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Vulkans Hammer

Vulkans Hammer

Titel: Vulkans Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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erzählt, daß es uns besser ging in der alten Zeit, vor Eintracht, als es alle zwanzig Jahre Krieg gab.« Er überlegte. »Ich frage mich, woher die Heiler ihren Namen haben. Weißt du es?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Hat es dir dein Vater nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Vielleicht kann ich es dir sagen; ich werde eine Weile ein Ersatzvater für dich sein. Ein ›Heiler‹ ist ein Mensch, der ohne Examen oder medizinische Ausbildung daherkommt und behauptet, er könne dich durch irgendeine sonderbare Methode heilen, wenn die Schulmedizin dich aufgegeben hat. Er ist ein Quacksalber, ein Spinner, entweder ein totaler, absoluter Verrückter oder ein zynischer Schwindler, der auf leichtverdientes Geld aus ist und dem es egal ist, wie er daran kommt. Wie die Krebsheiler – aber du bist zu jung, du kannst dich nicht an sie erinnern.« Er beugte sich vor. »Aber vielleicht hast du von den Strahlungs-Quacksalbern gehört. Kannst du dich erinnern, mal einen gesehen zu haben, der in einem alten Auto vorbeikam, vielleicht mit einem Schild auf dem Dach, und Flaschen mit Medizin verkaufte, die garantiert die schlimmsten Strahlungsverbrennungen heilen sollte?«
    Sie versuchte zurückzudenken.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte sie. »Ich weiß, daß ich im Fernsehen Männer gesehen habe, die Dinge verkauften, die alle Krankheiten der Gesellschaft heilen sollen.«
    »Kein Kind würde so reden wie du«, sagte Dill. »Das hat man dir beigebracht.« Seine Stimme wurde lauter. »Ist es so?«
    »Warum sind Sie so aufgeregt?« sagte sie ehrlich erstaunt. »Ich habe nicht gesagt, daß es ein Eintracht-Verkäufer war.«
    »Aber du hast uns gemeint«, sagte Dill mit immer noch gerötetem Gesicht. »Du hast unsere informellen Diskussionen, unsere Public-Relation-Programme gemeint.«
    »Sie sind so mißtrauisch«, meinte sie. »Sie sehen Dinge, die nicht da sind.« Das war etwas, das ihr Vater gesagt hatte; daran erinnerte sie sich. Er hatte gesagt: Sie sind Paranoide. Sie mißtrauen sogar einander. Jegliche Opposition ist für sie das Werk des Teufels.
    »Die Heiler ziehen ihren Vorteil aus dem Aberglauben der Massen«, erklärte Dill. »Die Massen sind unwissend, verstehst du. Sie glauben die verrücktesten Dinge: Magie, Götter und Wunder, Heilungen, Handauflegen. Dieser zynische Kult arbeitet mit urtümlichen emotionalen Hysterien, die unseren Soziologen alle vertraut sind, manipuliert die Massen wie Schafe, beutet sie aus, um Macht zu gewinnen.«
    »Die Macht habt ihr«, sagte sie. »Die ganze. Mein Vater sagt, ihr habt ein Monopol darauf.«
    »Die Massen haben den Wunsch nach religiöser Gewißheit, nach dem tröstenden Balsam des Glaubens. Du begreifst doch, was ich sage, nicht wahr? Du scheinst sehr aufgeweckt zu sein.«
    Sie nickte schwach.
    »Sie leben nicht nach der Vernunft. Sie können es nicht – sie haben nicht den Mut und die Disziplin. Sie verlangen nach metaphysischen Absolutheiten, die bereits um 1700 ihre Funktion verloren haben. Aber der Krieg holt ihn immer wieder zurück – den ganzen Packen von Schwindel und Lügen.«
    »Glauben Sie das?« fragte sie. »Daß alles Schwindel ist?«
    »Ich weiß, daß ein Mann, der behauptet, im Besitz der Wahrheit zu sein, ein Schwindler ist«, sagte Dill. »Ein Mann, der Schlangenöl verkauft wie ...« Er brach ab. »Ein Mann«, sagte er schließlich, »wie dein Vater. Ein Demagoge, der die Flammen des Hasses schürt und den Mob anpeitscht, bis er tötet.«
    Darauf sagte sie nichts.
    Jason Dill schob ein Blatt vor sie hin. »Lies das. Es handelt
    von einem Mann namens Pitt – kein sehr wichtiger Mann, aber für deinen Vater lohnte es sich, ihn brutal ermorden zu lassen. Hast du schon einmal von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Lies es!« sagte Dill.
    Sie griff nach dem Bericht und las, mit sich langsam bewegenden Lippen.
    »Der Mob, von deinem Vater angeführt«, sagte Dill, »zerrte den Mann aus seinem Wagen und riß ihn in Stücke. Was hältst du davon?«
    Marion schob das Blatt zurück und sagte nichts.
    Dill beugte sich vor und schrie: »Warum? Worauf haben sie es abgesehen? Wollen sie die alte Zeit zurückbringen? Den Krieg, den Haß, die Gewalt zwischen den Völkern? Diese Wahnsinnigen treiben uns zurück in das Chaos und die Dunkelheit der Vergangenheit! Und wer hat etwas davon? Niemand, außer diesen Demagogen – sie gewinnen Macht. Ist es das wert? Ist es das wert, die Hälfte der Menschheit umzubringen, Städte zu zerstören ...«
    »Das stimmt nicht«, unterbrach sie

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