Wach auf, wenn du dich traust
nicht einmal unglücklich. Sie hatte keine Lust, mit Debbie zu streiten.
Das Kichern von Hendrik und Matthias klang zu ihnen herüber. Die beiden versuchten, einen Fisch mit dem Paddel zu erledigen. Vielleicht taten sie aber auch nur so, weil sie beim Rudern schon schlappmachten. Pauline und Saskia glitten an ihnen vorbei und versuchten, das Boot der Kicherbrüder zu erreichen.
»Jetzt ist er gerade weg«, sagte Hendrik und hob bedauernd die Arme, als die Mädchen zu ihnen aufgeschlossen hatten.
»Haha«, erwiderte Saskia.
Ein Wind kam auf. Die Weiden, die ihre Zweige tief ins Wasser hängen ließen, schwangen in den immer stärker werdenden Böen hin und her. Die Vögel in dem lichten Wald um sie herum hatten nun aufgehört zu zwitschern.
Obwohl Markus die Gruppe durch Zuruf auf die schwierigen Stellen aufmerksam machte, wurde es allmählich knifflig, das Boot auf Kurs zu halten, vor allem als die Böen sie aus unregelmäßigen Richtungen trafen. Jennys Rücken begann zu schmerzen, dabei war es noch nicht einmal Mittag.
Die Bäume am Ufer warfen nur wenig Schatten auf das Wasser, das hell funkelte und sie die Augen zusammenkneifen ließ.
Und plötzlich verdunkelte sich der Himmel. Sie sah nach oben. Eine riesige Gewitterwolke hatte sich vor die Sonne geschoben.
»Wo kommt denn die plötzlich her?« Sie zeigte mit dem Paddel auf das Ungetüm.
Deborah folgte Jennys Blick.
»Hat hoffentlich nichts zu bedeuten«, sagte sie. Und dann, wie um sich selbst gut zuzureden: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Markus uns sonst einfach so weiterfahren lässt.«
Sie umruderten einen quer liegenden Baumstamm.
Es war immer noch warm, doch der auffrischende Wind ließ die vom Schwitzen feuchten Klamotten unangenehm kalt auf der Haut werden.
Erst als weiter vorne ein Tumult losbrach, bemerkte Jenny, dass sie eine ganze Weile nicht gesprochen hatten.
Zuerst konnte sie nicht erkennen, was los war, lediglich das Geschrei zeigte an, dass etwas passiert sein musste.
Sie wurde langsamer und auch Debbie hatte aufgehört zu paddeln.
»Was ’n da los?«, fragte Debbie.
»Keine Ahnung. Ist zu weit weg.«
Sie ließen sich von der Strömung treiben.
»Ich glaube, die haben angehalten«, sagte Deborah plötzlich. Jenny steckte ihr Paddel wieder ins Wasser. »Wir müssen ans Ufer«, sagte sie, »sonst fahren wir voll mitten rein!«
Das war leichter gesagt als getan. Sie stemmten sich mit den Rudern gegen die Strömung und wurden so wenigstens langsamer.
»Da ist einer gekentert«, sagte Jenny. Ein blaues Kanu lag kieloben im Wasser. Von den Insassen war nichts zu sehen.
Langsam trieben Deborah und Jenny näher an Markus’ Kajak heran. Der sah beinahe regungslos zu dem Boot hinüber. Er schien über irgendetwas nachzudenken.
»Wessen Boot ist das?«, fragte Jenny aufgeregt und blickte sich um.
Finn. Finn fehlte und der Dunkelhaarige, dessen Namen sie nicht wusste.
»Sind die noch da drunter?«, rief Jenny, doch Markus schien sie nicht zu hören. Er schaute aufmerksam auf das Boot.
Jenny versuchte verzweifelt, näher an Markus’ Kajak heranzukommen.
»Sind die noch da drin?«, rief sie wieder.
Markus drehte sich zu ihr um und lächelte. »Werden sich schon ein bisschen abstrampeln müssen«, sagte er. »Aber das schaffen die schon.«
Jenny begann zu frösteln. In Markus’ Augen lag ein merkwürdiger Ausdruck, mit dem sie nichts anzufangen wusste.
»Wir müssen ihnen helfen!«, sagte sie, doch Markus, der nahe genug an ihr Kanu gepaddelt war, fasste sie am Arm. Seine Augen blitzten.
»Die müssen da selbst durch«, sagte er, »sonst lernen sie es nicht.«
Jenny erstarrte für einen kurzen Moment. Sie sah zu Deborah, doch die hatte nur Augen für das Boot, in dem Silvio saß. Es war, als blicke sie auf einen Entertainer, der nun ankündigen würde, welcher Programmpunkt als Nächstes folgt und was sie dabei zu tun hatte.
Markus ließ Jenny wieder los. Sie sah sich suchend nach Beate um. Die Betreuerin versuchte gerade, Denise davon abzuhalten auszusteigen. Das Mädchen hatte Tränen in den Augen. Klar, sie kannte den Jungen ja offensichtlich, der bei Finn im Boot gesessen hatte, fiel Jenny ein. Beim Feuer hatten sie nebeneinandergesessen. Sie hatten nicht wie ein Paar ausgesehen. Eher wie –
Wie Bruder und Schwester, fiel ihr ein. Das war es. Der Schweigsame musste Denises Bruder sein!
»Wir müssen ihnen helfen!«, rief Jenny, doch entweder hörte Beate nichts oder sie war zu beschäftigt.
Jenny hielt es
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