Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
auf diese Tür.
    Die Lautlosigkeit, mit der Lord Vetinari neben Mumm erschien, forderte einen Herzanfall heraus.
    »Nun«, begann er, »wenn die Stadt von einem Aufstand der Bürger heimgesucht wird, so verlangt die Tradition, daß man den gegenwärtigen Herrscher ins Verlies wirft, nicht wahr? Gewisse Leute halten so etwas für weitaus befriedigender als eine schlichte Hinrichtung.«
    »Äh, ja, mag sein, aber…«
    »Du siehst dir dieses Ding an und erkennst eine außerordentlich stabile Tür, stimmt’s?«
    »Ja. Ein Blick auf die Riegel genügt, um…«
    »Weißt du, ich bin sehr zufrieden damit«, sagte Lord Vetinari ruhig.
    Mumm starrte auf die Tür, bis seine Brauen schmerzten. Und dann begriff er plötzlich, was er die ganze Zeit über gesehen hatte. Es war wie mit zufälligen Wolkenmustern, die sich in Pferdeköpfe oder Segelschiffe verwandelten, ohne daß überhaupt eine Veränderung erfolgte.
    Erschrockene Bewunderung regte sich in ihm.
    Er überlegte, wie es hinter der Stirn des Patriziers aussehen mochte.
Bestimmt ist dort alles kühl und glänzend,
dachte er.
Ja, Lord Vetinaris Verstand besteht aus blauem Stahl, Eiszapfen und kleinen Zahnrädern, die sich munter drehen, wie in einer Uhr.
Es handelte sich um einen Verstand, der die eigene Entmachtung in Erwägung zog und sie in einen Vorteil verwandelte.
    Die Tür war ganz normal für einen Kerker, aber es kam auf die jeweilige Perspektive an.
    In diesem Kerker konnte sich der Patrizier vor dem Rest der Welt schützen.
    Die Außenseite wies nur das Schloß auf.
    Alle Riegel und Bolzen befanden sich an der Innenseite.

    D ie Angehörigen der Nachtwache kletterten ungelenk und schwerfällig über feuchte Dächer, als die Sonne den Morgendunst fortbrannte. An diesem Tag durfte man nicht mit klarer Luft rechnen: Ölige Rauchschwaden und klebriger Dampf wallten über der Stadt und brachten den traurigen Geruch nasser Asche mit sich.
    »Wo sind wir hier?« fragte Karotte und half seinen bei den Begleitern über einen schmierigen Steg.
    Feldwebel Colon sah sich in dem Wald aus Schornsteinen um.
    »Wir befinden uns jetzt über Jimkin Bärdrückers Whiskybrennerei«, antwortete er. »Äh, auf der direkten Linie zwischen dem Palast und dem Platz der Gebrochenen Monde. Der Drache wird diesen Ort überfliegen.«
    Nobby blickte sehnsüchtig nach unten.
    »Bin einmal hier drin gewesen«, sagte er. »Hab in einer dunklen Nacht die Tür kontrolliert, und sie öffnete sich einfach so.«
    »Sicher hast du ein wenig nachgeholfen«, bemerkte Colon spitz.
    »Nun, ich mußte schließlich feststellen, ob irgendwelche Bösewichter am Werk waren. In den Zimmern und Kammern sieht’s toll aus. Überall Röhren und Schläuche und so. Und der Geruch!«
    »›Jede Flasche hat bis zu sieben Minuten lang gelagert‹«, zitierte Colon. »›Trink einen Tropfen, bevor du gehst.‹ Völlig richtig. Ich habe mal einen Tropfen getrunken und bin den ganzen Tag über gegangen.«
    Er ließ sich auf die Knie sinken und öffnete das seltsame Bündel, das er die ganze Zeit über mit besonderer Vorsicht getragen hatte. Wie sich herausstellte, enthielt es einen uralten Langbogen und einen Köcher mit Pfeilen.
    Voller Ehrfurcht griff Colon nach dem Bogen und betastete ihn mit fleischigen Fingern.
    »Wißt ihr«, sagte er leise, »als junger Mann konnte ich verdammt gut damit umgehen. Der Hauptmann hätte mir neulich einen Versuch gestatten sollen.«
    »Darauf hast du uns bereits mehrfach hingewiesen«, erwiderte Nobby ohne Mitgefühl.
    »Nun, ich habe Preise gewonnen.« Der Feldwebel holte eine neue Sehne hervor, befestigte sie am einen Ende des Bogens, erhob sich, drückte auf das gewölbte Holz, stöhnte ein wenig…
    »Äh, Karotte?« fragte er außer Atem.
    »Ja, Feldwebel?«
    »Kennst du dich mit dem Bespannen aus?«
    Karotte nahm den Bogen, krümmte ihn mühelos und schlang die Sehne um das andere Ende.
    »Das fängt ja gut an, Feldwebel«, sagte der Korporal.
    »Spar dir deinen Sarkasmus, Nobby! Kraft spielt keine Rolle. Es kommt auf scharfe Augen und eine ruhige Hand an. Gib mir einen Pfeil. Nein, nicht den!«
    Nobbys Finger erstarrten an einem Schaft.
    »Das ist mein
Glücks
pfeil!« platzte es aus Colon heraus. »Niemand von euch darf meinen Glückspfeil berühren!«
    »Sieht genauso aus wie die anderen Pfeile, Feldwebel«, brummte Nobby.
    »Ich benutze ihn für den Dingsbums, den Gnadenschuß«, erklärte Colon. »Mein Glückspfeil hat mich noch nie im Stich gelassen. Trifft immer das

Weitere Kostenlose Bücher