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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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uns alle gemeinsam hinsetzen.»
    «Ich bin fast fertig.»
    «Ja, ich weiß, Schätzchen. Aber was erledigt ist, ist erledigt, oder? Dann können wir jederzeit aufbrechen.»
    Ohne ein weiteres Widerwort erhob sich Anna mechanisch und ging hinaus. Ihre Mutter wartete, bis die Tür zu war, und wandte
     sich dann wieder an mich. «Ich möchte Ihnen für das, was Sie für Anna getan haben, danken. Nach allem, was sie und Debbie
     erzählt haben, sind Sie eine große Hilfe gewesen.»
    |282| «Eigentlich konnte ich nicht viel tun.»
    «Unsinn. Sie haben sie immerhin unterstützt. Und dann die Sache mit dem Detektiv. Ich weiß nicht, warum Anna deswegen nicht
     zu ihrem Vater und mir gekommen ist. Sie ist so ein unabhängiges Mädchen. Aber wenn Sie mir sagen, wie viel es war, schreibe
     ich Ihnen einen Scheck aus. Es gibt keinen Grund, warum Sie dafür zahlen sollten.»
    «Das ist nicht notwendig.»
    «Aber selbstverständlich! Sie haben so schon genug für Anna getan. Jetzt sagen Sie mir, wie viel es war.»
    Man konnte sehr gut verstehen, warum sich Anna nicht an ihre Eltern hatte wenden wollen. Sie hätte ständig darum kämpfen
     müssen, nicht vereinnahmt zu werden. «Nein, es ist alles in Ordnung. Wirklich.»
    «Ich bestehe darauf.»
    «Ich auch. Es war das Mindeste, was ich tun konnte.» Ich lächelte, aber mein Ton war unnachgiebig. Ich wollte mich von dieser
     Frau nicht überrollen lassen.
    «Ach.» Dass man sich ihr widersetzte, schien sie zu verwirren. «Na schön, wenn Sie darauf beharren, kann ich wohl nichts
     machen. Ich danke Ihnen. Das ist sehr nett.» Sie seufzte. Offenbar wollte sie das Thema wechseln. «Das ist ein ziemlicher
     Schlamassel, nicht wahr?»
    «Ja, leider.»
    «Was halten Sie von der ganzen Sache, Mr.   Ramsey?» Sie hatte ihre Stimme gesenkt.
    «Ich weiß es wirklich nicht. Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, was ich davon halten soll.»
    «Aber es ist ziemlich beunruhigend, oder? Ich muss sagen, als Anna damals anrief und sagte, Marty wäre verschwunden, |283| dachte ich, sie regt sich grundlos auf. Oder nein, das klingt gefühllos. Ich meine, für Anna war es bestimmt schlimm,
     aber ich dachte, er hätte sie einfach verlassen. Und um ganz ehrlich zu sein, ich war nicht besonders traurig darüber. Was
     ich ihr natürlich nie sagen würde. Aber ich war sowieso nicht glücklich, dass sie nach Amerika gehen wollte. Es war so
überstürzt
. Kaum lernt man jemanden kennen, zieht man schon mit ihm zusammen. Und plant dann, mit ihm ins Ausland zu gehen. Vielleicht
     bin ich altmodisch, aber für mich war das ein bisschen übereilt. Verstehen Sie, was ich meine?»
    Ich neigte unverbindlich meinen Kopf. Sie nahm es als Zustimmung. «Ich habe gleich gesagt, dass es nicht lange halten wird.
     Natürlich nicht Anna gegenüber, Gott bewahre. Aber mir kam es ein bisschen   … nun ja, ich sage mal realitätsfern vor. Als ich erfuhr, dass er verschwunden ist, dachte ich deshalb: ‹Na schön, es
     ist wahrscheinlich das Beste. Besser jetzt als später.›»
    Ich konnte ihr nur zustimmen. Doch die Loyalität zu Anna hielt mich davon ab, es zu sagen.
    «Aber jetzt, wo das schon so lange geht, ohne dass man etwas hört», fuhr sie fort, «fragt man sich doch, was eigentlich
     mit ihm passiert ist, oder? Er müsste schon sehr grausam sein, um sich überhaupt nicht bei Anna zu melden, und den Eindruck
     hat er nie auf mich gemacht. Andererseits muss ich zugeben, dass ich ihn kaum kannte. Die beiden haben sich ziemlich zurückgezogen.»
     Sie hielt inne. «Was haben Sie von ihm gehalten, Mr.   Ramsey, wenn Sie mir die Frage erlauben? Sie kannten ihn wahrscheinlich besser als ich.»
    Ich antwortete mit Bedacht. «Ich kannte ihn nur über |284| Anna, deshalb kann ich mir eigentlich kein Urteil erlauben. Aber mir kam er auch nie wie ein grausamer Mensch vor.»
    Sie seufzte wieder. Ich meinte, ihr eine leichte Enttäuschung anmerken zu können. «Nein, das habe ich mir gedacht. Aber
     wie gesagt, Sie kannten ihn nur über Anna. Und machen wir uns nichts vor, auch sie kannte ihn erst seit wenigen Monaten.
     Jedenfalls nicht mal ein Jahr. Es klingt vielleicht zynisch, aber meiner Meinung nach reicht das nicht aus, um alles über
     einen Menschen herauszufinden, ganz gleich, wie sehr man glaubt, ihn zu kennen.»
    Ich setzte eine nachdenkliche Miene auf, sagte aber nichts. «Glauben Sie, er hat Anna für jemand anderen verlassen?», fragte
     sie nach einer Weile.
    «Ich weiß es nicht. Ihre Tochter

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