VT11 - Flammender Himmel
Er wusste, dass er sich gerade zum kompletten Idioten machte, aber es war ihm egal.
»Na, da ist wohl Mais und Maelwoorm verloren«, antwortete der Bedienstete achselzuckend. »Wie man sattelt und wieder losfliegt, weißt du ja allein, denke ich mal.« Mit diesen Worten ließ er Mambotu und dem Witveer allein.
Na, endlich ist er weg, dachte Mambotu und spähte noch kurz über die brusthohe Wand der Schwanenbox, um zu sehen, ob der Mann von der Bodencrew auch wirklich verschwunden war.
Nichts mehr zu sehen von ihm. Erleichtert wandte sich Mambotu wieder seinem Witveer zu und schnappte sich den Sattel, der direkt daneben an einem Pfosten hing.
Der schneeweiße Vogel drehte überrascht seinen Kopf.
»Nein, mein Guter, keine Nachtruhe diesmal. Wir werden gleich wieder nach Hause fliegen. Na los, die Flügel runter!«
Mambotu befestigte sorgsam den Sattel auf dem Rücken des Tiers und vergaß auch das Zaumzeug nicht.
Dann führte er es aus dem Stall, nicht ohne sich noch ein wenig von dem Wassergras in einen Beutel zu stopfen, der am Pfosten unter dem Sattel gehangen hatte. Etwas Wegzehrung auch für den Vogel konnte nicht schaden.
***
In kwaBulawayo
»Was… hast du mit Nandi gemacht?«, fragte Ngomane zögernd, als die Geisterfrau zu ihm zurückkehrte.
»Böse Geister hatten sie befallen«, antwortete sie ausweichend. »Lass uns nicht mehr davon sprechen. Was wirst du jetzt tun, Ngomane?«
»Die Toten begraben«, sagte er bitter. »Und mich dann in meinen Speer stürzen.«
»Das eine ist gut. Das andere nicht.« Die Geisterfrau sprach bedächtig, mit altersrauer Zitterstimme. Sie legte eine Hand auf Ngomanes Arm, intonierte ihre Sätze wie einen Singsang. Es hatte etwas Hypnotisches. »Komm mit mir nach Ulufudu ikhaya, Ngomane! Ich bereite dir den Trank des Vergessens, und dann reden wir.«
»Du verlangst viel, Mame!«, sagte der Banzulu-Fürst. Er dachte an Nandi, und Issa Maganga schien es zu wissen. Sie lächelte ihn an. »Nicht mehr, als du geben kannst!«
Ngomane hatte keine echte Wahl. Er war überwältigt und zerrissen von Schmerz, wollte sich irgendwo verkriechen, trauern. Doch im Dorf mit all den Toten gab es keinen Platz dafür. Nur im Haus der Geisterfrau. So rief er seine Männer zu sich und folgte der Alten.
Wind strich über den Staub der stillen Straßen. Er wehte schwarze Krähenfedern hoch und ließ sie tanzen, als Ngomane auf die beiden mächtigen, uralten Schirmakazien zuschritt, in deren Doppelkrone sich Ulufudu ikhaya verbarg.
Im grünen Zwielicht unter dem Laubdach herrschte eine seltsame Atmosphäre. Es waren kaum mehr als zehn, zwölf Schritte bis zu den verwachsenen Zwillingsstämmen. Aber wenn man diesen Weg ging, durch die Kräuter und unter leise klimpernden Windspielen her, dann geschah etwas mit der Zeit. Man hatte das Gefühl, sie würde sich dehnen. Bedeutungslos werden.
Ngomane kannte das, und normalerweise löste es Beklemmung in ihm aus. Heute jedoch nahm er die unerklärliche Wirkung des Geisterhauses dankbar an. Unter den Bäumen war etwas, das die Seele berührte, sie heilen ließ.
Wenigstens ein Stück weit. Als der Banzulu-Fürst Issa Magangas schwarze Hühner sah, wie sie quicklebendig am Boden scharrten und Nahrung aufpickten, kochte heißer Zorn in ihm hoch. Er wollte den fetten, dummen Viechern die Köpfe abreißen! Er erstickte fast an diesem Wunsch! Wieso hatten sie überlebt, wenn die Menschen, seine Familie – das ganze Dorf! – sterben mussten?
»Alles hat seinen Grund, Ngomane«, sagte die Geisterfrau und hielt ihm eine hölzerne Trinkschale hin. Er schlug sie ihr unbeherrscht aus der Hand.
»Nenn ihn mir!«, forderte er, keuchend vor hilfloser Wut.
Issa Maganga blieb unbeeindruckt. »Setz dich, Nkosi! Du auch, Dingiswayo. Tenga.« Sie zeigte auf jeden Einzelnen, und die tief verwurzelte Angst der Banzulu vor den dunklen Hexenkünsten zwang die Männer zu gehorchen. Noch einmal stieg Issa Maganga die dreizehn Stufen zu ihrem Haus hinauf, verschwand darin und kehrte mit einer gefüllten Schale zurück.
Erst als der Trank zu wirken begann – als Tengas leerer Blick sich wieder mit Leben füllte, Dingiswayos bittere Tränen versiegten und Ngomane sein dumpfes Brüten aufgab – setzte sich die Geisterfrau zu ihnen auf den Kräuterteppich. Sie kreuzte etwas mühsam ihre mageren, faltigen Beine, scheuchte zwei Hühner beiseite und stellte ein ledernes Beutelchen neben sich ab. Ihre Hand blieb darauf liegen. Wie zufällig.
»Erzählt mir noch einmal
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