VT12 - Die Rückkehr
regeln.
Der Kaiser lächelte kurz und bestätigte dann Akfats Befehl: »Bringe er uns zum Eingang dieser enfer horrible. Mit den Glasbomben können wir uns die Gruh vom Leibe halten.« Er wog eine der bauchigen Flaschen in seiner Hand, die sein Sohn und Bambooto eigenhändig mit einer brennbaren Flüssigkeit und Stofftüchern präpariert hatten.
Der Pilot beeilte sich, den Worten des Kaisers Folge zu leisten. Die Roziere machte einen Schwenk und sank dann tiefer. Ein zweites Luftschiff, bemannt mit sechs ausgewählten Soldaten aus der Garde des Kaisers und beladen mit Kisten voller Sprengstoff, folgte ihr – mitten hinein in die Wunde der Erde, wie die bäuerliche Bevölkerung die Erdspalte genannt hatte…
***
Orleans-à-l’Hauteur
In den Gemächern von Prinzessin Antoinette
»Mon dieu! Kann sie nicht schneller packen? Ist sie eingeschlafen, oder was?«
»Nein, Eure Excellenz«, piepste ein verschüchtertes Dienstmädchen irgendwo zwischen den gigantischen aufgeklappten Reisekisten, die den Boden des Schlafgemachs bedeckten. Antoinette warf einen gefüllten Krapfen nach ihr. Die Prinzessin lehnte an der Rückwand des rosafarbenen Himmelbetts, eine Schüssel frischer Backwaren im Arm, und kaute sich den Frust von der Seele.
»Das muss man sich mal vorstellen: Da erdreistet sich dieser Wicht de Fouché, meinen Palast als Anlaufstelle für ungewaschene Bratpöbel vorzuschlagen! Hat der sie noch alle? Wenn die nur meine Tapeten streifen – ach, ich darf gar nicht daran denken!« Mit theatralischem Seufzen legte sie einen Handrücken auf ihre Stirn. Die Finger dieser Hand umkrallten ein gezuckertes Sahnehörnchen. Antoinette schielte zu ihm hoch, und der Gram in ihren Augen verschwand.
Schmatzend machte sie den Seelentröster nieder, warf dabei einen Blick in die Runde und wackelte ungeduldig mit den Zehen. Wenn diese nutzlose Magd sich irgendwann mal bequemen sollte, das bisschen Handgepäck in den kleinen Köfferchen zu verstauen, würde die Prinzessin unverzüglich abreisen. Das verstand sich wohl von selbst. Schließlich musste sie ihr Eigentum schützen.
»Wir könnten die Palasttore zunageln«, überlegte sie. »Oder ein paar Küchenabfälle ausstreuen und ein Schild anbringen: Vorsicht! Frei laufende Gruh!«
»Gruh?«, schrie das Dienstmädchen entsetzt.
Antoinette zuckte im ersten Moment zusammen, doch dann besann sie sich und brüllte: »Was spioniert sie Unsere Gedanken aus, dumme Poularde! Packe sie lieber Unsere Sachen! Und zwar ordentlich! Und fülle sie Unsere Tasse nach, Wir vertrocknen ja, Herr des Himmels! Aber das wäre ihr wahrscheinlich nur Recht, Uns leiden zu sehen.«
Die Prinzessin stutzte.
Leiden?
Nachdenklich stellte sie die Kuchenschüssel ab, wischte sich über den Mund. Irgendwo in den Tiefen ihres boshaften Hirns hatte es geklickt. Eine Idee entfaltete sich, wie Blüten im Zeitraffer, und genauso schnell erschien ein Lächeln auf Antoinettes Gesicht.
Leiden, was für ein schönes Wort! Besonders wenn man es in den richtigen Zusammenhang brachte. Zum Beispiel mit Pierre de Fouché!
»He, sie da! Wo rennt sie hin?«, rief Antoinette dem Dienstmädchen nach, das über Kisten und Kästen zur Zimmertür floh.
»In die Küche. Ihre Excellenz wollten mehr heiße Schokolade! Ich… ich sorge auch dafür, dass der Maitre besonders viel Rahm in die Tasse gibt«, stammelte die verängstigte junge Frau. Sie arbeitete normalerweise für Prinzessin Marie und war es nicht gewohnt, schlecht behandelt zu werden.
»Turlututu! Die heiße Schokolade kann sie aus dem Fenster kippen! Hole sie mir lieber Pierre de Fouché herbei! Und zwar ohne Wenn und Aber! Sofort!«
Der Sonderbeauftragte für Militärisches sah aus wie ein Feldherr unmittelbar vor dem Herausbrüllen des Angriffsbefehls gegen seinen verhassten Erzfeind, als er die Gemächer von Prinzessin Antoinette betrat. De Fouché hatte wichtige Aufgaben übernommen und im Augenblick wahrlich keine Zeit, sich das immer gleiche Geplärr der frustrierten Dickmadam anzuhören.
»Eure Excellenz wollte mich sprechen?«, fragte er düster.
»Ja. Kommt herein und schließt die Tür!«
De Fouché wandte sich um, die Hand an der Klinke. Draußen im Flur stand das Dienstmädchen. Es waren ihre verzweifelten Tränen gewesen, die den Sonderbeauftragten von seiner Arbeit losgeeist hatten. De Fouché zwinkerte der Siebzehnjährigen aufmunternd zu. Dann drückte er die Tür zu.
»Was gibt es denn so Wichtiges, dass es nicht bis zum Abschluss der
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