Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
Vom Netzwerk:
führten, mussten zur Sicherung reichen. Danach würden Knijge, Zander und er in möglichst kurzen Abständen folgen. Alles musste rasch gehen.
    Omofuma glitt hinab, nutzte die geringsten Vorsprünge im Fels geschickt aus. Er erwies sich als ein mindestens ebenso guter Kletterer wie er selbst; allerdings zeigte er sich ungeduldig und rutschte immer wieder ab, um im letzten Moment den nächsten Halt zu finden.
    Kinga ließ seine Blicke schweifen. Mit angelegtem Druckgewehr stand er Rücken an Rücken zu Zander. Knijge indes sicherte die beiden Drillingsbrüder am Seil.
    Da – eine Bewegung! Im Hinterraum jenes Ganges, durch den sie hierher vorgedrungen waren.
    Zander drehte sich zur Seite, feuerte blindlings. Das Projektil blieb irgendwo mit einem satten Geräusch stecken.
    Ein wütender Aufschrei erklang. Der Schatten verschwand, verschmolz neuerlich mit dem Fels.
    »Hinterher!«, brüllte Zander und schwang sein Messer.
    »Wir bleiben!« Diesmal hielt Kinga ihn zurück. »Denk an seine Hinterlist. Ich glaube nicht, dass du ihn getroffen hast.«
    Für einen Moment kehrte die alte Wut zurück, dann siegte die Vernunft. Sie blieben stehen, Seite an Seite. Kinga richtete seine Schusswaffe auf den Höhlenzugang, während Zander die Waffe nachlud.
    »Fertig!«, sagte Knijge. »Wir müssen nur noch das Seil hinabrutschen.«
    Neuerlich eine Bewegung. Instinktiv, mit halb geschlossenen Augen, feuerte Kinga.
    Wiederum ein Schrei voll Hass und ein Fauchen, das aus keiner menschlichen Kehle zu stammen schien.
    »Wir lassen uns unter keinen Umständen aus der gegenseitigen Deckung locken«, mahnte der Woormreiter einmal mehr. »Wir rutschen hinab und kappen die Sicherungsseile. Wenn Aksama uns weiterhin erwischen will, muss er hinter uns her. Und in dieser Wand gibt er ein perfektes Ziel ab.«
    Knijge folgte den beiden Drillingsbrüdern. Dann, im Abstand von wenigen Sekunden, Zander und Kinga. Mit Ledertüchern vermieden sie, dass ihre Hände am groben Seilwerk aufgerieben wurden.
    Für einen langen Moment spürte Kinga das schreckliche Gefühl der Hilflosigkeit. Mit all seinen Sinnen war er mit der Wand beschäftigt, achtete darauf, nirgends anzuschlagen und sich zu verletzen.
    Wenn sich Aksama rasch genug bewegte, die Seile mit einem einzigen Hieb durchtrennte, würden sie fallen, sechs oder mehr Meter in die Tiefe…
    Er berührte den Boden, warf sich augenblicklich zur Seite, als erwarte er den Zorn ihres Verfolgers.
    Und sie bekamen ihn zu spüren.
    Kopfgroße Brocken stürzten herab, wuchtig, aber ungezielt geworfen. Begleitet wurde das Bombardement von Flüchen, die möglicherweise die eines Menschen waren. Hall verzerrte die Unflätigkeiten, ließen sie zu einem Crescendo schrillster Töne werden, die selbst das Toben des Wütenden Herrn überstimmten. Dünne, ausgemergelte Arme mit geballten Händen drohten in ihre Richtung.
    Die Gefährten duckten sich so nahe wie möglich an den feuchten Fels. Die Wand hing über ihnen, bot ausreichend Sicherheit.
    Kinga sah sich um. Er blickte in grinsende Gesichter. Ein weiterer Schritt in die Freiheit war getan.
    ***
    »Der stählerne Bottich ist leer geräumt. Das eingelagerte Fett wollte ich nicht zur Gänze auskratzen; es wird uns zusätzlich vor kleinen Lecks schützen.«
    »Alle Vorräte gebunkert.«
    »Ruder und Pinnstangen vorbereitet. Wir können ablegen.«
    Eine geradezu fröhliche Stimmung erfasste die Kameraden. Es ging zurück, nach Hause!
    Der tobende Gnom, dessen Umrisse sie ab und zu ausmachen konnten, zeterte wie ein Verrückter und schleuderte ab und zu kleinere Felsbrocken herab, schien aber nicht zu wissen, wie er mit der neuen Situation umgehen sollte. Bislang hatten ihm Ortskenntnisse und die Enge der Gänge geholfen. Doch nun, da sie sich in einem weiten Raum bewegten, waren seine Vorteile dahin.
    »Ich bin den Wütenden Herrn abgegangen, so weit es der Weg zuließ«, sagte Kinga. »Ungefähr dreihundert Meter voraus verschwindet der Fluss im Dunkeln. Er stürzt in eine weitere Höhle hinab, nicht mehr als ein oder zwei Meter tief. Dahinter scheint es ruhig weiterzugehen. Die lichte Höhe dort ist ausreichend. Der Stahlbottich wird nirgends anstoßen. Haltet ihn nahe an diesem Ufer des Flusses, dann bleibt ihr in ruhigem Wasser.« Er zögerte. »Ich könnte schwören, dass ich hinter dem Katarakt einen Lichtschimmer wahrgenommen habe. Helleres Wasser, von der Sonne beleuchtet und gewärmt. Mag sein, dass ihr bloß eine Fahrt von Sekunden oder Minuten vor euch

Weitere Kostenlose Bücher