Wach auf, wenn du dich traust
heißt hier nichts passiert?« Jenny richtete sich auf. Ihre Knie zitterten, deshalb blieb sie auch sitzen. »Du hättest ertrinken können!«
Sebastian sah sie feindselig an. »Bin ich aber nicht, oder?«
Noch bevor Jenny etwas erwidern konnte, kam Markus angelaufen, den tropfnassen Finn im Schlepptau.
»Und?«, sagte Markus und schob Finn wie einen sündigen Erstklässler vor sich her. »Also?«
»Sorry«, murmelte Finn, »hab’s verbockt.«
Trotz ihrer wackligen Knie stand Jenny jetzt doch auf.
»Warum hat niemand geholfen? Sebastian hat sich in seinem Rucksack verfangen. Er hätte ertrinken können! Und du hast gedacht, da gucken wir einfach mal nur zu?« Sie starrte Markus an.
Er erwiderte ihren Blick mit hocherhobenen Augenbrauen.
»Soweit ich mich erinnern kann, Fräulein…«
»Ich heiße Jenny.«
Markus ignorierte ihren Einwurf.
»Soweit ich mich erinnern kann, habe ich zu Anfang betont, dass alle Schnüre und Bänder von Rucksäcken, Jacken usw. zu lösen sind und dass niemand seinen Fuß in die Schlaufe eines Rucksacks oder Ähnliches stellen soll. Habe ich das gesagt oder nicht?«
»Ja, natürlich, aber das hat doch damit nichts zu tun! Die meisten hier sind schließlich Anfänger!«
Markus lächelte seltsam und sah sich um.
»Ich sehe zwei Boote, die nicht ordnungsgemäß verlassen wurden. In einem saß Herr Firnbach mit Kompagnon, im anderen du. Liege ich da falsch?«
Jenny schnaufte wütend.
»Wenn es die Herren nicht einmal schaffen, die einfachsten Anweisungen zu befolgen, müssen sie die Folgen ihrer Handlungen selbst tragen. Das nennt man Eigenverantwortung, Jenny. Und wir wollen den beiden doch die Möglichkeit geben, davon wenigstens ansatzweise einmal etwas zu erlernen. Wenn sie es in ihrem Leben sonst schon offensichtlich nicht beigebracht bekommen haben. Das ist eine äußerst heilsame Erfahrung. Und«, betonte er laut, »sie haben sich ja aus eigener Kraft aus der Situation befreit. Das macht einen nur stärker, oder nicht?«
Finn und Sebastian sagten nichts.
»Du hättest nicht eingreifen müssen, Jenny. Das war absolut unnötig – und noch dazu riskant: Du hast dich selbst in Gefahr gebracht und auch Deborah.«
»Das sehe ich anders«, beharrte Jenny.
»Das Leben ist kein Zuckerschlecken, meine Liebe«, sagte Markus. »Je eher man das kapiert, desto besser ist man darauf vorbereitet. Ihr seid alt genug, um endlich zu begreifen, dass wir uns nicht in einem Computerspiel befinden. Ein bisschen Wasser in der Nase kann da nichts schaden.«
Markus drehte sich um und fuhr sich durchs Haar. Dann klatschte er in die Hände. »Also, Herrschaften«, rief er, »wir machen hier eine Pause. Etwas früher als geplant, dafür sind wir auch schon recht weit gekommen. Abgesehen von diesem kleinen Aussetzer, gute Arbeit.« Er applaudierte und sah in die Runde.
In Jennys Mund sammelte sich ein metallener Geschmack.
Sie sah sich suchend nach Deborah um. Ihre Freundin hantierte immer noch am Boot herum. Langsam ging Jenny in ihre Richtung.
Deborah sah nicht auf. »Warum hat ihnen niemand geholfen?«, fragte Jenny leise. »Verstehst du das?«
Deborah antwortete nicht.
»Markus hat doch recht«, sagte sie dann. »Schließlich hat Finn nicht aufgepasst. Sonst wäre das alles doch gar nicht erst passiert. Er hat es schließlich ein paar Mal gesagt, dass man mit den Rucksäcken aufpassen muss, oder nicht?«
»Wie ist es denn überhaupt passiert?«, fragte Jenny.
»Wahrscheinlich der Wind«, meinte Debbie und zuckte mit den Achseln. »Die plötzlichen Wellen und die Böen haben uns doch auch fast umgehauen.«
Jenny nickte. »Wir sollten vielleicht zurückfahren«, sagte sie.
»Ach was«, sagte Debbie unerwartet heftig. »Wenn Finn aufgepasst hätte, wäre das doch gar nicht passiert. Er saß immerhin vorn.«
Jenny sah ihre Freundin erstaunt an.
»Jenny«, flehte diese jetzt, »ich will nicht, dass wir Punkte verlieren! Ich will dabei sein, wenn wir das Jugendzentrum bauen. Bitte!«
»Und dafür gehst du über Leichen, oder was?«
»Silvio sagt, dass niemand, der auch nur ein bisschen Grips im Hirn hat, sich so dermaßen in seinen Rucksack einwickelt, dass er daran ertrinken kann. Und das ist er ja auch nicht.«
»Wann hat Silvio denn das kundgetan?«, fragte Jenny.
»Vorhin. Als du ins Wasser gesprungen bist, kam er direkt zu mir gepaddelt.« Debbie lächelte ihre Freundin stolz an. »Er hat mir geholfen, das Boot zu manövrieren. Weil du ja einfach rausgesprungen bist, da bin
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