Wachgeküßt
schiebt
Serena den Vorhang wieder zur Seite und blickt auf den bezaubernden Guy, der an der Motorhaube seines Flitzers lehnt, die langen Beine über Kreuz, sich eine Marlboro anzündet und darauf wartet, daß ihn jemand hereinläßt.
»Willst du etwa behaupten, daß du so was nicht bumsen willst? Daß du nicht die Neigung oder was auch immer verspürst, ihm die Kleider vom Leib zu reißen und nachzusehen, ob der Körper darunter hält, was die Ausbeulungen versprechen?«
»Äh, nein, eigentlich nicht.«
Verwirrt und ungläubig schüttelt Serena den Kopf.
»Du fängst wohl besser damit an zu sparen, Alex. Wenn du wirklich so heikel bist, dann geht die Pasta ganz sicher zu deinen Lasten.«
Ich bin ein wenig beruhigter, als Guy hereinkommt.
Ich hatte ganz vergessen, wie umwerfend er aussieht.
Wahrscheinlich würde es auch nichts ausmachen, wenn er den Mund aufmachen und anfangen würde, wie Weed aus Bill und Ben mit hoher Piepsstimme zu quatschen. Man ist einfach so sehr damit beschäftigt, in seine schönen grünen Augen zu blicken, daß man den Rest gar nicht wahrnimmt. Selbst Serena, die noch nie auf den Mund gefallen war, wenn es darum ging, diesen zu benutzen, verschlägt es bei näherem Hinsehen die Sprache.
Emma stellt sie einander vor.
Serena ergreift die ihr entgegengestreckte Hand, als wäre diese etwas sehr Zerbrechliches und extrem Wertvolles.
»Mmmh«, erwidert sie auf sein höfliches Hallo. Die Augen treten ihr aus den Höhlen wie bei einer rossigen Stute, die gerade den Zuchthengst des Tages getroffen hat.
Guy scheint etwas geistesgegenwärtiger zu sein.
Er schreitet auf seinen langen Beinen zu mir herüber und begrüßt mich viel eher wie eine alte Freundin denn wie jemanden, den er erst einmal gesehen hat.
»Alison! Wie schön, dich zu sehen! Weißt du, Mann, ich kann
dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf morgen freue, Mann, eh! Echter Spaß, das, was?«
»Äh, schön. Aber ich heiße Alex, okay?«
»Ja, Alex. Cool. Sorry, eh. Aber jetzt, wo du’s sagst, siehst du auch gar nicht wie eine Alison aus.« Er strahlt mich an.
Wie eine Alison wohl aussieht? Offensichtlich nicht wie ich. Ich beschließe, daß Guy trotz mangelnder Hirnmasse echt nett ist. Seine schlichte Glückseligkeit wirkt ansteckend. Er erinnert mich an einen Pedigree-Labrador, der sein Leben mit Schlafen, Bumsen und Angeben verbringt: grinsend, schwanzwedelnd und einfach süß. Das Leben vergeht wie im Flug, und dann stirbt man mitten bei der Arbeit, ein liebenswertes Hundelächeln im Gesicht, mit hängender Zunge und hängendem Schwanz. Meine Zuneigung steigert sich noch, als er mir eine Tasche von Harrods mit vier Flaschen Champagner überreicht.
»Wofür sind die denn?« frage ich, als ich hineinlinse. »Du erweist mir einen echten Gefallen. Da sollte ich dir Geschenke überreichen, nicht umgekehrt.«
»Na ja, ich hab gedacht, da uns die Junggesellenpartys entgangen sind, könnten wir das nachholen, hm? Was meinst du? ’ne gute Idee, oder? Uns ein bißchen Mut antrinken für morgen, hm... Uns auf den großen Auftritt vorbereiten. Fun, eh?« Er fährt mit einer Hand durch sein bereits zerzaustes, dunkles Haar und grinst mich an.
Das ist der längste Satz, den ich je von Guy gehört habe. Fast applaudiere ich, aber dann mache ich doch lieber eine Flasche von dem vorgekühlten Schampus auf.
Drei Flaschen später. Viel geprobt haben wir noch nicht.
Die Glotze flimmert in einer Ecke des Zimmers, der Ton läuft mit. Guy und Serena tanzen in Socken und Wange an Wange durch den Raum und nehmen abwechselnd einen Schluck aus der dritten Flasche.
Emma und ich fläzen uns Seite an Seite auf dem Sofa, wo wir
den letzten Rest Frascati trinken und darüber diskutieren, ob wir die letzte Flasche Champagner aufmachen sollen.
Guy summt Serena ziemlich schief in ihr kleines, rechtes Ohr, und sie fällt in das improvisierte Duett ein, wobei sie im Rausch die Augen verdreht.
Emma blättert durch die Ausgabe von Partnerglück oder 20 Jahre Sex mit derselben Person, die ich für das M&M-Pärchen als Hochzeitsgeschenk gekauft habe.
»>Die Würze des Lebens liegt in der Abwechslung«<, liest sie vor und imitiert dabei auf miserable Art Miss Jean Brodie, so daß es sich eher palcistanisch als schottisch anhört. >>>Wenn Sie wollen, daß Ihr Ehemann jeden Abend zu der gleichen Frau zurückkommt, dann lassen Sie ihn jeden Abend zu einer anderen Frau kommen. Setzen Sie seine Phantasien um. Begrüßen Sie ihn einmal als Schulmädchen
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