VT12 - Die Rückkehr
meine: Da haben wir eine fähige Schamanin in der Stadt, und ich weiß überhaupt nichts davon!«
»Excellenz…«
»Nein, nein, Bambooto! Ihr braucht gar nicht abzuwiegeln, nur weil ich einen Gashahn zugedreht habe. Ich bin der Herrscher über Brest-à-l’Hauteur, und es wäre meine verdammte Pflicht, wenigstens von den Leuten zu wissen, über die ich…«
»Excellenz!«
»Was?«
Bambooto sah zum Fürchten aus mit dem verquollenen Auge und den fehlenden Zähnen. Der Klang seiner Stimme passte dazu, als er antwortete: »Es gibt keine Schamanin in der Stadt!«
***
In der Tiefe
»Neeein!« Nabuu sprang mit einem Schrei auf und stieß das Regal von sich weg. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen und Splittern brach es über Dokk zusammen. Tala hatte die Arme über dem Kopf zusammengeschlagen, in der Hoffnung, nicht verletzt zu werden. Das Bersten der Gläser und Flaschen verklang, doch Tala rührte sich nicht.
Auch als es ganz still wurde, wagte sie nicht sich zu bewegen.
Auf einmal riss etwas an ihrem Arm. »Geh weg!«
War das Nabuu?
»Sag dir, geh weg!«
Tala drehte langsam den Kopf und sah verwirrt zu Nabuu auf, der inmitten der Trümmer stand und sie mit dem rechten Arm fortwinkte. »Nabuu, ich…«
»Weg! Fort! Musst gehen!«
Tala sah sich im Labor um. Es herrschte das totale Chaos. Sowohl Nabuu als auch Dokk hatten weitere Möbelstücke mit unzähligen Gläsern und Fläschchen umgerissen. Fieberhaft hob Tala ein paar der wie durch ein Wunder heil gebliebenen Karaffen auf und versuchte die Etiketten darauf zu entziffern. Vergeblich.
Plötzlich tönte ein Stöhnen unter dem Regal hervor. »Ihr widerlichen… kleinen…«
Nabuu zog sie wieder am Arm. »Musst weg, weg!«
»Ja, ich weiß, was du suchst, du kleine Schlampe! Du suchst das Anti-Serum, was? Aber das ist nicht hier. Du wirst es niemals bekommen, das verspreche ich dir! Gleich sind meine Untertanen hier, und die… die werden… nicht lange fackeln und dir das…« Es klirrte und krachte wieder und Tala erkannte, dass Dokk versuchte, das Regal über sich hochzustemmen.
Sie wartete nicht ab, ob er Erfolg hatte. Sie stürzte aus dem Labor, hin zu dem Raum, in dem sie Dokk zuerst vorgefunden hatten. Nabuu folgte ihr schlurfend. Sie war schneller dort, als sie gedacht hatte, und sah sich hektisch um. In der Ferne war das Gestöhne und Gekreisch Dokks zu hören. Ab und zu klirrte etwas, aber er schien sich nicht unter dem Regal hervor graben zu können. Tala hoffte, dass er noch eine Weile eingeklemmt sein würde.
Dort. Ein gläserner Schrank, auf der Glasplatte in der Tür ein farbiges Schild. Tala konnte nicht erkennen, was es aussagen sollte, aber es sah wichtig aus. Als sie die Tür aufriss, wehte ihr ein eiskalter, aber dennoch stechender Geruch entgegen. Nur ein paar Flaschen standen darin, die mit einer gelblich aussehenden, öligen Flüssigkeit gefüllt waren.
Das Gegenmittel! Es muss das Gegenmittel sein!
Es blieb keine Zeit, sich davon zu überzeugen, dass es sich wirklich um das Anti-Serum handelte. Wie auch? Tala raffte so viele Flaschen, wie sie greifen konnte, und stopfte sie in ihren Rucksack. Dann drehte sie sich um und zog Nabuu, der verständnislos auf der Schwelle stehen geblieben war, mit sich fort.
***
Orleans-à-l’Hauteur
Poch-Poch-Poch.
Mit versteinertem Gesicht knallte ein Uniformierter die Spitze seines Spontons auf den Boden und rief: »Man erhebe sich für den Kaiser!«
Hüsteln und Stühlerücken entstand. Dem folgte eine Sekunde der Stille, dann betrat Jean-François Pilatre de Rozier den Konferenzsaal im Palast der Prinzessin von Orleans-à-l’Hauteur. Seine Tochter Marie, noch geschwächt von der langen Krankheit, schritt an der Seite ihres Vaters, wobei sie darauf achtete, dass der Kaiser stets den Vortritt behielt. So verlangte es das Protokoll, und besonders in schweren Zeiten fiel dieser Konstante im Chaos große Bedeutung zu, vermittelte sie doch ein Gefühl sicheren Haltes.
Hinter dem Kaiser kam Prinz Akfat herein. Der junge Mann war kaum wieder zu erkennen. Er hatte seine alberne, weibische Kleidung abgelegt und trug jetzt die Uniform der Offiziere. Fesch sah er aus.
Prinzessin Antoinette hatte eigentlich vorgehabt, mit Akfat gemeinsam das Portal zu passieren. Ihr Bestreben scheiterte jedoch an der Innenarchitektur des Palastes, die für derart schwerwiegende Intentionen nicht konzipiert war. Antoinette musste sich mit dem zweiten Platz begnügen und watschelte entsprechend übellaunig daher. In
Weitere Kostenlose Bücher