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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Etwas entzog sich der erschrockenen Aufmerksamkeit. Ein Kratzen auf dem Dach unterbrach Bruder Wachturms besorgte Überlegungen. Einige Mörtelbrocken fielen von der Decke.
    »Brüder?« fragte Bruder Wachturm noch einmal. Diesmal klang es wirklich nervös.
    Daraufhin ertönten nur noch stille Geräusche und ein gedehntes Summen des Schweigens, das auf tiefe Konzentration hindeutete. Hinzu kam vielleicht das Zischen heuschobergroßer Lungen, die sich gerade mit Luft füllten. Die letzten Ratten von Bruder Wachturms Zuversicht flohen vom sinkenden Schiff des Mutes.
    »Bruder Pförtner, wenn du bitte die gräßliche Tür öffnen würdest…«, brachte er mit zittriger Stimme hervor.
    Dann glänzte Licht.
    Es gab keinen Schmerz. Dafür reichte die Zeit nicht.
    Der Tod raubt einem viele Dinge – besonders dann, wenn er mit einer Temperatur kommt, die Eisen verdampfen läßt –, und dazu gehören auch die Illusionen. Die unsterblichen Überreste Bruder Wachturms beobachteten, wie der Drache durch den Nebel davonglitt, blickten dann auf die langsam erstarrende Pfütze aus Stein, Metall und verschiedenen Spurenelementen, die vom geheimen Hauptquartier übriggeblieben war. Und von den Versammelten, begriff er mit jener leidenschaftslosen Gleichgültigkeit, die Teil des Todes ist. Man lebte mehr oder weniger froh und munter, nur um schließlich als schmieriger Streifen zu enden, wie Sahne in einer Kaffeetasse. Ganz gleich, mit welchen Spielen sich die Götter ihre Zeit vertrieben: Die Spielregeln waren verdammt rätselhaft.
    Bruder Wachturm musterte die in einen Kapuzenmantel gehüllte Gestalt an seiner Seite.
    »So etwas haben wir nie beabsichtigt«, sagte er kleinlaut. »Ganz ehrlich. Es lag uns fern, irgend jemanden zu beleidigen. Wir wollten nur, was uns zusteht.«
    Eine knöcherne Hand berührte ihn freundlich an der Schulter.
    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH, sagte Tod.

    A bgesehen vom Obersten Größten Meister gab es nur einen Überlebenden der Aufgeklärten Brüder: Bruder Finger. Man hatte ihn beauftragt, Pizzas zu holen. Wenn es darum ging, etwas zu essen zu besorgen, fiel die Wahl immer auf Bruder Finger. Es war billiger. Er hielt sich nie damit auf, zu bezahlen.
    Als die Käsedickkutsche zu Errol aufschloß, taumelte Bruder Finger mit einigen Pappschachteln über die Straße und starrte aus großen, entsetzt blickenden Augen.
    Dort, wo sich eigentlich das schreckliche Portal befinden sollte, zeigte sich nur eine heiße Masse aus diversen brodelnden Substanzen.
    »Ach du lieber Himmel!« murmelte Lady Käsedick.
    Mumm stieg aus und klopfte Bruder Finger auf die Schulter.
    »Entschuldige bitte«, sagte er, »hast du zufällig gesehen, was hier…«
    Als sich Bruder Finger umdrehte, war sein Gesicht so bleich wie das eines Mannes, der gerade einen Blick in die Hölle geworfen hat. Der Mund öffnete und schloß sich mehrmals, brachte jedoch keinen Laut hervor.
    »Wenn du so freundlich wärst, mich zur Wache in der Pseudopolis-Allee zu begleiten…«, fügte Mumm hinzu. »Ich habe Grund zu der Annahme, daß du…« Er zögerte. Eigentlich wußte er nicht genau, welche Gründe er für welche Annahmen hatte. Aber eins stand fest: Dieser Mann war ganz offensichtlich schuldig. Man brauchte ihn nur anzusehen. Nun, vielleicht traf ihn keine
besondere
Schuld, aber sicher eine
allgemeine.
    »Mmmmmuh«, machte Bruder Finger.
    Colon hob behutsam den Deckel der obersten Pappschachtel.
    »Was hältst du davon, Feldwebel?« fragte Mumm und trat zurück.
    »Äh«, erwiderte Colon und nickte anerkennend. »Sieht nach einer klatschianischen Pizza aus, Sir. Mit Paprika und Anschovis, Sir.«
    »Ich meine den Mann«, seufzte Mumm.
    »Nnnn«, machte Bruder Finger.
    Colon warf einen Blick unter die Kapuze. »Oh, ich kenne ihn, Sir«, sagte er. »Bengy ›Flinkfuß‹ Boggis, Sir. Er ist
Capo de monty
in der Diebesgilde, Sir. Bin ihm oft begegnet, Sir. Ein schlauer kleiner Bursche. Hat an der Universität gearbeitet.«
    »Was, als Zauberer?« fragte Mumm.
    »Nein, Sir. Als Gärtner und Zimmermann und so, Sir.«
    »Ach,
tatsächlich?«
    »Können wir dem armen Mann nicht irgendwie helfen?« warf Lady Käsedick ein.
    Nobby salutierte zackig. »Wenn du möchtest, gebe ich ihm einen ordentlich Tritt in den Bommel, Milady.«
    »Dddrrr«, kommentierte Bruder Finger und erbebte am ganzen Leib. Unterdessen lächelte Lady Käsedick das eisenharte Lächeln einer adligen Frau, die nicht zeigen will, daß sie genau verstanden hat, was ihr eben zu Ohren

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