Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
einmal etwas Vergleichbares passiert?«
Sam zögerte mit ihrer Antwort. Im Moment stand Greg auf ihrer Seite, aber würde er ihr auch noch glauben, wenn sie ihm die Wahrheit erzählte? Wenn sie ihm sagte, wie brüchig ihr Gefühl für die Realität nach ihrem Erwachen aus dem Koma gewesen war? Sie beschloss, das Risiko einzugehen und ehrlich zu sein.
Nachdem sie mit ihrer Geschichte zu Ende war, musterte Greg sie aufmerksam. »Aber das, was Ihnen jetzt passiert ist, ist etwas anderes, oder?«
Sam, die sah, dass er sie verstand, seufzte vor Erleichterung auf. »Ja«, erklärte sie. »Die Träume, die mich davor gequält haben, hatten immer mit dem Überfall zu tun … Jemand hat mich beobachtet; Eindringlinge waren im Haus; ich wurde verfolgt … ich habe immer im Mittelpunkt des Traums gestanden.« Sie blickte ins Leere. »Aber in diesen neuen Träumen bin ich nur eine Beobachterin.«
Greg setzte sich auf die Couch und griff nach der Skizze. »Glauben Sie, dass an Ihrer Zeichnung von Blanche irgendetwas bedeutsam ist?«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich weiß nicht recht – ich greife da wohl nach einem Strohhalm –, aber vielleicht ist irgendetwas an ihrer Kleidung, dem Ort, wo sie sich befindet, den Blumen …«
Anne streckte die Hand aus. »Geben Sie mal her«, bat sie. Sie ergriff die Skizze und betrachtete sie kurz. »Die Blumen«, sagte sie, auf das Bild tippend. »Sie sehen aus wie die Blüten des Strauchs bei der Treppe.«
»Das weiß ich. Ich habe sie ebenfalls erkannt. Deshalb bin ich ja nach draußen gegangen.«
Anne zog die Augenbrauen hoch. »Aber wissen Sie auch, dass Blanche den Strauch gesät hat?«
»Wer hat Ihnen das gesagt?«, fragte Sam stirnrunzelnd.
»Sie selbst – als Sie so wirr dahergeredet haben. Außerdem haben Sie gesagt, Alice hätte Blanche den Samen gegeben.«
»Alice? Alice von der Beauty Barn?«
»Die war wohl gemeint.« Anne schlug sich auf die Schenkel und stand auf. »Ich würde sagen, wir fahren mal hin und plaudern mit ihr. Was meinen Sie?«
Sam blickte zu ihr auf. »Ehrlich gesagt – ich verstehe nicht, wozu das gut sein soll. Wieso soll es eine Rolle spielen, wer den Strauch gesät hat? Oder woher Blanche, falls sie es war, den Samen hatte?«
Greg beugte sich vor. »Sam, gestern Nacht haben Sie gesagt, Sie wollten gerne beweisen, dass es Blanche ist, die Sie in Ihren Träumen heimsucht. Wenn Alice bestätigen kann, was Sie Anne gesagt haben, ist das ein weiterer Beweis.«
»Ein Beweis, dass ich nicht verrückt bin«, murmelte Sam mit gesenktem Blick.
Anne packte Sam beim Arm und zog sie hoch. »Los, kommen Sie, gehen wir.«
Sam schaute aus dem Fenster, während Anne den Wagen vor dem Schönheitssalon parkte. In den Schaufenstern hin gen Schilder mit Sonderangeboten, und dahinter sah sie eine Friseuse mit einer Kundin beschäftigt. Alices unverkennbare Haarpracht war nicht zu entdecken.
»Ich glaube nicht, dass sie da ist«, erklärte Sam Anne vorsichtig.
»Möchten Sie im Auto warten, während ich reingehe und nachschaue?«
»Ich weiß nicht recht – mir scheint, ich sollte meine Zeit besser dazu nutzen, mit einem Anwalt zu sprechen.«
»Warum widerstrebt es Ihnen so, mit Alice zu reden?«
Sam wusste nicht, was sie antworten sollte. Ein Teil ihrer selbst wollte in Erfahrung bringen, warum sie diese Träume hatte. Aber ein anderer Teil von ihr hatte Angst. Was, wenn die Antworten nur bestätigten, dass mit ihr etwas ernstlich nicht stimmte? Was, wenn ihr Dad recht hatte und sie wirklich eingewiesen werden müsste? Es wäre unerträglich, wenn man sie noch einmal für längere Zeit in einem Krankenhaus einsperrte.
Ohne Sams Antwort abzuwarten, sprang Anne aus dem Wagen, kam aber gleich darauf wieder zurück. »Sie hatten recht«, meinte sie beim Einsteigen. »Alice ist heute nicht in den Salon gekommen – sie ist zu Hause.« Sie ließ den Motor an und bog auf die Straße ein. »Es ist nicht weit. Wir sind gleich da.«
Wie versprochen hielt Anne kurz darauf vor einem kleinen Haus im Ranchstil. Sam wusste sofort, dass sie bei Alice waren – Dekopudel schmückten den Rasen, und neben der Tür standen zwei üppig mit Blüten übersäte Liebesblutsträucher.
Widerstrebend stieg Sam aus und folgte Anne zur Tür. Alice machte auf ihr Klopfen hin gleich auf und bat sie herein, ohne ihre Überraschung zu verhehlen.
»Was kann ich für Sie tun, meine Damen?«, fragte sie, sie in den hinteren Bereich des Hauses führend.
»Äh … tja …«, stammelte Sam,
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