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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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ich habe mich nur gefragt. Ich habe gestern mit |87| einer Person gesprochen, die ihn kennt. Oder jedenfalls kannte.»
    «Wer denn?»
    «Eine alte Freundin von mir. Zeppo war eine Weile mit ihrer Nichte zusammen.»
    Ich war erleichtert. Was auch immer sie wusste, es war nicht die gleiche Information, die ich hatte. Das wäre katastrophal
     gewesen. «Ich nehme an, sie hat Ihnen etwas über ihn erzählt?»
    «Allerdings. Ihrer Meinung nach ist er ein echtes Scheusal. Er hat ihrer Nichte das Leben zur Hölle gemacht. Ist mit ihr umgesprungen,
     wie er wollte, und hat ihr sogar offen erzählt, dass er andere Frauen trifft. Fürchterlich. Schließlich hat das dumme Ding
     gedroht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Damit wollte sie ihm wahrscheinlich Angst einjagen. Am nächsten Tag bekam sie
     ein Päckchen. Eine Packung Rasierklingen in einer roten Samtschatulle.»
    Ich schaute automatisch zu Anna. Sie sah schockiert aus. «Sie hat sie aber nicht benutzt, oder?»
    «Nein, Gott sei Dank. Als er das getan hat, kam sie zur Besinnung. Ihr wurde klar, was für ein Scheißkerl er ist, und
     da hat sie sich zusammengerissen.»
    «Vielleicht ist er bloß ein scharfsinniger Kenner der menschlichen Natur», sagte ich, wütend auf sie. «Ihre Reaktion war
     vielleicht genau das, was er beabsichtigt hat.»
    Miriam war nicht überzeugt. «Könnte sein, aber meine Freundin bezweifelt es. Und selbst wenn, er ist ein höllisches Risiko
     eingegangen.»
    Sie plapperte weiter, aber was sie hatte loswerden wollen, war sie losgeworden: einerseits eine Entschuldigung, andererseits |88| eine persönliche Diffamierung. Nachdem sie gegangen war, wandte ich mich an Anna.
    «Das über Zeppo hat mich ziemlich überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass er der Typ für so etwas ist.»
    «Nein, ich auch nicht. Aber da sieht man mal wieder, dass man sich nie sicher sein kann.»
    Ich beschäftigte mich mit einem Katalog. «Wenn es wirklich so passiert ist. Miriams Geschichten waren schon immer ein bisschen
     zweifelhaft, und eine Version aus dritter Hand von irgendeiner Tante ist wohl kaum die verlässlichste Quelle. Ich bin mir
     sicher, dass Zeppo so etwas niemals tun würde.» Ich schwieg, um nicht Gefahr zu laufen, ihn zu sehr zu verteidigen. Am
     besten, ich hakte die ganze Sache einfach ab. Ich schlug den Katalog zu. «Wie auch immer, wenn ihr Kunstgeschmack in die
     Richtung von Miriams ging, könnte ich es ihm nicht einmal verdenken.»
    Wir lachten.
     
    *
     
    Das zweite Gerücht kam von Zeppo und war wesentlich ermutigender. Seit Samstag hatte ich nichts mehr von ihm gehört, und
     ich vermutete, sein Schweigen war ein Zeichen dafür, wie sehr er an seinem Gesichtsverlust zu knabbern hatte. Doch ich nahm
     an, dass er bis Mitte der Woche seine Wunden genug geleckt haben müsste, um wieder mit mir zu sprechen.
    «Hier ist Donald», sagte ich, als er ans Telefon ging. «Ich habe versucht, dich zu erreichen.» Ich bemühte mich, meine
     Stimme neutral zu halten.
    «Ich war unterwegs. Das darf ich doch, oder?»
    |89| «Natürlich. Ich habe mich nur gefragt, wo du steckst. Ich versuche seit Tagen, dich zu erwischen.»
    «Jetzt hast du mich ja erwischt. Wo ist das Problem?»
    «Das Problem ist, dass ich es in Zukunft begrüßen würde, wenn du mir wenigstens Bescheid sagst, falls du vorhast, Urlaub
     zu machen.» Ich hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt, mit ihm zu streiten, aber so wollte ich nicht mit mir reden lassen.
    «Oh, tut mir sehr leid. Was hättest du gerne? Morgen früh eine schriftliche Entschuldigung auf deinem Schreibtisch? Mit Nachsitzen
     für Rechtschreibfehler?»
    «Es besteht kein Grund, sarkastisch zu werden.»
    «Dann hör auf, so zu tun, als würde ich dir gehören, verdammte Scheiße! Wenn ich für einen Tag oder zwei Tage oder einen
     Scheißmonat wegfahren will, dann werde ich es tun, und ich habe keine Lust, dass du mir hinterherschnüffelst! Klar?»
    Sein Aufbrausen erstaunte mich. «Darf ich daran erinnern, dass ich dich bezahle?»
    «Du bezahlst mich für einen Job, und den mache ich. Ich muss mich von dir nicht auch noch anscheißen lassen. Wenn du den
     großen Boss spielen willst, kann dir jemand anders dabei helfen, deiner Freundin an die Wäsche zu gehen. Falls du jemanden
     findest. Verstanden?»
    Ich holte tief Luft. Mir war klar, dass dies nur Zeppos Art war, sich nach Samstag wieder Geltung zu verschaffen. Am besten,
     ich ließ es über mich ergehen. Ich hatte immer noch einen Trumpf in der Hand, von

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