
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|76| Kapitel 5
Die Dinnerparty war eine reine Katastrophe. Miriam schien ihre Gäste mit der gleichen verwegenen Experimentierfreude ausgewählt
zu haben, mit der sie ihr Haus eingerichtet hatte. Die schöne, alte viktorianische Villa war durch die Kombination von zeitgenössischem
Mobiliar mit einem eher strengen, modernistischen Stil verschandelt worden. Bauhausstühle standen neben vertäfelten Türen,
und unter dem originalen Wand- und Deckenstuck hing grelle Designerkunst.
Die Gäste passten genauso schlecht zusammen, und sobald ich sah, dass kurzgeschorene Haare, schlampige Kleidung und Brillen
mit Drahtgestell überwogen, wusste ich, dass wir unter Vegetarier geraten waren. Zu allem Überfluss durften Anna, Marty,
Zeppo und ich nicht nebeneinandersitzen. Mit der Gestaltungslust einer Innenarchitektin hatte Miriam jeden Gast abseits von
Freunden und Partnern platziert, womit sie offensichtlich das Gespräch anregen wollte. Tatsächlich wurde es dadurch völlig
erstickt.
Der Abend quälte sich mit gezwungenem Smalltalk über den beklagenswerten Zustand des Landes, der Straßen und des Wetters
dahin. Erst als das Gespräch auf eine Fernsehdokumentation über Massentierhaltung kam, wurde es etwas |77| angeregter. Eine Frau, die sich vielleicht durch seine Lederhose und -jacke provoziert fühlte, versuchte, den bis dahin
schweigenden Zeppo in die Diskussion zu ziehen, indem sie ihn fragte, wie er sich so etwas anschauen und immer noch Fleisch
essen könne. «Sie haben den Film doch gesehen, oder?», fragte sie.
Er nippte an seinem Wein und lächelte. «Ja. Danach war ich so hungrig, dass ich zu McDonald’s gehen musste.» Die anderen
lachten nervös und schienen unschlüssig zu sein, ob sie die Bemerkung als Witz oder als Taktlosigkeit verbuchen sollten.
Das Gespräch wandte sich harmloseren Themen zu. Nachdem wir Kaffee und Käseplatte überstanden hatten, war es spät genug,
um ohne Gewissensbisse aufzubrechen, was bei jedem große Erleichterung hervorrief. Als die Mäntel von der Garderobe geholt
wurden, kam Zeppo zu mir.
«Was für eine verfluchte Zeitverschwendung», brummte er. Nur ich war in Hörweite.
Ich musste ihm zustimmen. Aber es behagte mir nicht, die gute Gelegenheit verstreichen zu lassen. «Es ist noch ziemlich früh.
Wir können noch woanders hingehen.»
Zeppo schüttelte den Kopf. «Vergiss es. Mein wohlverdienter Samstagabend ist so schon fast hin. Ich habe Besseres zu tun.»
Der Abend und die
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