Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
schön«, sagte Karotte. »Dann lese ich in meinem Buch. Und putze den Helm.«
    »Guter Junge«, lobte der Hauptmann.
Ich schätze, das ist sicher genug,
dachte er.
Niemand kommt hierher. Man wendet sich nicht einmal an uns, um einen entlaufenen Hund zu melden. Neunundneunzig Komma neun Prozent der Stadt beachten uns nicht.
Bitterkeit regte sich in Mumm.
Nur die Verzweifelten im Endstadium der Hoffnungslosigkeit bitten die Wache um Hilfe.

    D ie Teekuchenstraße war breit und von hohen Bäumen gesäumt. Sie gehörte zu einem ausgesprochen exklusiven Viertel von Ankh, das sich auf einem hohen Hügel erstreckte und deshalb von den recht intensiven Gerüchen des Flusses verschont blieb. Die Bewohner der Teekuchenstraße besaßen altes Geld, das angeblich besser sein sollte als neues Geld – Hauptmann Mumm hatte nie Gelegenheit gefunden, den Unterschied festzustellen. Die Bewohner der Teekuchenstraße ließen sich von eigenen Leibwächtern schützen. Die Bewohner der Teekuchenstraße standen in dem Ruf, so unnahbar und hochmütig zu sein, daß sie nicht einmal mit den Göttern sprachen. Nun, das grenzte an eine Verleumdung. Sie
sprachen
mit den Göttern, vorausgesetzt, es handelte sich um gut erzogene Götter, die aus anständigen Familien stammten.
    Es fiel nicht weiter schwer, Lady Käsedicks Haus zu finden. Das Gebäude erhob sich auf einem breiten Felsvorsprung, vom dem aus man einen prächtigen Blick über die Stadt hatte – falls man Wert darauf legte. Auf den Torpfosten standen steinerne Drachen, und der Garten wirkte ungepflegt. Statuen längst verstorbener Angehöriger der Käsedick-Dynastie ragten aus dem wuchernden Grün. Die meisten von ihnen verfügten über Schwerter und waren bis zum Hals mit Efeu bedeckt.
    Mumm beobachtete sie eine Zeitlang und vermutete, daß es den Eigentümern des Gartens keineswegs an den notwendigen finanziellen Mitteln mangelte, um das Anwesen in Ordnung zu bringen und die Statuen von ihren grünen Mänteln zu befreien. Sie schienen vielmehr der Ansicht zu sein, daß es wichtigere Dinge gab als Vorfahren – eine für Aristokraten höchst ungewöhnliche Einstellung.
    Offenbar waren sie auch der Meinung, daß man durchaus auf Gebäudepflege und dergleichen verzichten konnte. Als der Hauptmann die Türklingel des hübschen alten Hauses betätigte – es stand in einem blühenden Rhododendronwald –, lösten sich mehrere Putzfladen von der Wand.
    Ansonsten geschah nichts, sah man einmal davon ab, daß hinter dem Haus irgendwelche
Dinge
heulten.
    Es begann wieder zu regnen. Nach einer Weile erinnerte sich Hauptmann Mumm an die Würde seines Amtes, ging an dem Gebäude vorbei und wahrte dabei vorsichtshalber einen Abstand von mehreren Metern – falls die Mauern plötzlich nachgaben.
    Kurze Zeit später erreichte er eine massive Holztür in einer massiven Holzwand. Verglichen mit der Baufälligkeit des Hauptgebäudes wirkte beides erstaunlich neu und solide.
    Mumm klopfte an, woraufhin sich das Geheul wiederholte. Diesmal ertönte auch zischendes Fauchen.
    Die Tür öffnete sich, und etwas Monströses starrte an den Hauptmann herab.
    »Ah, guter Mann!« donnerte eine Stimme. »Kennst du dich mit der Paarung aus?«

    I m Wachhaus war es still und warm. Karotte lauschte dem leisen Zischen des Sands im Stundenglas und konzentrierte sich dann wieder darauf, seinen Brustharnisch zu putzen. Die jahrhundertealte Schmutzkruste versuchte vergeblich, seinen Säuberungsbemühungen zu widerstehen. Das Metall glänzte.
    Mit einem schimmernden Brustharnisch wußte man genau, woran man war. Die Stadt erschien Karotte seltsam und rätselhaft: Zwar gab es viele Gesetze, aber die Bürger versuchten ständig, sie zu mißachten. Doch ein schimmernder Brustharnisch war ein Brustharnisch, der schimmerte – daran konnte überhaupt kein Zweifel bestehen.
    Die Tür schwang auf. Karotte blickte über den alten Schreibtisch. Weit und breit niemand zu sehen.
    Erneut rieb er den Lappen energisch übers Metall.
    Ein leises Geräusch erklang, und offenbar stammte es von jemandem, der nicht länger warten wollte. Zwei mit purpurnen Fingernägeln ausgestattete Hände schoben sich um den Rand des Schreibtischs, und langsam kam der Kopf des Bibliothekars zum Vorschein. Es sah nach einer Kokosnuß aus, die in Zeitraffer wuchs.
    »Ugh.«
    Karotte starrte verblüfft. Man hatte ihm sorgfältig erklärt, daß im Falle des Bibliothekars der äußere Eindruck täuschte und Gesetze in bezug auf die Tierwelt bei ihm nicht zur

Weitere Kostenlose Bücher