Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
alles wieder auf sie ein. Ihr Vater, seine Drohung mit einem Entmündigungsverfahren, die ver rückten Träume. Blanche – Sam hatte geglaubt, sie müsse nur herausfinden, dass die Frau in ihren Träumen wirklich Blanche gewesen war, um alle Probleme zu lösen, aber das stimmte nicht. Wie Greg richtig bemerkt hatte, stellten sich dadurch nur noch mehr Fragen.
Sie nahm ihre Skizze zur Hand und betrachtete sie. Was ist wirklich mit dir geschehen, Blanche? Bist du weggelaufen? Blanches Lächeln schien sie zu verspotten.
Sie legte die Skizze neben Blanches Foto auf den Couchtisch, faltete ihre Decke zusammen und dachte über ihren Vater nach. Statt sich den Kopf über eine Frau aus der Vergangenheit zu zerbrechen, sollte sie lieber einen Plan schmieden, um mit ihm fertigzuwerden. Sie konnte ihn nicht daran hindern, bei Gericht ein Verfahren anzustrengen, aber sie konnte ihre Verteidigung planen. Sie würde Greg bitten, ihr einen Anwalt zu empfehlen.
Greg – wie er sie geküsst hatte. Er hatte recht – sie hatte Dringlicheres zu bedenken. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. Aber es war sehr schön gewesen.
Ihr Lächeln verschwand, als es plötzlich an der Tür klopfte und die Hunde losbellten. War das der Sheriff, der sie suchte? Erschreckt überlegte Sam, ob sie sich verstecken sollte, aber bevor sie etwas unternehmen konnte, kam Greg ins Wohnzimmer.
Er hob die Hand. »Alles in Ordnung. Es ist Anne«, sagte er und machte die Tür auf.
»Hallo«, meinte Anne lächelnd, doch dann sah sie Sam hinter Greg im Wohnzimmer stehen. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, und ihr Mund formte ein O. Dann fasste sie sich wieder und stürmte an Greg vorbei. »Was ist denn passiert? Was machen Sie hier?«
»Man könnte wohl sagen, dass ich von zu Hause weggelaufen bin«, antwortete Sam gequält.
Anne setzte sich unvermittelt auf einen der Stühle. »Ihr Vater …«
»Nein«, antwortete Sam kopfschüttelnd. »Er weiß nicht, wo ich bin, und so soll es auch bleiben, bis ich Gelegenheit hatte, mit einem Anwalt zu sprechen.«
»Warum sind Sie denn nicht zu mir nach Hause gekommen?«
Sam setzte sich auf den Couchtisch und sah sie an. »Ich habe gehört, was mein Vater zu Ihnen gesagt hat, Anne, und ich möchte nicht, dass er Ihnen noch mehr Ärger macht.«
Anne schnaubte. »Ich habe keine Angst vor Lawrence Moore.«
Sam lachte. »Das glaube ich Ihnen gern, aber ich möchte nicht, dass er Ihnen das Leben schwer macht.«
»Oh, ich glaube, das hat er ohnehin schon vor«, antwortete Anne sarkastisch.
Sam tätschelte Annes Knie. »Das lassen wir nicht zu.«
Annes Blick fiel auf den Stapel von Fotoalben hinter Sam. »Was ist denn das?«
Sam blickte sich um. »Wir haben ein Foto von Blanche gesucht.«
»Und?«
»Und wir haben eins gefunden«, antwortete Greg und trat zum Couchtisch. »Schauen Sie sich das mal an.« Er reichte Anne die Skizze und Blanches Foto.
Anne betrachtete beides einen Augenblick und schüttelte dann den Kopf. »Ich kapiere nicht, wie das möglich ist.«
»Wir auch nicht, aber es beweist, dass Sam wirklich von Blanche geträumt hat.«
»Glauben Sie, dass Blanche die Ursache von Edwards …« Anne schlug die Hand vor den Mund. Sie ließ sie rasch wieder fallen und blickte zu Greg hoch. »Edward hatte einen zweiten Autounfall.«
Sie erzählte Greg und Sam von Fritz’ Anruf und ihrem Besuch im Dunlap’s. »Noch etwas: Esther gibt Ihnen die Schuld, Sam.«
Sam zuckte zusammen. »Warum denn das? Ich habe Edward doch kaum gekannt.«
»Sie sagte, das ganze Gerede über Blanche habe ihn aus der Fassung gebracht.« Sie beugte sich vor. »Hier ist noch etwas, woran ich früher hätte denken sollen – der Song, den Sie auf Fritz’ Party gesungen haben.«
»Der, an den ich mich nicht erinnere?«
»Ja, genau der.« Anne runzelte die Stirn. »Edward hatte das schon einmal erwähnt, aber ich bin darüber hinweggegangen. Esther hat gesagt, genau diesen Song habe Blanche ebenfalls auf Partys gesungen.«
»Das soll wohl ein Scherz sein?«
»Nein.«
Sam sog an ihrer Unterlippe. »Ich erinnere mich, dass Edward etwas über einen Song gesagt hat, aber er hat sich so merkwürdig verhalten, und ich war so durcheinander.« Sie blickte zu Greg auf. »Was meinen Sie?«
»Ich weiß nicht recht«, antwortete er und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Für einen reinen Zufall sind einfach zu viele Dinge geschehen.« Er betrachtete Sam einen Augenblick. »Ist Ihnen, bevor Sie ins Ferienhaus gezogen sind, schon
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