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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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ziehen, die Große Grube in seinem Inneren umrunden.
    Er blickte nach oben. Der Fleck blauen Himmels war kleiner geworden. Die Wände hingegen rückten näher und näher. Für einen Moment war ihm, als würde alles ringsum auf ihn herabstürzen.
    Einbildung!, sagte sich Kinga und zwang sich, ruhig zu atmen. Ich bin es nicht gewohnt, dass die Felswände so nahe und eng um mich herum stehen.
    Er nahm den zweiten Stoffrest, der unzweifelhaft zu Lourdes’ Oberkleid gehörte, von seinem makabren Steckplatz herab. Ein Hauch von betörendem Parfüm war in ihm verblieben.
    Worauf hatte die Prinzessin hinweisen wollen? Mussten sie noch weiter hinabsteigen, oder gab es hier irgendwo eine Höhle? Einen Einstieg in das dunkle Reich der Gruh?
    Kinga versuchte sich an die wenigen Eindrücke zu erinnern, die er von den Gruh während seines Landeanflugs mit dem Witveer gewonnen hatte. Sie waren von schmutzigweißer Hautfarbe gewesen, wie ihm später auch vom einzigen anderen Augenzeugen bestätigt worden war. Als hätte sie noch niemals ein Sonnenstrahl getroffen.
    Sie waren Schattenwesen, die die Dunkelheit suchten.
    Neuerlich stützte er sich in die Seilsicherung und glitt über den großen Buckel hinweg, der ihm die Sicht nach ganz unten versperrte. Kinga achtete nicht auf die erschrockenen Aufschreie, als er aus dem Sichtfeld seiner Begleiter verschwand. Er musste wissen, wie es dort unten aussah.
    Bald wurde das Seil zu kurz. Er nahm die Reserve zur Hand und vertäute sie. Eine Zusatzsicherung an einem herausragenden Erdklumpen musste genügen.
    »Geh nicht weiter!«, rief ihm irgendjemand von oben zu. Kinga machte ein Gesicht aus, dessen Züge gegen den Himmel nicht erkennbar waren. Er winkte dem Mann zu und ließ das Seil weiter zwischen seinen rau gewordenen Händen durchrutschen.
    Das Ende des Buckels war erreicht. Dahinter neigte sich die Wand wieder nach innen, würde den Blick auf das Darunter freigeben. Die Hitzeentwicklung nahm zu. Übler Geruch breitete sich aus, wie der faulige Odem eines schlafenden Riesen.
    Auch das zweite Seil hatte nur noch wenig Reserve. Er entfernte die Sicherung um seinen Leib. Er würde jeden Zentimeter ausnutzen, um einen Blick in die unteren Gefilde der Großen Grube zu erhaschen. Nichts machte ihn mehr verrückt als die Unsicherheit. Dort unten mochten sich krakenarmige Monster tummeln oder eine Armee der Gruh geduldig darauf warten, dass die Eindringlinge endlich den Grund erreichten…
    Kinga spannte seine Muskeln an, schlang die Beine um die letzten Reste seines Seils und schob den Körper über den Abgrund.
    Er schwebte nun frei. Unterhalb des Buckels krängte der Fels nach innen. Hundert oder mehr Meter ging es hinab. Schwer keuchend wagte er einen Blick in die Tiefe.
    Da waren keine Ungeheuer und kein Gruh – aber eine andere Gefahr. Ein Feuerstrom kroch mäandernd durch die Große Grube, riss da und dort Material mit sich und verschwand auf der anderen Seite des Lochs in der Dunkelheit. In der Mitte der Sohle sammelte sich das brennende Material zu einem See. Gasblasen blubberten hoch. Feuerzungen leckten ein gutes Dutzend Meter an den Kraterwänden bergan.
    Kingas Kräfte schwanden. Er musste sich in Sicherheit bringen. Hand über Hand bewegte er sich hoch, über den Buckel hinweg. Von hier aus war es ein Kinderspiel, zurück zu den Kameraden zu gelangen.
    Die beiden Knijges unterstützten ihn bei den letzten paar Metern. Irgendwer reichte ihm einen Becher voll köstlichen Wassers.
    »Und?«, fragte Limpuna. Ungeniert reinigte sie sich indes mit einem Tuch den Oberkörper. Faltige Brustlappen hingen unter ihrem ledernen Wams hervor.
    »Das dort unten ist totes Land«, sagte Kinga. »Ich bin mir sicher, dass wir hier, auf diesem Sims, nach einem Einstieg suchen müssen.«
    »In wenigen Augenblicken willst du das Land unter uns überblickt haben und ein Urteil fällen?« Zander musterte ihn mit unsteten Blicken.
    »Da gehörte nicht viel dazu. Selbst du hättest erkennen können, dass es nicht mehr viel weiter abwärts geht.«
    »Und warum, du Schlaukopf?«
    »Das Feuer hat einen unterirdischen Weg durch die Kratersohle gefunden. Es fließt von Norden nach Süden ab, staut sich aber gleichzeitig unter unseren Hintern. Es frisst Material von den Wänden weg, unterhöhlt und zerstört Teile der Großen Grube. Mag sein, dass der Fluss durch erkaltendes Material abgebremst wird und sich ein Pfropfen bildet, der das Flammenmeer aufstaut. In ein paar Tagen könnte sich ein Glutsee

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