Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VT08 - Anti-Serum

VT08 - Anti-Serum

Titel: VT08 - Anti-Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
Vom Netzwerk:
vom Dorfplatz aus – durch die mit Schilf verbundenen Bambusstäbe eines Woormkäfigs, in den Nooga sie kurzerhand hatte verfrachten lassen.
    Er traute ihr nicht mehr.
    Sie selbst traute sich nicht mehr.
    Sie konnte seine Entscheidung verstehen. Er war für das Leben der Frauen und Kinder von Vilam verantwortlich, und eines davon war bereits durch Maries Schuld ausgelöscht worden.
    Wirklich?
    Wenn Marie Noogas Worten glauben durfte, hatten das Mädchen Ne’ne eindeutige Anzeichen einer Infizierung gezeigt. Er hatte ihr alles erzählt, und seine Worte klangen ihr immer noch wie Hammerschläge im Ohr. Ne’ne hatte eine unerwartete Blutgier entwickelt. Mit gebleckten Zähnen hatte sie sich auf die überraschten Männer gestürzt. Zwei Wachen hatten Ne’ne festgehalten, während Nooga sie erlöste.
    Später hatte Marie selbst Gelegenheit gehabt, einen Blick auf die Leiche zu werfen, und sie musste Nooga Recht geben.
    Ne’nes Augen waren eingefallen gewesen, ihre Haut grau wie Asche. Sie war zu einem Gruh geworden – doch wodurch?
    Alles sprach dafür, dass Marie sie während ihres Schwindelanfalls infiziert hatte. Doch warum hatte sie sich dann noch nicht selbst verwandelt? War es möglich, dass die Menschen unterschiedlich auf die Gruhseuche reagierten? Das war bisher noch nicht beobachtet worden. Jeder, der infiziert wurde, hatte sich innerhalb weniger Stunden verwandelt.
    Marie schloss die Augen. Ne’nes weinendes Gesicht hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Sie sah das Mädchen vor sich, wie Mala es aus der Hütte gezerrt hatte – fort von Marie, die mit der einsetzenden Übelkeit kämpfte. Der blutige Striemen auf der Stirn des Mädchens war kaum wahrnehmbar… Marie schluchzte. Sie hatte einfach keine Kontrolle über ihren Körper gehabt. Es war irrtümlich passiert. Ein Unfall…
    Marie spürte, wie eine heiße Träne ihre Wange hinunter rann. Wenn sie wirklich für Ne’nes Tod verantwortlich war, wäre es besser gewesen, Nooga hätte sie auf der Stelle getötet.
    Ein Hieb mit dem Schwert, und alles wäre vorbei gewesen.
    Dann hätte sie jetzt nicht mit den Schuldgefühlen leben müssen.
    Mit welchen Schuldgefühlen? Was hatte sie denn getan?
    Sie wusste es nicht. Sie wusste nur um die Traurigkeit, die mit urtümlicher Gewalt von ihrem Herzen Besitz ergriff. Marie weinte. Weinte um das Mädchen Ne’ne, das seine Eltern nur um wenige Tage überlebt hatte. Weinte um sich selbst, und um all die anderen Opfer, die die Gruh in den letzten Wochen gefordert hatten.
    Es müssen die Götter sein, schoss es ihr durch den Kopf.
    Marie war eigentlich immer ein Kind der Vernunft gewesen.
    Sie glaubte an die Wissenschaft, an die Tekknik. Vielleicht waren die Gene ihres Vaters schuld, dass sie sich nie für Religion und Mystik interessiert hatte. Jetzt aber war sie nahe dran, an eine göttliche Vorsehung zu glauben.
    Die Menschen hatten sich die Natur Untertan gemacht. Sie hatten Viehzucht und Ackerbau entwickelt, sie hatten die Wolkenstädte geschaffen, die ein Wunder der Tekknik waren und die, am Himmel schwebend, die Gesetze der Natur zu verspotten schienen.
    Nun waren die Götter der Menschen überdrüssig geworden.
    Sie hatten die Gruh geschickt, um sie vom Antlitz der Erde zu tilgen.
    Der Gedanke war so schlüssig, so einfach und logisch, dass Marie erneut die Tränen in die Augen schossen. Das Ende, von den Göttern gewollt… Das bedeutete, dass nichts und niemand die Gruh aufhalten konnte, bis sie nicht auch den letzten Menschen mit ihrem tödlichen Gift infiziert hatten…!
    Sie schrak auf, als sie eine Bewegung vernahm.
    Ein Schatten fiel über den Käfig.
    Es war Nooga.
    »Wir sind bereit zum Aufbruch«, verkündete er und umfasste die Bambusstangen des Käfigs mit seinen kräftigen Händen. »Der Käfig ist zu groß. Wir können ihn nicht mitnehmen.«
    »Ich verstehe«, sagte Marie.
    »Ich war dafür, dich hier zurückzulassen – eingeschlossen. Aber die anderen haben Angst, dass du ausbrechen und unserer Spur folgen könntest.«
    »Die Stäbe sind stabil. Nicht mal ein Maelwoorm kann diesen Käfig aufbrechen.«
    »Die Woorms sind abgerichtet. Von ihnen droht keine Gefahr.«
    »Und du glaubst, dass ich gefährlich bin?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Aber ich weiß, dass Ne’ne tot ist. Wir können kein Risiko eingehen.«
    »Ich werde euch nicht folgen.«
    Er senkte den Kopf. »Ich glaube dir, aber die Sicherheit des Dorfes geht vor. Niemand weiß, was du tun wirst, wenn die Verwandlung

Weitere Kostenlose Bücher