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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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anderes als auf die zunehmend langsamere Bewegung der Zeiger meiner Uhr
     konzentrieren.
    Dann waren von der Stunde plötzlich nur noch fünfzehn Minuten übrig. Die Zeit, die erst dahingeschlichen war, schien nun
     zu rasen, und ich wurde mit jeder Minute nervöser. Mein Magen begann zu rumoren. Ich ging in mein Büro, nahm eine Verdauungstablette,
     und während ich sie zerkaute, hörte ich unten die Tür.
    Ich schaute auf die Uhr. Sie kamen früh zurück. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was es bedeuten könnte, und zwang
     mich, die Treppe in vernünftiger Geschwindigkeit hinunterzugehen. Ich war so überzeugt, dass es Anna sein musste, dass
     ich völlig sprachlos war, als ich in die Galerie kam und eine andere Person dort stehen sah.
    Sie drehte sich zu mir um. «Hallo», sagte sie. Es war die Frau, die mir mit ihrem Range Rover den Wagen kaputtgefahren hatte.
    «Entschuldigen Sie, habe ich Sie gestört?», fragte sie mit besorgter Miene. Ich rang mir ein Lächeln ab.
    «Nein, überhaupt nicht. Entschuldigen Sie, ich war nur   …» Kein Wort bot sich an, und ich ließ den Satz unvollendet. Zum Glück war sie kein Mensch, der unangenehme Pausen ertragen
     konnte.
    «Ich war gerade in der Gegend, und da dachte ich, ich schaue mal vorbei und gucke, wie es Ihnen geht. Ich hoffe, Sie haben
     nichts dagegen?»
    «Nein, überhaupt nicht», sagte ich. Ich hatte mich wieder |97| erholt. «Ich war nur ein bisschen überrascht, das ist alles. Angenehm», fügte ich hinzu und lächelte ein bisschen natürlicher.
    «Tut mir leid, dass ich Sie enttäusche, wenn Sie einen Kunden erwartet haben. Aber wer weiß, vielleicht entdecke ich ja
     etwas. Vorausgesetzt, ich kann es mir leisten», meinte sie lachend.
    «Äh, ja   …», begann ich, doch sie war bereits zum nächsten Gemälde gegangen.
    «Oh, das ist aber ganz hübsch, oder? Von wem ist es?»
    «Flint.»
    Sie betrachtete es mit zur Seite geneigtem Kopf. «Ich kann nicht behaupten, schon mal von ihm gehört zu haben, aber Gemälde
     sind auch nicht meine Stärke. Ich weiß, wenn mir etwas gefällt, aber das war’s dann auch schon. Wie viel kostet es.»
    Ich sagte es ihr.
    «Meine Güte!» Sie lachte. «Na ja, da merkt man wenigstens, dass ich einen guten Geschmack habe. Doch, es ist wirklich ziemlich
     schön.» Sie starrte es noch eine Weile an und drehte sich dann abrupt zu mir um. «Und, wie geht es Ihnen?»
    «Gut, danke.» Da ich mich noch fragte, was der Grund für ihren Besuch war, hätte ich fast vergessen zu erwidern: «Und Ihnen?»
    «Ach, ich kann mich nicht beschweren. Na ja, ich könnte schon, aber es macht eh keinen Sinn, oder?» Ich lächelte höflich.
     Sie schaute sich in der Galerie um. «Ich muss schon sagen, Sie haben ein paar wundervolle Stücke. Ich mag eher einen traditionellen
     Stil. Mit diesem modernen Zeug kann ich nicht viel anfangen.»
    |98| «Ich auch nicht», sagte ich, irgendwie besänftigt.
    «Meine Tochter studiert an der Kunsthochschule. Ein talentiertes Mädchen, aber einige ihrer Arbeiten lassen mich eiskalt.
     Ich sage ihr immer: ‹Warum malst du die Dinge nicht so, wie sie sind, Susan? Es laufen genug von diesen überspannten Kunststudenten
     herum, die abscheulichste Schmierereien auf die Leinwand bringen›, aber glauben Sie, sie hört auf mich?» Sie breitete hilflos
     ihre Arme aus. «Na ja, was soll man machen? Heutzutage wollen sie alle ein ‹Statement› abgeben. Wahrscheinlich bin ich altmodisch,
     aber mir gefallen Gemälde, auf denen man etwas erkennt. Wenn ein Künstler Talent hat, warum soll er es dann verstecken?»
    Da konnte ich ihr nur zustimmen. Aber bevor ich etwas sagen konnte, hatte sie das Thema bereits abgehakt. «Wie sieht es übrigens
     mit Ihrem Wagen aus?»
    Mir fiel es schwer, hinterherzukommen. «Äh, er ist   … Ich habe ihn gerade von der Werkstatt abgeholt.»
    Sie strahlte. «Wirklich? Ach, schön.» Sie kam auf mich zu. «Und was ist mit der Versicherung? Haben Sie schon etwas gehört?»
    Ich bemühte mich, nicht zurückzuweichen, als sie näher kam. «Nein, noch nicht, aber   …»
    «Ich auch noch nicht. Vorgestern habe ich angerufen, um ihnen mal ein bisschen Feuer unterm Hintern zu machen. Wenn sie Geld
     von einem haben wollen, kann es nicht schnell genug gehen, aber wenn sie etwas auszahlen müssen, dauert es eine Ewigkeit,
     oder?»
    «Ja, wahrscheinlich.» Ich blieb standhaft stehen, als sie direkt vor mir war. Ihr Parfüm war im Gegensatz zu Annas feinem
     Duft widerlich und

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