Wach auf, wenn du dich traust
der gerade dabei war, die Schärfe seines Messers an einem Baumstamm auszuprobieren. Dann drückte sie ihre Freundin auf eine der Matten, die rings um das Feuer lagen. Sie saßen jetzt keine zwei Meter von Silvio entfernt.
Das Grillfleisch roch köstlich. Jenny merkte erst jetzt, wie groß ihr Hunger war, und sie stand auf, um Teller und Becher zu organisieren. Als Debbie es ihr gleichtun wollte, drückte sie sie auf den Boden zurück. »Ich mach das schon«, grinste sie und stand auf, »bleib du mal schön hier.«
Auf der anderen Seite des Feuers waren auf einem Klapptisch Geschirr, Wasserkanister und Essen aufgebaut. Jenny griff nach zwei Plastiktellern und häufte Kartoffelsalat aus einem riesigen Eimer darauf. Als sie versuchte, zwei mit Wasser gefüllte Blechnäpfe irgendwo zwischen den Kartoffelsalat zu quetschen und damit zurück zu Debbie zu balancieren, rempelte jemand sie an. Einer der Becher kippte um und ergoss seinen Inhalt über den Kartoffelsalat.
»’tschuldige«, sagte der Rempler. Es war der Junge, den Markus spöttisch »Herr Firnbach« genannt hatte.
»Nicht so schlimm«, erwiderte Jenny und sah auf den überfluteten Teller in ihrer Hand, »aber den Salat kann ich jetzt wohl vergessen.«
»He Alter«, tönte es hinter ihnen, »da ist wohl ein neuer Teller für die Lady fällig.«
Jenny drehte sich um und sah Max, der zu ihnen herüberschaute. »Aber mal plötzlich«, sagte er in Richtung des Blonden.
»Danke, ich kann das selbst, bin schon ein großes Mädchen«, sagte Jenny.
Max kniff die Augen zusammen und musterte sie. »Mädchen. Ja, da hast du recht«, sagte er, »nur bisschen flach für meinen Geschmack.« Er drängte sich an ihr vorbei zum Tisch. Jenny spürte, wie sie rot wurde. Sie starrte auf den verunglückten Teller in ihrer Hand.
»Soll ich dir helfen?«, fragte Herr Firnbach.
»Gib dir keine Mühe«, antwortete Jenny patzig, kippte den Inhalt des Tellers in einen Müllsack und klatschte eine neue Kelle Kartoffelsalat darauf.
»War ja nur ’ne Frage.«
»Und du? Was glotzt du so?«, fuhr Jenny einen Jungen an, der die Szene aus ein paar Metern Entfernung beobachtet hatte.
Der Junge wurde rot und begann, irgendwas zu stottern.
»Das ist Tino, der guckt immer so«, sagte Herr Firnbach, »ich glaube, der kann nicht anders.«
»Was ist hier los?«, meldete sich nun Markus zu Wort, der wie aus dem Nichts neben ihnen aufgetaucht war.
»Nichts«, sagte Jenny, »nur ein Unfall mit Kartoffelsalat.«
Markus sah einen Moment lang nachdenklich auf Jennys Teller.
»Es gibt Regeln fürs Zusammenleben, Herr Firnbach«, sagte er dann. »An die halten sich hier alle, auch du.«
Der Junge antwortete nicht.
»Es war ein Versehen«, widersprach Jenny.
Der Betreuer sah Jenny an und lächelte. »Versehen oder nicht, das muss man erst mal beweisen.«
»Im Zweifel für den Angeklagten, heißt es doch, oder?«, erwiderte Jenny, die sich endlich um ihren knurrenden Magen kümmern wollte.
Markus warf die Arme in die Luft und lachte. »Niemand ist hier angeklagt, Jenny. Wir machen einfach eine Freizeit. Und dabei geht es auch um Gemeinschaft, verstehst du?«
Jenny schluckte. »Ich hab jetzt Hunger«, murmelte sie. »Ist doch nichts passiert.«
»Na gut«, sagte Markus. »Aber ich hab dich im Auge, Herr Firnbach!« Er klopfte Finn auf die Schulter.
Der starrte auf seine Schuhe, während Markus zurück zum Grill stapfte.
»Wie heißt du eigentlich wirklich?«, fragte Jenny.
»Hast du doch gehört«, murmelte der Blonde.
Jenny verdrehte die Augen. Gab es hier eigentlich nur verdruckste Einsilbige oder machohafte Sprücheklopfer?
»Na dann, Herr Firnbach«, sagte sie, jedes Wort betonend. »Ich bin jedenfalls Jenny. Und ich gehe mir jetzt ein paar Würstchen organisieren. Ich hab nämlich Hunger!«
Sie wandte sich um und steuerte den Grill an.
»Finn«, hörte sie hinter sich. Sie drehte sich um.
»Ich heiße Finn«, wiederholte er. Jenny konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
»Finn«, sagte sie, »okay.« Sie lächelte ihn an, doch er hatte sich schon umgedreht.
Als sie endlich mit den gefüllten Tellern zum Platz zurückkam, sah sie zu ihrem Erstaunen, dass Debbie sich tatsächlich schon angeregt mit Silvio unterhielt. Der Abstand zwischen ihnen war bereits auf unter einen Meter geschrumpft. Na, wenigstens das schien ja zu klappen.
Sie setzte sich mit den Tellern neben ihre Freundin und stellte fest, dass ihr Hunger plötzlich nachgelassen hatte.
»Hey Max«, rief
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