Wachgeküßt
hatte und er auf eindeutig belastende Weise zwischen ihnen lag, scheint ihm offensichtlich entfallen zu sein.
Zu ihrer Entschuldigung und zu meiner Genugtuung fühlt sie sich verdammt unwohl in ihrer Haut. Max dagegen hat einen verdammt zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Aber das hat er ja eigentlich immer. Besitzergreifend legt er einen Arm um ihre Schultern und lächelt meine Schwester liebenswürdig an. Nach außen erscheint sie souverän und gelassen, aber ihre Nasenflügel beben verdächtig.
»Wir stellen gerade unsere Hochzeitsliste zusammen«, verkündet er selbstgefällig. »Du kommst doch zu unserer Hochzeit, oder?« Er grinst mich an. »Hast du die Einladung erhalten?«
Gott, wie er es genießt. Max, der König der Melodramatik. Er hat solche Szenen schon immer geliebt, vor allem, wenn er dabei die Hauptrolle spielen durfte.
»Natürlich«, versichere ich, wild entschlossen, ihn nicht einen Moment lang auf die Idee kommen zu lassen, es könnte mich ärgern, daß er heiratet. »Mein wichtigster Termin im Kalender für dieses Jahr. Würde ich um nichts auf der Welt verpassen wollen.«
»Weißt du, ich bin schon etwas erstaunt darüber, daß du es geschafft hast, alles so schnell zu organisieren«, bemerkt Erica spitz.
Max ignoriert das und lächelt meine Schwester lediglich auf beängstigend glückselige Weise an. »Da kommt mir eine wunderbare Idee! Warum kommst du nicht auch auf die Hochzeit? Alex wird jemanden als Begleitung brauchen.«
»Äh, also, eigentlich habe ich schon einen Begleiter...« erwidere ich und hoffe verzweifelt, daß Guy nicht abspringt.
»Oh, wie schön.« Er lächelt herablassend. »Also, wir müssen weiter. Wie du ja selbst gesagt hast, man hat so viel zu organisieren und so wenig Zeit, sich um alles zu kümmern. Ciao!«
»Stellen die verdammte Hochzeitsliste zusammen!« schnaubt Erica, sobald sie außer Hörweite sind. »Eingebildeter Lackaffe!«
»Ich frage mich, ob sie zwei ineinander geschlungene Ms auf ihrem Kristall haben«, sinniere ich.
»Ich glaube, du hast es mit der Begeisterung über die Einladung etwas übertrieben.«
»Ich will nicht, daß er denkt, ich wäre sauer deswegen – eingebildeter Lackaffe!«
»Möchten die Damen etwas für die Hochzeit von Montcrief /Hurst erwerben?« Eine Verkäuferin, die ganz verzaubert in der Nähe gelauert hat, geht zum Angriff über.
»Aber sicher doch«, erwidere ich.
Überrascht sieht Erica mich an.
»Doch, das will ich.«
Das Kristall, das Porzellanservice und die schöne Leinenwäsche außer acht lassend rausche ich hinüber in die Buchabteilung und beschwichtige mich selbst, indem ich einen Do-it-yourself
Führer für die Reparatur von Fernsehern kaufe und ein Handbuch, das den Titel trägt: Partnerglück oder 20 Jahre Sex mit derselben Person.
Eine neue Nacht. Ein neuer Nachtclub.
Ich habe meine übliche Position eingenommen und mich in eine dunkle Ecke zurückgezogen. Vor mir reihen sich meine leeren Gläser auf, um mich herum habe ich meine männerabschreckende, hochaktive Sperrzone errichtet.
An unseren olympischen Spielen nehme ich nur noch als Zuschauerin teil. Ich komme mir wie eine dieser alten Omis vor, die nur zur Unterhaltung strickend am Spielfeldrand sitzen und zusehen. Meine Freundinnen schöpfen derweil in der Menschenmenge auf der Tanzfläche aus dem vollen. Während ich mich hastig zurückgezogen habe, scheinen Serena und Emma noch an Geschwindigkeit zuzulegen. Bei einer Restlaufzeit von zwei Wochen ist es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das über die Gesamtsiegerin entscheidet.
Ich weiß, daß ich verloren habe. Es sei denn, ich ziehe los und reiße gleich ein ganzes Rugby-Team auf. Ansonsten habe ich die Rechnung bei Luigi zu tragen. Aber ehrlich gesagt ist mir das völlig egal. Ich mache mir Sorgen um Emma. Ihre Striche reichen fast bis an die lange Reihe weißer Markierungen von Serena heran.
Ich mache mir Sorgen um Erica, die heute abend von unserem Lüstling ins River Cafe eingeladen wurde. Er, ich bitte um Entschuldigung für das Wortspiel, läßt bei seinen Bemühungen, sie zu umwerben, wirklich die Sau raus.
Ich mache mir Sorgen wegen dieser verdammten Hochzeit. Ich will nicht hingehen, aber ich muß. Das kotzt mich wirklich an. Ich bin gezwungen, etwas zu machen, was ich nicht machen will, aus Angst davor, was andere Leute von mir denken könnten. Ich wünschte, ich hätte den Mut zu sagen: Ihr könnt mich alle mal!
und zu machen, was ich will: zu Hause bleiben und so tun, als würde
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