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VT01 - Eine Wunde in der Erde

VT01 - Eine Wunde in der Erde

Titel: VT01 - Eine Wunde in der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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ein wenig Luxus kann ich diese Reise unmöglich überleben.«
    ***
    »Prinzessin Lourdes hat angekündigt, uns einen Besuch abzustatten«, begann Fakalusa. Ihre Stabhand zitterte noch mehr als sonst. »In ihrer Gesellschaft befindet sich Lomboko der Raffzahn. Ihr wisst, was das bedeutet?«
    Ja, sie wussten es.
    Ihr aller Leben in erträglicher Freiheit geriet in Gefahr. Lomboko der Raffzahn galt als heimtückischster und schärfster Steuereintreiber der Masaai-Provinz. Darüber hinaus bezeichnete man ihn als unbestechlich.
    »Was weiß man über Lourdes?«, fragte Omoko, der grimmige Chef der dörflichen Defaanse . »Können wir sie in irgendeiner Form beeindrucken oder ablenken, sodass Lomboko gar nicht erst zum Zug kommt?«
    »Sie ist ein verzogenes und verwöhntes Gör«, sagte Zhulu, der sein Mundgestell mittlerweile abgelegt hatte. »Sie gilt als fett, faul und dumm. Genau wie ihre Zwillingsschwester ist sie vielmehr an Vergnügungen interessiert, als an den Verwaltungsarbeiten, die ihr eigentlich zukämen.«
    »Du kennst sie?«, fragte Nabuu ihn flüsternd.
    »Ich war vor drei Jahren zu ihrem Amtsantritt geladen«, antwortete der Quarting ebenso leise, während ringsum diskutiert wurde. »Man feierte am Boden, während über uns die Himmelsstadt schwebte, von der aus die beiden Schwestern die Provinz Masaai verwalten sollten. Es war ein… einmaliges Erlebnis.«
    Vor drei Jahren. Nabuu und er hatten damals lediglich die Umrisse des Raaven an der Stirnwurzel getragen. So wie Bukulu heute.
    »Wie hoch ist die Summe, die wir dem Kaiser vorenthalten haben?«, fragte der alte Dampfmeister Lokosso mit einer Offenheit, die wohl kein anderer der Anwesenden an den Tag zu legen gewagt hätte.
    »Zu hoch, um sie mit irgendeinem Trick erklären zu können«, antwortete Loofte, die matronenhafte Fenaans-Chefin der Stadt. »Wir haben den Steuerbütteln die Unterlagen über unsere Rücklagen zwar vorenthalten können, mussten aber letztes Jahr mittelgroße Investitionen tätigen, um deren Einverständniserklärung und den Stempel der Prüfung zu erhalten…«
    »Mit anderen Worten: Ihr habt sie bestochen«, fuhr Nabuu dazwischen.
    »Wir haben außerordentliche Rücklagen gebildet und daraus Werbekosten geschöpft«, beharrte Loofte trotzig auf ihrer seltsamen Wortwahl. »Leider sind die Gründe für unsere Vorgangsweise nicht ausreichend erklärbar. Wenn ein Prüfer wie Lomboko sich reinhängt und unsere Finanzgebarung in all ihren Facetten untersucht, findet er binnen weniger Tage, was wir zu verbergen hoffen.«
    »Wir sollten uns auf Lourdes konzentrieren«, beharrte Omoko. »Als Stratege sage ich euch, dass es vernünftig ist, die schwächste Stelle anzugreifen. Und ich denke, wir besitzen die notwendigen Mittel, um sie dort zu schlagen, wo sie verwundbar ist.«
    »Könntest du ein wenig deutlicher werden?«, fragte Zhulu ungeduldig. Immer wieder fuhr er sich über den Wundverband an seiner Wange.
    »Gerne.« Omoko blickte Kinga an. »Dieser Kerl da an deiner Seite hat gut der Hälfte der weiblichen Einwohnerschaft Kilmalies beigeschlafen. Es kann für ihn nur ein geringes Opfer sein, auch die Prinzessin von seinen Qualitäten zu überzeugen.«
    »Ich?« Kinga hätte beinahe seinen Versammlungsstab fallen lassen. »Ich soll eine richtige Prinzessin flachlegen?«
    »Ja.« Omoko lächelte. »Und es wird ein hartes Stück für dich werden. Lourdes gilt als eines der widerlichsten Geschöpfe im Reich de Roziers. Aber jedermann muss einmal Opfer bringen – nicht wahr?«
    ***
    Die Nachricht von Lourdes’ Besuch machte bald die Runde. Frauen und Krieger bereiteten sich auf den hohen Besuch vor. Willkommenslieder wurden einstudiert und verdächtige Anzeichen städtischen Wohlstands unter Schmutzschichten und Rostkrümeln verborgen. Den Kindern wurde beigebracht, möglichst bemitleidenswert dreinzublicken, während sie allesamt in die schlechtesten Kleider schlüpften, die ihnen zur Verfügung standen.
    Gonho indes pfiff ein fröhliches Lied, während er dem Drittwoorm Xhusa mit einer Mischung aus Wasser, Seifenlauge und Salz den Rücken abschrubbte.
    Heute bereitete ihm die Arbeit das erste Mal seit geraumer Zeit Freude. So lange hatte er auf diesen einen Tag hingearbeitet, hatte die Flamme des Hasses klein gehalten und sich in Vorfreude geübt.
    Eine scheinbar unbedachte Bemerkung einem Reisenden gegenüber; ein verfängliches Schriftstück, das den Unterlagen des letzten Steuerbüttels beigelegt worden war. Dazu der Neid der

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