Wachen! Wachen!
gekommen war.
»Ihr beiden, setzt ihn in die Kutsche!« befahl Mumm. »Wenn du nichts dagegen hast, Lady Käsedick…«
»Sybil«, berichtigte Ihre Ladyschaft. Mumm errötete und fuhr fort: »Ich halte es für eine gute Idee, ihn in Gewahrsam zu nehmen. Die Anklage lautet: Diebstahl eines Buches mit dem Titel
Das Beschwören von Drachen.«
»Da hast du vollkommen recht, Sir«, brummte Feldwebel Colon. »Außerdem werden die Pizzas kalt. Und du weißt ja, wie klebrig der Käse wird, wenn die Dinger kalt sind.«
»Und niemand tritt ihn«, warnte Mumm. »Nicht einmal dort, wo keine Spuren zurückbleiben. Karotte, du begleitest mich.«
»DDddrrraa«, ächzte Bruder Finger.
»Nimm Errol mit«, fügte Mumm hinzu. »Hier schnappt er noch über. Mutiger kleiner Kerl, das muß man ihm lassen.«
»Er ist wirklich nicht übel, wenn man genauer darüber nachdenkt«, sagte Colon.
Errol hüpfte vor dem zerstören Gebäude umher und jaulte.
»Seht ihn euch nur an.« Mumm winkte. »Kann’s gar nicht abwarten, daß es losgeht.« Irgend etwas schien seinen Blick zu packen und auf die dunklen Wolken zu richten.
Das Biest ist irgendwo dort oben,
dachte er.
»Was unternehmen wir jetzt, Sir?« erkundigte sich Karotte, als die Kutsche davonklapperte.
»Du bist doch nicht etwa nervös, oder?« erwiderte Mumm.
»Nein, Sir.«
Der ruhige, gelassene Tonfall erinnerte Mumm an etwas und verhalf ihm zu einer Erkenntnis.
»Nein«, entgegnete er, »bei dir kann von Nervosität keine Rede sein, oder? Vermutlich liegt’s daran, daß du bei Zwergen aufgewachsen bist. Du hast keine Phantasie.«
»Ich gebe mir Mühe, Sir«, sagte Karotte fest.
»Schickst du deinen Sold noch immer nach Hause?«
»Ja, Sir.«
»Guter Junge. Deine Mutter ist bestimmt stolz auf dich.«
»Ja, Sir. Was unternehmen wir jetzt, Hauptmann Mumm?« wiederholte Karotte.
Mumm sah sich um und ging einige ziellose, verzweifelte Meter weit. Er breitete die Arme aus, ließ sie wieder sinken.
»Woher soll ich das wissen?« antwortete er. »Vielleicht wäre es angebracht, die Leute zu warnen. Ich schlage vor, wir begeben uns zum Palast des Patriziers. Und dann…«
Schritte näherten sich durch den Nebel. Mumm verharrte jäh, preßte den Zeigefinger an die Lippen und winkte Karotte in den Schutz eines Zugangs.
In den Dunstschwaden zeichnete sich eine Gestalt ab.
Noch so ein Bursche,
dachte Mumm.
Nun, es gibt kein Gesetz, das lange schwarze Umhänge mit breiten Kapuzen verbietet.
Es
könnte Dutzende von völlig harmlosen Gründen dafür geben, warum diese Person einen langen schwarzen
Umhang mit breiter Kapuze trägt und während der Morgendämmerung vor einem niedergeschmolzenen Haus steht.
Vielleicht sollte ich den Kerl auffordern, mir wenigstens einen zu nennen.
Er trat vor.
»Entschuldige bitte…«, begann er.
Die Kapuze schwang herum. Es zischte, als die Gestalt nach Luft schnappte.
»Vielleicht wärst du so nett, mir…
Ihm nach, Obergefreiter!«
Der Unbekannte stürmte los und erwies sich als recht flink. Er sauste um eine Straßenecke, und als Mumm die betreffende Stelle erreichte, sah er, wie Umhang und Kapuze durch eine Seitengasse verschwanden.
Der Hauptmann stellte plötzlich fest, daß er allein war. Schnaufend blieb er stehen, drehte den Kopf und beobachtete, wie Karotte in einem gemütlichen Dauerlauf um die Ecke kam.
»Was ist denn los?« keuchte er.
»Feldwebel Colon hat mir geraten, nicht zu schnell zu laufen«, erklärte Karotte.
Mumm musterte ihn verwirrt. Dann begriff er allmählich.
»Oh«, sagte er, »ich, äh, verstehe. Nun, bestimmt meinte er das nicht als Regel, die in
jedem
Fall gilt, Junge.« Er starrte wieder in die dunkle Gräue. »Bei diesem Nebel und in solchen Gassen hätten wir ohnehin keine Chance, den Kerl zu erwischen.«
»Vielleicht ist er nur ein unbeteiligter Zuschauer, Sir«, ließ sich Karotte vernehmen.
»Was, hier in Ankh-Morpork?«
»Ja, Sir.«
»Dann hätten wir ihn erst recht schnappen sollen – weil er Seltenheitswert hat.«
Mumm klopfte Karotte auf den Rücken. »Komm! Wir gehen jetzt zum Palast des Patriziers.«
»Zum Palast des Königs«, korrigierte Karotte.
»Wie?« Mumms Gedanken sprangen aus den mentalen Gleisen.
»Es ist jetzt der Palast des Königs«, sagte Karotte. Mumm musterte ihn und blinzelte mehrmals.
Dann lachte er grimmig.
»Ja, das stimmt«, räumte er ein. »Dort wohnt unser König, der Drachentöter. Ein verdienstvoller Mann, jener Mann.« Er seufzte. »Nun, diese Sache wird
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