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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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mittlerweile irgendeine Ahnung, wo er sein könnte?»
    «Nein, überhaupt keine.» Sie starrte auf die Tischplatte. «Ich verstehe es einfach nicht. Er würde niemals weggehen, ohne
     mir Bescheid zu sagen. Er hätte eine Nachricht dagelassen oder so. Und er würde mit Sicherheit nicht so lange wegbleiben,
     ohne mich anzurufen.»
    «Könnte er jemand anderem Bescheid gesagt haben?»
    «Keiner, den ich bisher angerufen habe, weiß etwas. Mit seinen Eltern habe ich noch nicht gesprochen, aber ich kann mir
     kaum vorstellen, dass Marty denen irgendetwas sagt. Außerdem weiß ich sowieso nicht, wie ich sie erreichen kann. Ihre Nummer
     steht in seinem Adressbuch, und er hat es immer bei sich.»
    Das wusste ich. Ich hatte es Zeppo gegeben, damit er es verbrennt. «Ich möchte mich nicht in Ihre Angelegenheit einmischen,
     aber können Sie sich einen Grund vorstellen, warum er verschwunden ist?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Das ist es ja, mir fällt keiner ein! Wir hatten ja keinen Streit oder so. Als ich ihn das letzte
     Mal angerufen habe, sagte er zum Schluss, dass er mich vermisst.» Mit einem Mal bedeckte sie ihr Gesicht. «O Gott, ich
     bin so durcheinander!»
    Genauso plötzlich fasste sie sich wieder. Sie rieb sich die Augen. «Tut mir leid.»
    |179| Ich bot ihr verlegen mein Taschentuch an. «Hier. Es ist sauber.»
    «Nein, schon gut. Alles in Ordnung, wirklich.» Wie zum Beweis schenkte sie mir ein zittriges Lächeln. «Ich weiß nur nicht
     mehr, was ich denken soll. In einem Moment möchte ich ihn umbringen, im nächsten bin ich mir sicher, dass ihm etwas zugestoßen
     ist. Ich drehe mich die ganze Zeit im Kreis.»
    Ich nickte mitfühlend. «Wird die Polizei etwas unternehmen?»
    «Sie haben bereits alle Krankenhäuser überprüft, aber in letzter Zeit ist niemand eingeliefert worden, der Martys Beschreibung
     entspricht. Na ja, das ist immerhin etwas. Im Moment führen sie ihn lediglich als Vermissten, sie halten also an Flughäfen
     und Bahnhöfen und solchen Orten ein Auge nach ihm offen. Aber es kommt mir nicht so vor, als würden sie sich besonders bemühen.
     Denn im Grunde sieht es ja so aus, als hätte er nur seine Sachen gepackt und wäre davonspaziert.»
    «Haben die Polizisten das gesagt?»
    «Nicht genau so. Sie waren einigermaßen behutsam, aber ich konnte ihnen ansehen, was sie denken. Dass ich nur irgendeine
     neurotische Frau bin, die von ihrem Freund verlassen wurde. Aber das kann man ihnen wahrscheinlich nicht verübeln, oder?»
    Ich wich der Frage aus. «Was ist mit seiner Arbeit an der Universität? War er deswegen in letzter Zeit gestresst?»
    «Nicht mehr als sonst. Und nicht so sehr, dass er so etwas tun würde. Außerdem liebt er seine Arbeit. Er würde nie einfach
     aussteigen, ohne etwas zu sagen. Deswegen kann ich es ja auch nicht verstehen. Mir ist klar, wie es aussieht, aber ich |180| kann nicht glauben, dass er einfach so abhaut.» Sie schaute mich an. «Was glauben Sie, Donald? Ehrlich!»
    Jetzt musste ich den Kopf schütteln. «Ich weiß es wirklich nicht, Anna. Ich kenne ihn nicht gut genug, um mir ein Urteil
     zu erlauben.»
    «Ja, aber was glauben Sie?»
    Ich seufzte. «Tja, sagen wir mal so: Ich würde mir um sein Wohlergehen mehr Sorgen machen, wenn seine Sachen und sein Pass
     noch da wären. Aber so wie es aussieht   …» Ich breitete meine Arme aus.
    «Ich weiß. Es sieht so aus, als hätte er mich verlassen.»
    Ich sagte nichts. Eine Weile schwieg Anna. «Aber warum hat er dann nicht alles mitgenommen?», brach es plötzlich aus ihr
     hervor. «Die meisten seiner Sachen sind noch da. Und seine persönlichen Dinge auch. Wenn er mich verlassen wollte, hätte
     er doch alles mitgenommen, oder?»
    «Ich weiß es nicht, Anna.»
    «Und warum hat er sich nicht bei mir gemeldet? Oder bei der Uni?»
    «Vielleicht   …» Ich hielt inne. «Nein, es spielt keine Rolle.»
    «Nein, sagen Sie es. Bitte.»
    «Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, Anna. Ich behaupte nicht, dass es so sein muss. Aber   … na ja, vielleicht hatte er das Gefühl, dass er etwas Zeit zum Nachdenken braucht.»
    «Wie meinen Sie das?»
    Ich wählte meine Worte behutsam. «Also, vielleicht hat er sich nicht gemeldet, weil er Angst vor dem Gespräch hatte. Ich
     möchte Sie nicht durcheinanderbringen, aber es ist doch ein komischer Zufall, dass dies nur wenige Wochen bevor Sie beide
     nach Amerika gehen wollen, passiert.»
    |181| Sie runzelte Stirn. «Sie meinen, er könnte es sich anders überlegt

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