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Wach nicht auf!: Roman (German Edition)

Wach nicht auf!: Roman (German Edition)

Titel: Wach nicht auf!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess McConkey
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konnte, fuhr Edward ruckartig zurück und verdrehte den Kopf zur Gästeschar im Haus. »Entschuldigen Sie, aber ich sehe, dass meine Mutter mir winkt.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt, presste seinen versehrten Arm an sich und ließ sie auf der Veranda stehen.
    Anne ergriff Sam bei der Schulter und wirbelte sie herum. »Fritz und ich haben Ihnen beide gesagt, dass Sie nicht nach Blanche fragen sollen«, zischte sie.
    »Na und?«, fragte Sam trotzig. »Ich bin eben neugierig. Wenn ich mehr über sie in Erfahrung bringe, finde ich vielleicht heraus, wer nachts um meinen Steg herumschleicht.« Sie blickte sich nach Edward um, der jetzt neben seiner Mutter stand. »War er einer von Blanches ›Freunden‹?«
    »Es hat Gerüchte gegeben …« Anne hielt inne und beobachtete Edward. »Aber ich möchte nicht, dass Sie ihn mit Fragen löchern. Edwards Leben ist nicht leicht. Er leidet ständig Schmerzen, da brauchen Sie ihn nicht auch noch zu nerven.«
    Sam formte ihr Haar mit den Händen, und Anne spürte, dass sie ganz unbesorgt war. Was war nur heute Abend mit ihr los? Sie hatte Sam noch nie so erlebt. Erst war da Teddys Plauderei mit Dr. Van Horn gewesen, und jetzt verhielt Sam sich so, als kenne sie keine einzige Sorge auf der Welt. Es war, als wäre Anne in ein Paralleluniversum geraten. Keiner verhielt sich so, wie sie es erwartete.
    »Ach, was soll’s«, gab Sam abwinkend zurück. »Diese Party ist öde. Schauen wir doch mal, ob wir sie nicht aufmischen können.«
    Aufmischen? Was zum Teufel meinte sie denn damit?
    Eine Stunde später verstand Anne, was Sam gemeint hatte. Ins Haus zurückgekehrt, war sie von einer Gruppe zur anderen geflattert, hatte sich selbst vorgestellt, gelächelt, über alte Witze gelacht und sogar ansatzweise mit einigen der Männer geflirtet. Zunächst war Anne ihr gefolgt, doch das hatte sie aufgegeben, als Sam sich einen Wortwechsel mit Irene Brighton geliefert hatte. Jetzt lehnte sie an einer Wand und beobachtete Sam. Für jemanden, der von sich selbst behauptete, ein Problem mit größeren Menschengruppen zu haben, wusste Sam jedenfalls, wie man auf einer Party glänzte.
    »Hat sie getrunken?«, fragte jemand neben Anne.
    Annes Aufmerksamkeit richtete sich auf Greg, der lautlos neben sie getreten war. »Soviel ich weiß – nur Limonade. Bei den ganzen Medikamenten, die sie nimmt, ist schon ein Tropfen Alkohol zu viel.«
    Sie blickte sich nach Sam um, die dem alten Mr. Abernathy gerade eine Hand auf den Arm gelegt hatte, und … Mein Gott, klimperte sie etwa mit den Wimpern? Annes Blick suchte Dr. Van Horn. Hatte er Sams Verhalten be merkt? Ja – so schmallippig, wie er dreinschaute, wohl schon. Sie schob sich von der Wand weg.
    »Das könnte unangenehm werden«, flüsterte sie über die Schulter Greg zu. »Ich schaffe sie hier raus.«
    Anne blickte sich im Raum um und sah Sam inzwischen bei Fritz’ Stutzflügel stehen und dem Gastgeber etwas zu flüstern. Fritz riss die Augen auf, scheinbar vor Überra schung, und schüttelte den Kopf. Sam blieb beharrlich und beugte sich näher zu ihm. Schließlich nickte er langsam, zog die Klavierbank heran, setzte sich und begann zu spielen.
    Mit einem zufriedenen Nicken warf Sam ihr Schulter tuch auf die Bank und stellte sich neben den Flügel. Sie breitete weit die Arme aus, legte die Hand auf den Rand des Flügels und wiegte sich im Takt. Die Stimmen der Gäste verstummten, und alle Aufmerksamkeit richtete sich auf sie. Ihre Augenlider schlossen sich, sie öffnete den Mund und sang los.
    Sie hatte eine volle Altstimme, und Anne erkannte einen Song, den ihre Mutter Mitte der Siebzigerjahre gerne aufgelegt hatte.
    Als Sam zum Refrain kam, hörte Anne Esther Dunlap bestürzt aufkeuchen und sah, dass Edwards Gesicht glühend rot angelaufen war. Plötzlich drehte er sich um und stürmte zur Tür hinaus, dicht gefolgt von seiner Mutter. Anne hörte, wie im Hintergrund von Sams Gesang die Haustür kra chend zufiel.
    Sam schlug die Augen auf und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf Teddy Nr. zwei. Sie schlenderte zu ihm und strich ihm beim Singen der nächsten Zeile mit der Hand über den Arm. Sie beugte sich zu ihm vor.
    Plötzlich brach die Musik ab, da Dr. Van Horn zu den beiden trat. Er ergriff Sam beim Arm und führte sie durch die bestürzte Menge zur Tür hinaus.
    Zu Greg zurückkehrend, legte Anne die Fingerspitzen an die Schläfen und schüttelte den Kopf. »Können Sie mich nach Hause bringen?«, fragte sie und ließ die Hände sinken.

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