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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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wenn ich sie
traf. Hat hoch und heilig versprochen, eine Therapie zu machen, die sie aber
leider immer wieder abgebrochen hat. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist.
Sie hat nie nach dir gefragt.«
    »Sie
ist schon lange tot«, antwortete Konny. »Und ihr wollt das nicht gewusst
haben?«
    Rainer
Liebermann kratzte sich am Kopf. »Wir haben ihr Schicksal nicht weiter
verfolgt. Das hat uns zu viele Nerven gekostet.«
    »Und
was wisst ihr von meinem Erzeuger?«
    Sein
Vater räusperte sich. »Soweit ich informiert bin, war das wohl eher eine
Zufallsbekanntschaft. Seinen Namen kenne ich nicht. Wirklich nicht. Zumindest
mir gegenüber hat sie ihn nicht preisgegeben. Sie waren jedenfalls nicht
zusammen, hatten keine richtige Beziehung. Wahrscheinlich weiß er gar nicht,
dass er ein Kind gezeugt hat.«
    »Das
ist alles? Bist du dir sicher?«, fragte Konny mit zusammengekniffenen Augen.
    »Der
hat wirklich keine Rolle gespielt«, insistierte sein Vater.
    »Ach
nein?« Konny legte die Zeitung auf den Tisch, auf deren Titelseite das Foto
Michael Schallers prangte. »Dieser Mann hier«, er tippte auf die Zeile unter
dem Foto, »ist mein leiblicher Vater.«
    »Was?
Zeig mal her.« Rainer Liebermann riss seinem Sohn die Zeitung aus den Händen.
»Wie kommst du denn darauf?«
    »Ihr
traut mir wohl gar nichts zu? Aber ich kann durchaus eins und eins
zusammenzählen.«
    »Was
meinst du denn? Ich kann damit nichts anfangen. Ist das nicht der Kindermörder?
Wieso glaubst du, dass ausgerechnet dieser Mann …«
    Konny
fiel ihm ins Wort. »Ich war auf dem Jugendamt und habe einiges Interessante
erfahren.«
    »Aber
die dürfen dir doch gar keine Auskunft ohne unsere Einwilligung geben«, warf
Andrea mit schwacher Stimme ein.
    »Ich
hab’s trotzdem geschafft.« Das klang triumphierend. »Und wie ihr seht, war ich
erfolgreich. – Was ist der Mensch, wenn er nicht weiß, wo seine wahren Wurzeln
sind?« Er hörte selbst, wie zynisch das klang.
    »Ich
werde das recherchieren«, sagte sein Vater mit Nachdruck. »Ich kann mir nicht
vorstellen, dass dein leiblicher Vater ein Mörder sein soll.«

55
     
    Fortwaschen. Alles
wegschrubben. Rein und sauber dastehen.
    Sie war
unter der Dusche. Spürte angenehm das Prasseln des Wassers auf ihrem Körper.
Gedankenfetzen wirbelten in ihrem Kopf. Eine Bilderflut drohte sie
fortzureißen. Den Namen Benjamin hatte sie bis vor ein paar Stunden mit
ausnahmslos schönen Assoziationen verbunden. Nun erhielt alles eine hässliche
Fratze. Das vertraute Gesicht hatte mit einem Mal einen bösen, teuflischen
Blick. Dem Kopf wuchsen Hörner, Teufelshörner. Nein, das durfte nicht sein. Sie
versuchte, sich an den schönen Erinnerungen festzuhalten. Gleichzeitig
hinterfragte sie diese. Etwas war geschehen, von dem sie nicht wusste, ob es
der Wahrheit entsprach, dennoch erhielt ihre Zeit mit Benjamin dadurch eine
vollkommen andere Bedeutung.
    Die
quälenden Gedanken verschwanden im Rauschen des Wassers, lösten sich darin auf.
Sie hörte seine Stimme, schmeichelnd, dicht an ihrem Ohr.
    Als sie
das Wasser abstellte, kamen die bösen Bilder mit Macht wieder. Er hat mich
verzaubert. Er hat meine Gefühle manipuliert. Und ich hab das alles mit mir
machen lassen.
    Wo war
denn mein viel beschworener Instinkt? Wieso gab es keine innere
Warnblinkanlage? Oder hatte sie diese einfach nicht sehen wollen? Hatte sich
wieder einmal bewahrheitet, dass Liebe blind macht? War es tatsächlich so
banal?
    Sie
stieg aus der Dusche und trocknete sich ab. All diese Gedanken wurden
eingehüllt in einem watteähnlichen Gefühl von Dumpfheit und Verlorenheit.
    Die
Zweifel waren gesät und gewachsen. Aber was war, wenn sie ihm Unrecht tat? Sie
wusste nicht mehr, was sie glauben sollte.
    Sie
blickte in den Spiegel. Eine Maske schaute zurück. Eine blasse, verzerrte Maske
mit nassem an den Kopf angeklatschtem Haar mit dunklen Ringen unter den Augen.
Eine schöne Frau sei sie, hatte er gesagt. Lächerlich! Wie hatte sie nur jemals
so etwas glauben können?
    Hatte
er doppeldeutige Signale ausgesandt, die sie vor lauter Verblendung nicht
wahrnahm? Hätte sie früher hinter seine wahre Identität kommen können?
    Sie sah
an ihrem Körper herunter. Dachte an seine feingliedrigen Hände und bekam eine
Gänsehaut. Ekel überfiel sie, als sie daran dachte, dass er vielleicht mit
ebendiesen Händen, mit denen er sie gestreichelt und liebkost hatte, Kindern
Gewalt angetan und sie sogar getötet hatte. Das war einfach unvorstellbar.
    Hatte
er ihr nicht

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